Karakum
Autor: Arif Nezih Savi
Illustrator: Laimės Kūdikis
Verlag: Brain Games
für 2-4 Spieler*innen
ab 8 Jahren
Dauer: ca. 15 Minuten
Karakum ist ein schlichtes und schnörkelloses offenes Kartenzapfen-Spiel („open drafting“ für unsere internationalen Leser*innen). Man zieht sich über mehrere Runden seine Handkarten (Handelswaren) zusammen, gibt diese dann für Karten (Kamele) auf dem Markt aus, um am Ende möglichst viele Punkte gemacht zu haben. Garniert wird das ganze mit zwei kleinen Kniffen, welche die Kosten der Karten und auch die Attraktivität für die Spieler*in beeinflussen können.
Das anfänglich Reizvolle an dem Spiel ist seine Einfachheit und der klare Ablauf. Warenkarten auf die Hand nehmen oder Kamelkarten kaufen und vor sich auslegen. Irgendwann ist der Kamelstapel leer und dann ist das Spiel vorbei. Die kurze Spieldauer ist dabei weniger ein doppelbödiges Lob an das Design, sondern eine notwendige Eigenschaft. Denn erst mit wiederholten Partien und dem langsamen Aufbau eines Metaspiels, also dem Antizipieren der Verhaltensweisen der Mitspieler*innen, gewinnt Karakum an Fahrt und auch an etwas Tiefe.
Denn dann wird klar, dass die Geschwindigkeit mit der man den Kamelmarkt leer kauft das wichtigste Druckmittel ist, um andere zu manipulieren. Es zeichnet sich auch ab, dass man Kamele anderen wegschnappen muss – ohne direkt von ihnen zu profitieren – um der Konkurrenz wichtige Punkte zu verwehren. In der Szene ist dieses Vorgehen als Hass-Zapfen (neudeutsch: hate drafting) bekannt.
Karakum erfindet weder das Rad, noch nicht mal ein Rädchen, oder auch nur die Klorolle neu. Aber es ist von den Mechanismen und auch der Spieldauer her enorm einsteigerfreundlich. Manchmal ist es genau so ein Spiel, welches man im richtigen Moment aus der Hosentasche ziehen will.
Deductio
Autor: Nick Federico
Illustrator: Karina Volbeta
Verlag: Brain Games
für 2-4 Spieler*innen
ab 8 Jahren
Dauer: ca. 20 Minuten
Deductio ist ein gleichermaßen kurz erklärtes Kartenspiel, das ganz ohne Brimborium auskommt. Es ist sogar derart auf seine logische Knobelarbeit reduziert, dass besonders abgebrühten Vielspieler*innen der Vorwurf über die Lippen huschen könnte, Deductio sei eher Aktivität als Spiel. Dieses Argument ist natürlich auch in diesem Fall so zutreffend wie es geistreich ist.
In Deductio geht darum eine zufällig bestimmte Zahl zwischen 1 und 20 zu erraten. Statt sich irgendwie geartete Hinweise auszudenken, wählt man aus einer wechselnden Auslage von drei Karten eine aus, welche auf die eigene, geheime Zahl zutrifft. Dabei will man den Mitspieler*innen natürlich möglichst viel Informationen verweigern. „Weder 4, noch 14“ ist dabei ein attraktiverer Tipp als „Zwischen 1 und 6“. Während das Spiel voranschreitet, muss man jedoch immer wieder zutreffende Aussagen wählen und so immer mehr Möglichkeiten ausschließen. Ein gutes Erinnerungsvermögen zahlt sich dabei aus, aber gerade mit jüngeren Spieler*innen sollte man auch Notizen am Tisch erlauben.
Denn der eigentliche Nervenkitzel des Spiels äußert sich nicht darin, welche Karte man wählt, um möglichst nichts zu verraten. Es ist vielmehr die Entscheidung, ob man wartet bis man genau bestimmen kann, welche Karte jemand anders versteckt… oder ob man es riskiert, und vorher rät und so einem anderen den sicher geglaubten Punkt wegschnappt.
Es ist dieser kleine Moment der Mutprobe, der aus Deductio mehr macht als ein Sudoku mit Karten. Ein paar geheime Informationen hier und eine entlarvende Frage dort, und schon läuft die Logikmatrix im Kopf auf Hochtouren. Weder Illustrationen noch Regeln stehen der puren Deduktionsleistung im Weg. Aber gerade das mag die Gemüter spalten.
Mission Complete
Autor: Enrico Gandolfo
Illustrator: Laimės Kūdikis
Verlag: Brain Games
für 2-5 Spieler*innen
ab 10 Jahren
Dauer: ca. 30 Minuten
Das erste was an Mission Complete auffällt, ist das beeindruckend schwer zu durchdringende Regelheft. Hat man dieses erst mal verdaut, fällt auf wie umständlich Mission Complete zu erklären ist. Denn die übliche, lineare Erklärung stößt bei diesem Spiel an ihre Grenzen. Einfach nur den Spielablauf durch zu gehen, zwingt Spieler*innen viele unterschiedliche aber gleich klingende Variablen im Kopf zu halten. Eigentlich bräuchte Mission Complete ein beigelegtes Flussdiagramm, welches zeigt welche Zielsetzungen zu welchem Zeitpunkt für die Spieler*innen relevant sind.
Das einfachste zuerst: Mission Complete ist ein kooperatives Kartenspiel und in jeder Runde spielt man eine Karte aus der eigenen Hand aus. Einschränkungen gibt es hier keine. Aber je nachdem in welcher Phase des Spiels man sich gerade befindet, will man Unterschiedliches damit bezwecken. Das wiederum verändert welche Karte man spielen will.
Es gibt in Mission Complete drei Phasen, welche man immer wieder durchläuft bis der Kartenstapel aufgebraucht ist. Das geschieht oft schneller als man denkt. In den ersten beiden Phasen wird ein Auftrag ermittelt, den man gemeinsam lösen muss und es wird bestimmt wer diese Aufgabe zu lösen hat. (Dabei brechen einige der Aufträge mit genau dieser Regel, wodurch Spieler*innen sich noch mehr Ausnahmen und Variablen merken müssen.)
In der dritten Phase versucht man den ermittelten Auftrag zu lösen, und hier greift dann auch der typische Kniff eines kooperativen Kartenspiels zu: die Kommunikation zwischen den Spieler*innen ist eingeschränkt.
Alle dafür notwendigen Informationen: Auftrag (als Text), Ausführender (als Farbe) und Kommunikationseinschränkung (als Symbole) werden dabei durch ein und denselben Kartensatz abgehandelt. Das ist aus produktionstechnischer Sicht beeindruckend, aber stellt auch Herausforderungen an die Spielanleitung welche leider nur bedingt gemeistert wurden.
Es hat in unserer erfahrenen Spielergruppe einige Anläufe benötigt, bis wir alle verstanden hatten welche Farbe zu welchem Zeitpunkt gespielt werden muss. Oder auch welche Information auf einer Karte in welcher Phase wichtig ist. Man könnte sagen, dass diese Verständnisprobleme bereits das eigentliche Spielkonzept anreißen. Denn selbst wenn man den Spielablauf verinnerlicht hat, sind die eigentlichen Aufgaben, die man zusammen lösen muss, oft schwer zu erklären, wenn man nicht sprechen oder gestikulieren darf.
Leider ist genau diese Frage der Kommunikationseinschränkung nicht so sauber gelöst, wie man es sich wünscht. Nicht weil klare Angaben in den Regeln fehlen, sondern weil diese klaren Angaben durchaus Situationen zulassen in denen die Lösung einer Aufgabe absolut trivial erscheint. Wer frei sprechen darf, kann auch alle Informationen preisgeben.
Nachdem wir uns etwas unsicher durch die Regeln gearbeitet hatten, waren wir beinahe verwirrt, ob wir das Spiel an manchen Stellen ausgehebelt hatten, enormes Glück beim Kartenziehen hatten oder einfach unfassbar begabte, grenz-geniale Spieler-Asse waren. (Letzteres schlossen wir nach kurzer interner Beratung kategorisch aus.) Die Herausforderung das Spiel zu verstehen war merklich größer als die Herausforderung es halbwegs erfolgreich zu spielen.
Mission Complete haftet der Eindruck eines ungeschliffenen Diamanten an. Es schlummert etwas in diesem Spiel und den Aufgaben, die sich in diesem System ausspielen lassen könnten. Die Verständnishürde ist dabei enorm. Wenn man sie aber genommen hat, ist nicht ganz klar, ob man mit einem Edelstein oder eine Glasperle belohnt wird.
#Spiel23
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