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Karak

Verlag: Kosmos
Autor: Petr Mikša und Roman Hladík
Spieleranzahl: 2-5
Alter: ab 7 Jahren
Spieldauer: 45 Minuten

Der Dungeoncrawl ist eines der langlebigsten Spielegenres, das man sich überhaupt vorstellen kann. Er ist in praktisch jeder Inkarnation von Spielen zu Hause. Angefangen beim digitalen Textadventure über das wortlastige Tischrollenspiel bis hin zum haptisch oft beeindruckenden Brettspiel. Es gibt keine Domäne in die der Dungeoncrawl nicht in der einen oder anderen Form Fuß gefasst hat. Ein Grund dafür ist sicherlich seine hohe Wandlungsfähigkeit. Er überzeugt durch hektische, Münzen verschlingende Panik in Gauntlet. Oder zehrt mit bis in die Morgenstunden andauernden Partien in Eye of the Beholder am eigenen Durchhaltevermögen. Mal beeindruckt er mit Bombast und unüberschaubarer Vielfalt in Gloomhaven oder geriert sich mit schwarz-humoriger Brillanz wie ein Coen-Film im besten Brettspiel aller Zeiten.

Nun soll der Dungeoncrawl mit Karak auch die Spielfreude der jüngeren Generation entfachen, statt als historische Fußnote zu enden. So wie der Gong-schlagende MB-Junge damals Hero Quest angekündigt hat und tiefe Wunden der Nostalgie in den Eltern von heute hinterließ. Ein Grund für die hohe Wandlungsfähigkeit des Dungeoncrawlers ist der Tatsache geschuldet, dass es viele Elemente und Versatzstücke gibt, die man aufgreifen kann, um zum Genre zu zählen. Der Dungeoncrawler ist in seinen Grenzen wohlwollender als es das Zivilisationsspiel, der Deckbuilder oder auch das 18XX-Genre ist.

Sauberer Dungeon für saubere Helden

Ringen die Figuren für gewöhnlich um das nackte Überleben, wenn sie sich Gefahren stellen; so entschärft Karak das. Verliert man den letzten Kraftpunkt, wird man lediglich auf das Startfeld zurückgesetzt und muss eine Runde aussetzen. Gerade für Kinder ein Schicksal, das nur unwesentlich weniger zermürbend ist und unter allen Umständen vermieden werden sollte. Ebenfalls übernommen wurde die stetige Kräftesteigerung, die Figuren nach gewonnen Kämpfen erleben. Besiegte Monster hinterlassen Beute, welche die eigene Figur mächtiger zuschlagen lassen. Die Verbindung zwischen Monsterart und Beutetyp ist dabei festgelegt. Überraschungen bleiben ab der zweiten Partie damit aus.

Neu gewappnet wandert man durch die Gänge auf der Suche nach der nächsten Rauferei. Dieses Umherwandern imitiert zumindest formal das Erkunden und Erforschen eines Dungeons. Allerdings zieht und legt man lediglich Raumplättchen, die sich kaum von einander unterscheiden. Der Nervenkitzel, was sich hinter der nächsten Ecke verbirgt, weicht auch hier schnell einer gewissen Monotonie: Figur bewegen, Plättchen anlegen, streunendes Monster bekämpfen.

Aufgebrochen wird dieser statische Spielablauf durch die Sonderfertigkeiten der eigenen Figur. So kann der Magier durch Wände gehen; die Diebin kann Kämpfen aus dem Weg gehen; der Schwertkämpfer darf Würfel neu werfen, wenn sie eine 1 zeigen usw.

Auf diese Details springt man gerne an und gerade Kinder schmücken die Spielsituationen mit enthusiastischen Beschreibungen und neuen Ideen bald aus. Karak benötigt diesen Kreativüberschuss bei der Spielgruppe. Anfangs übersieht man so die Längen, die durch wiederholt gescheiterte Würfelwürfe und stagnierenden Spielfortschritt entstehen.

Angeschlagen, aber gut vorbereitet

Damit koppelt Karak leider seinen Spielreiz daran wie einfallsreich und erzählfreudig die Spielgruppe ist. Aber wiederkehrende Situationen, die aus den immer gleichen Gründen den selben Ausgang nehmen, lassen sich nur begrenzt oft aufregend und interessant erzählen. Wer nicht zu gedankenlos spielt, läuft vermutlich nie Gefahr eine Runde aussetzen zu müssen, bevor es wieder gestärkt durch die Hallen geht. Aber wenn man am Ende des eigenen Zuges kein Stück weiter ist als zu Beginn, dann ist der Unterschied zum Aussetzen rein kosmetisch.

Es braucht keine jahrzehntelange Spielerfahrung, um zu erkennen, dass hier auf Sand gebaut wurde. Die erste Begeisterung verfliegt schnell. Es macht sich bald ein Gefühl der zähflüssigen Beliebigkeit breit, welches dazu führt, dass die Abstände zwischen den einzelnen Karak-Partien immer länger werden. Bis das Spiel dann einfach im Schrank bleibt.

Vielleicht sind die Tage des Dungeoncrawlers doch gezählt und die nächste Spielgeneration kann mit Kerkern & Drachen nichts mehr anfangen. Allerdings wurde ich nach der letzten Partie Karak vermehrt nach 5-Minute Dungeon gefragt. Man muss die Hoffnung also noch nicht ganz aufgeben. Der Dungeoncrawler ist halt hartnäckig und einfach nicht tot zu kriegen.

Georgios Panagiotidis
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