Verlag: Act In Games
Autor: Vincent Bidault
Spielerzahl: 2-8
Alter: ab 16 Jahren
Dauer: 30 Minuten
Feelinks Revelations ist ein Partyspiel. Ein Spielgenre, das oft als etwas dümmlich oder plump abgetan wird. Dabei kann ein gut gemachtes Partyspiel etwas tun, wozu viele andere Brettspiele nur selten in der Lage sind: Menschen dazu bringen sich miteinander wohl zu fühlen.
Die Grundidee des Spiels ist recht einfach. Man bekommt eine hypothetische Situation präsentiert und muss mit einem Gefühl darauf antworten. Zu diesem Zweck liegen drei positive und drei negative Emotionskarten auf dem Tisch aus, aus denen man zu wählen hat. Eine Runde endet mit einer Ratephase in der man Punkte für‘s richtige Raten erhält, und keine Punkte verliert, wenn man falsch liegt.
Wie bei vielen Partyspielen sind die Regeln recht einfach, damit sie schon bald in den Hintergrund treten können. Das liegt daran, dass das Spielen sich auf das soziale Miteinander auswirken soll, statt lediglich eine facettenreiche Regelstruktur zu liefern, in die man sich einarbeiten will. Das ist ein subtiler, aber auch grundlegender Unterschied zu anderen Brettspielarten. Das typische Eurogame neigt zum Beispiel dazu, nur indirekt darauf zu achten wie Regeln und Spielziele sich auf die Gruppendynamik am Tisch auswirken. Es soll ja sogar Menschen geben, die glauben, dass ein Spiel überhaupt keinen Einfluß auf unsere soziale Interaktion haben sollte. Denn der magische Zirkel handelt angeblich genau von dieser Trennung zwischen dem Spiel und den Menschen, die es spielen. Ein Standpunkt, der fast so viel Substanz hat wie die Behauptung, dass Spiele apolitisch sind und sein müssen.
Der Zweck eines Partyspiels besteht darin das soziale Miteinander aufzulockern, und sozusagen als Eisbrecher zu dienen. Deshalb ist es auch nicht unbedingt ein Designfehler, wenn die Gruppe auf die Punktewertung am Ende pfeift. Es kann auch sein, dass das Spiel seinen Zweck einfach bereits erfüllt hat. Darum ist der interessanteste Teil von Feelinks Revelations nicht das Regelwerk. Denn das ist es nicht, was Spieler hier reizt.
Allerdings bringt das Punktesystem eine interessante, wenn auch ungewöhnliche Entscheidung für den aktiven Spieler mit sich. In jeder Runde werden, nachdem alle Spieler ihre Antwort gewählt haben, zwei der sechs ausliegenden Emotionen zufällig bestimmt. Anschließend muss jeder raten, wie viele Spieler eine der beiden Emotionen als Antwort gewählt haben. Wer die Antwort eines Mitspielers exakt vorhersagen kann, erhält sogar Bonuspunkte. Als erfahrener Spieler ist man natürlich geübt darin, das Spiel nach Möglichkeiten zu durchleuchten, um seine Punktezahl zu maximieren. In diesem Fall ist der profitabelste Zug eine Situation zu wählen, die eine einfache oder vorhersehbare Antwort zur Folge hat. Aber das sind nicht die Dinge, die das Spiel interessant oder unterhaltsam machen. Damit steht der Spieler vor der Wahl etwas zu tun was Spaß macht, oder was die meisten Punkte bringt.
In einem kompetitiven Spiel würde man das als Designschwäche sehen. Unser Ringen um den Sieg sollte der Grund dafür sein, dass wir Spaß haben. Um zu gewinnen sollten wir aller Art Hürden zu überwältigen haben, und gerade das sollte uns unterhalten. In einem kooperativen Spiel sollte die Herausforderung uns zur Zusammenarbeit bewegen. Wenn sie das nicht tut, ist etwas schief gelaufen.
Nun ist Feelinks Revelations kein kompetitives Spiel, aber auch kein richtig kooperatives. Die Aufgabe des Spiels besteht darin, möglichst genau vorherzusagen welche Tendenz die gesammelten Reaktionen der Gruppe haben. Das hat nicht wirklich viel mit Zusammenarbeit zu tun. Stattdessen sind unsere Vermutungen ein formeller Weg, um herauszufinden, inwieweit wir bestimmte Werte und Überzeugungen teilen. Dadurch dass wir diese zur Schau stellen oder zumindest jene verstehen, die es tun, kann sich eine Art Gruppenidentität und ein Gefühl der Zugehörigkeit einstellen.
Feelinks Revelations ist vor allem ein soziales Spiel. Die Antworten anderer Spieler richtig zu erraten, erfüllt eine wichtige Funktion als Teil der Gruppenformung, aber das ist es nicht was Spieler emotional beschäftigt. Wenn jemand eine unerwartete Antwort gibt oder sich zu einer Erklärung verpflichtet fühlt, zieht uns das Spiel in seinen Bann. Das ist es was uns fasziniert und für lautes Gelächter am Tisch sorgt.
Es wird niemanden überraschen, dass in einem Spiel in dem man mit Emotionen auf vorgestellte Situationen antwortet, diese Situationen oft sehr provokant sind. Viele davon beschäftigen sich in irgendeiner Weise mit Sexualität. Einige handeln davon wie man mit problematischen Ansichten umgeht, wenn diese vom Partner, Familienmitglied oder einer Autoritätsperson geäußert werden. Aber während andere Kartenspiele „für Erwachsene“ auf das Überschreiten von Geschmacksgrenzen setzen, geht es bei Feelinks Revelations eher darum die Grenzen der eigenen Gruppe auszuloten und möglicherweise zu etablieren. Das Ziel ist es diese gemeinsam zu erkennen und so Vertrauen zu einander aufzubauen.
In einer gut gespielten Runde führt das dazu, dass man sich sicherer fühlt und offener miteinander umgeht. Es ist eine kluge Entscheidung gewesen sehr ungewöhnliche Situationen zu wählen, um ein Spiel zu schaffen, das Menschen näher bringen soll.
Allerdings überträgt es dafür auch viel Verantwortung auf den Spieler, der die Situation wählt, die der Gruppe präsentiert wird. Das ist der wohl schwierigste Part, den man bei Feelinks Revelations handhaben muss. Als aktiver Spieler bestimmt man welchen sozialen Druck man auf die anderen Spieler ausüben will. Viele der Situationen auf den Karten zwingen Spieler dazu durch ihre Antworten etwas von sich preis zu geben. Die richtige Situation zu wählen, hat manchmal weniger damit zu tun wie man Punkte macht oder was man spannend findet. Manchmal geht es nur darum einzuschätzen, ob die Spieler am Tisch in der Lage sind vor anderen Leuten mit dem Thema umzugehen.
Das kann eine sehr spannende Erfahrung sein, denn sie erlaubt es uns andere Menschen wirklich kennenzulernen. Aber es kann auch Nerven kosten, denn die Stimmung kann kippen, wenn man hier die falsche Wahl trifft. Ein Thema wie Untreue kann in manchen Gruppen Gemüter stark erhitzen und in anderen eher interessierte Diskussionen nach sich ziehen.
Feelinks Revelations ist ein Partyspiel, das sich an Erwachsene richtet. Aber nicht weil der Inhalt so stumpfsinnig und geschmacklos ist, sondern weil es verlangt die eigenen Gefühle zu erfassen und sie anderen mitzuteilen. Es ist durchaus bemerkenswert, dass es dabei so oft gelingt für Gelächter zu sorgen. Feelinks Revelations ist aber allein deshalb etwas Besonderes, weil ein großer Teil des Spiels darin besteht sich bewusst zu sein, dass die eigenen Spielentscheidungen sich auf die Gefühle anderer Menschen auswirken können. Das ist ein Wesensmerkmal von Spielen und es ist wert es nicht aus den Augen zu verlieren. Denn so kann es gelingen aus dem magischen Zirkel einen Ort zu machen an dem man sicher gemeinsam spielen kann.
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