Autor: Cole Wehrle
Illustrator: Kyle Ferrin
Verlag: Leder Games
für 2-4 Spieler*innen
ab 14 Jahren
Dauer: 60-120 Minuten
Es ist zwar keine feste Regel, aber ich glaube mittlerweile, dass lange Texte mit einem Vorgriff aufs Ende anfangen sollten. Darum: Arcs ist ein gutes Spiel, welches unter einem schlechten vergraben ist. Es ist nicht auszuschließen, dass dieser Einstieg dich schon derart erbost oder genervt hat, dass du den restlichen Text nur in einem verächtlichen, eingebildeten Tonfall lesen wirst. Aber das ist nun mal das Schicksal geschriebener Online-Texte. Mit der ersten Aussage, der man zustimmt oder widerspricht, ist der Tonfall für den Rest gesetzt. Mal schauen ob der Rest dieses etwas längeren Texte den Ersteindruck neutralisieren kann, mit dem dich diese Einleitung ausgestattet hat.
Arcs ist ein ziemlich konfrontatives Spiel. Es greift auf viele Designeinflüsse zurück, um ein Spielerlebnis zu schaffen, welches Spieler*innen nur sehr widerwillig Handlungsfähigkeit zugesteht. Die Regeln von Arcs sind sehr abstrakt und speziell. Es gibt Sonderfälle und Ausnahmen an Punkten an denen man sie vielleicht nicht erwarten würde. Arcs fühlt sich manchmal wie ein stark dekonstruiertes Design an. Die Stichspiel-Elemente funktionieren nicht so ganz wie es Stichspiele tun. Die „Area Control“-Teile des Spiels folgen nicht so ganz der Taktung und den Strategien anderer „Area Control“-Spiele. Sogar die Art wie man Punkte macht, verknüpft das Setzen von Anreizen für Spieler*innen mit der gezielten Verschiebung der Spielsituation auf dem Tisch. Einfach gesagt: Arcs kann ein ziemliches Brett sein.
Das ist der Grund weshalb man von den Konsequenzen einzelner Entscheidungen schnell eingeschüchtert ist. Ein falscher Zug oder eine vergessene Regel kann einen schnell aus dem Rennen werfen. So unschön es ist, wenn man aus einem Spiel eliminiert wird, ist es noch schlimmer, wenn man sich wie ein Zuschauer fühlt während alle anderen tief im Spiel versinken. Darum ist es nur zu verständlich, wenn man auf eine risikoarme Spielweise zurückfällt. Man plant nur mit sicheren Aktionen. Man vermeidet alles wodurch man sich zum Ziel der Anderen macht. Man bewegt sich nur dann aus seinem sicheren Hafen, wenn es absolut notwendig ist.
Leider ist Arcs aber nicht für ein derart risikofernes Spiel gemacht. Alles im Design ist darauf angelegt, dass Spieler*innen sich an die Gurgel gehen. Man raubt sich gegenseitig Ressourcen. Man entfernt die Marker anderer vom Spielbrett oder der Kartenauslage, man zankt um die Initiative, usw. Theoretisch führt das zu einem spannungsgeladenen Spiel. Wir werden mit jeder Entscheidung in zwei unterschiedliche Richtungen gezerrt. Gehen wir auf Nummer Sicher und hoffen später zu punkten? Oder gehe ich in dieser Runde aufs Ganze, auch wenn die Gefahr besteht, dass ich den Rest des Spiels keine Chance mehr haben werde noch viel zu beeinflussen? Spiele mit hohem Risiko sind aufregend. Wenn sie an spürbare Konsequenzen gekoppelt sind (d.h. meine Präsenz auf dem Spielbrett könnte stark darunter leiden), kann es mitreißend sein. Aber damit sich diese Spielerlebnisse erfüllend anfühlen und nicht nur Stress verursachen, braucht es Spieler*innen, die sich darauf einlassen. Man braucht Spielende, die auch mal alles auf eine Karte setzen.
Eine der wichtigsten Entscheidungen beim Poker besteht darin wie viel Geld man einsetzt, nachdem man die eigenen Karten gesehen hat. Diese Entscheidung baut zum Teil auf die Stärke der eigenen Hand auf. Sie baut zum Teil darauf wie gut man die anderen Spieler*innen einschätzen kann. Aber sie baut auch, oft fast unbemerkt, darauf auf wie viel man gewillt ist zu verlieren. Ein wichtiger Bestandteil der „player agency“ (etwa: Handlungsfähigkeit) ist in dieser Entscheidung versteckt. Eigentlich sollte man nur so viel einsetzen wie man zu verlieren bereit bist. Wenn man zu weit geht, stehen die Chancen gut, dass man es bereuen wird, man sich über seine Gegner aufregt, das Spiel oder einfach nur das eigene Pech verflucht. Denn wenn das Spiel nicht so läuft wie man es erwartet oder erhofft, ist man frustriert.
In den anfänglichen Partien gönnt einem Arcs nicht den Luxus, verstehen zu können was mit man mit den eigenen Entscheidungen aufs Spiel setzt. Wenn man Arcs nicht schon mehrfach gespielt hat, ist es praktisch unmöglich einzuschätzen was man tatsächlich riskiert, wenn man versucht Punkte zu machen. Wird dieser Fehlschlag ein kleines Straucheln sein oder die eigene Niederlage unabwendbar machen? Wird man in der nächsten Runde schnell wieder auf die Beine kommen, oder muss man komplizierte Manöver und Taktiken ausknobeln, um irgendwie noch Chancen auf den Sieg zu haben?
Alles das führt dazu, dass viele Spieler*innen in den ersten Partien von Arcs den Eindruck haben, dass Sieg oder Niederlage allein davon abhängt welche Karten man auf die Hand bekommt. Es gibt taktische Entscheidungen, kalkuliertes Positionieren und auch Mehrheitengerangel in Arcs, aber wie diese Dinge zusammenkommen wird vom Spiel selbst verschleiert. Erst nach mehreren Partien kann man sich diese Ebenen des Spiels erschließen.
Damit Spielen interessant bleibt, benötigen Spieler*innen ein Gefühl der Handlungsfähigkeit. Sie müssen das Gefühl haben Kontrolle zu besitzen. Nicht zwingend über den Ausgang ihrer Handlungen, aber über die Entscheidungen, die sie treffen. Genauer gesagt, sie müssen das Gefühl haben, dass sie ausreichend informierte Entscheidung zu treffen. Man muss wissen welche Kartenkombinationen in Texas Hold’em möglich sind. Wenn man sein Geld nur danach setzt, welche beiden Karten man in der Hand hat, dann ist das keine interessante, informierte Entscheidung und daher kaum mit Handlungsfähigkeit gleichzusetzen. Man wirft eigentlich nur Geld auf den Tisch und hofft, dass man irgendwann gewinnen wird. Man stelle sich vor, dass man Poker nur dadurch lernt, dass man immer wieder spielt und so schrittweise Flushes, Straights, Paare, ein Full House und so weiter erlernt. Anstatt die strategische und taktische Tiefe des Spiels für sich zu entdecken, erlernt man das Spiel lediglich auf dem langsamsten und teuersten Weg. Man wirft einfach Geld in den pot bis man irgendwann das Gefühl hat das Spiel zu verstehen. Aber man hat immer diesen leisen Zweifel im Ohr, dass es da noch eine Kartenhand gibt, die den „straight flush“ schlagen könnte. Aber man weiß es nicht bis es irgendwann passiert.
Die ersten Partien über fühlt sich Arcs sehr stark so an. Es fühlt sich vielleicht auch nach acht Partien oder sogar zwölf Partien so an. Es hängt allein davon ab, wie die Runden in der eigenen Spielgruppe ablaufen. Aus der Designperspektive finde ich das verwirrend, da es nur dazu führt, dass das restliche Spiel im Dunkeln bleibt. Aber es wäre viel zu reduktiv nur über die Regeln von Arcs zu sprechen. Es ist lediglich eine Facette dieses Spiels.
Die andere große Facette von Arcs ist sein erzählerisches Potential. Die Geschichten, die wir erleben, sind dornig aber dramatisch. Sie stecken voller überraschender Wendungen und zerstörten Hoffnungen. Es gibt Momente unvorhersehbarer Niederlagen, aber auch Partien die mit einer erbarmungslosen Unabwendbarkeit auf ihr Ende zusteuern. Andere Designs versuchen das Erlebnis zu kuratieren, um einen bestimmten Spannungsbogen zu produzieren. Sie sind darauf angelegt eine bestimmte Art von Spannung zwischen Spieler*innen zu ermöglichen, um sie dafür zu belohnen, dass sie Zeit in das Spiel investiert haben. Arcs schert sich nicht darum der Spielgruppe eine schöne Zeit zu garantieren.
Manche empfinden das als eine erfrischende, aufregende und sogar mutige neue Stoßrichtung für modernes Spieldesign. Eine Abkehr vom verstaubten Status Quo, der ausgeglichenen und „fairen“ Spielerfahrung, in der alle am Tisch gleich behandelt werden. Spiele in denen die korrekte, rational gefällte Entscheidung eine*n über die Gruppe hebt und als Sieger*in auszeichnet.
Für andere hingegen ist Arcs ein Rückgriff auf jede schlechte Erfahrung, die sie jemals beim Spielen von Brettspielen gemacht haben. Es weckt Kindheitserinnerungen in denen über Regeln gestritten wurde; in denen man von einer besonders schlitzohrigen Auslegung einer Regel überrumpelt wurde oder in denen man sich einfach stark über den Verlauf des Spiels empört hat und einem eine zufriedenstellende Auflösung verwehrt blieb. Arcs weckt alle schlechten Erfahrungen, die man durch das Aufkommen der (später so genannten) Eurogames eigentlich reduzieren wollte.
Dass Arcs so stark polarisiert, ist darum nicht ein Beweis für seine radikale Andersartigkeit oder dem mutigen Avantgardismus des Spielsdesigns (wie es die Befürworter glauben). Es belegt aber auch nicht Arcs’ regressive Designphilosophie und unausgereifte Spielentwicklung (wie es jene argumentieren wollen, die Arcs nicht leiden können). Es ist ein Beweis für die Undurchsichtigkeit des Spiels. Nicht nur allein in seinen Regeln, welche sehr kleinteilig sein können und die – soweit man hört – mit der Erweiterung nur noch komplizierter werden. Aber auch darin wie unbestimmbar die Identität von Arcs ist bis man es mehrere Male gespielt hat. Vielleicht lässt sich auch nach mehreren Partien nicht klar benennen was Arcs eigentlich *ist*.
Aber auch diese Umschreibung lesen manche als Zeichen von hoher Qualität und andere als Zeichen von völligem Versagen. Um zu verstehen woran das liegt, müssen wir etwas tiefer in die Frage eintauchen was Spiele sind und was sie nicht sind.
Eine Perspektive, die in den letzten Jahren an Zuspruch gewonnen hat, versteht Brettspiele als narrative Medien. Ein Begriff der sonst auf Literatur, Film, Animationen, Theater und so weiter angewandt wurde, wird nun als Herangehensweise an Brettspiele genutzt.
Mir ist klar, warum es so reizvoll ist unser Wissen über Literatur, Film oder Theater auf Brettspiele anzuwenden. Aber sie als Erzählmedien zu behandeln, die uns eine Geschichte erzählen, trifft nicht das Wesen dessen was Brettspiele sind und tun, wie ich finde. Es ist ein Weg, um uns dem anzunähern worum es bei Brettspielen geht. Es ist der Versuch Ansätze und Methoden anzuwenden, die anderweitig bereits Erfolg hatten, in der Hoffnung dadurch tiefere Erkenntnisse zu gewinnen.
Es hat seine Vorteile Spiele als Erzählmedium (oder etwas was dem nahe kommt) zu begreifen. Wir können uns ein Spiel anschauen und versuchen seinen „Text“ zu identifizieren. Seine Geschichte, die Art wie sie uns erzählt wird und wie diese Geschichte auf uns wirkt. Wir suchen das Spiel nach deutlichen Metaphern ab, nach seinem Subtext und danach wie ein Spiel auch immer ein Kommentar auf sich selbst, sein Genre, sein Medium oder auch nur die Gesellschaft generell ist. Wir können argumentieren, dass Spiele Aussagen haben. Dieser Ansatz erlaubt es uns Spiele danach zu untersuchen was ihre Aussagen sind, welche Fragen sie stellen oder auch festzuhalten, dass sie Ausdruck von kultureller Identität sind.
Es ist eine Vorgehensweise geworden, die sich selbst bestätigt. Da wir so an Spiele herangehen können und damit auch Erkenntnisse herausarbeiten, die wir sonst nicht hätten, ist die Einordnung von Spielen als Erzählmedien nicht nur valide. Es wird damit auch bewiesen, dass Spiele Erzählmedien sein müssen. Wir hätten es sehr viel schwerer einen Toaster unter diesen Gesichtspunkten zu besprechen, zum Beispiel. Wenn wir Spiele wie Erzählmedien behandeln und zu einem greifbaren Ergebnis gelangen, müssen wir schlussfolgern, dass Spiele ein Erzählmedium sind. Wenn ich es wie ein Buch benutzen kann, muss es (wie) ein Buch sein.
Lange Zeit hat mich diese Argumentation überzeugt. Sie schien schlüssig. Nicht zuletzt, weil ich mein Literaturanalyse-Fertigkeiten und mein Wissen über Film und Literatur in diesem „Hobby“ anwenden konnte, welches mich so begeistert hat. Mein Vorwissen bereicherte nicht nur mein Spielerlebnis, es erweiterte auch die Gespräche die ich über Spiele führen konnte. Es sprach genau die Bereiche meines Verstandes an, der sich auf Neuartiges und Entdeckung freute. Dadurch dass ich Spiele so betrachten konnte, wurden sie für mich wertvoller und bedeutsamer.
Ich denke es ist kein Zufall, dass die meisten angesehenen Spielekritiker*innen alle mit Textanalyse oder kreativem Schreiben zu tun haben. Über Spiele zu sprechen als wären sie Erzählmedien; über sämtliche Dinge zu sprechen, die uns dieses Medieum „erzählt“, hat interessante, ansprechende und unterhaltsame Texte zur Folge. Ich würde nicht so weit gehen diese Texte „Content“ zu nennen. Denn das würde den Aufwand, die Sorgfalt und auch das Können herabwürdigen, die darin eingeflossen sind. Aber ich würde auch nicht so weit gehen sie als kritische Analysen zu umschreiben. Dabei ist es nicht der kritische Teil den ich anzweifele, sondern der analytische. Ich bin nicht davon überzeugt, dass diese Schule der Spielkritik ihre Wurzeln in der Textanalyse hat. Meiner Meinung nach geht es hier darum sich individuell auszudrücken, und den aufrichtigen Enthusiasmus für das erzählerische Potential eines Spiels auszuleben. Das ist etwas, was sämtliche Spielenden vereint. Wir sind alle aufrichtig begeistert davon was Spiele uns bedeuten können, welche Emotionen sie in uns wecken können und die vielen Ideen, die wir damit in Verbindung setzen können.
Das ist eine zutiefst persönliche Sache. Nicht in dem Sinne, dass diese Erfahrung zwingend intim sein muss, aber es ist etwas was unzertrennbar damit verbunden ist wer wir sind. Unsere Lebenserfahrung, unser Wissen, unsere Identität, unsere Persönlichkeit. Alles. Dahingehend sind Spiele beinahe wie Rohrschachtests. Vor uns sehen wir eine eng verflochtene Menge an Gegenständen, Sprache und Bildverweisen und versuchen durch das Spielen ihnen eine Sinnhaftigkeit zu geben. Wir nutzen dafür die Dinge, die wir wissen, die wir gelernt haben und die wir uns vorstellen können, um ein zusammenhängendes Ganzes zu formen. Wir tun es, um aus der anderweitig trivialen Beschäftigung des Wettstreits um Siegpunkte oder Siegbedingungen etwas zu formen, welches für uns einen Wert hat. Man darf mich hier nicht falsch verstehen. Ich sage nicht, dass Spiele bedeutungslos sind und ernsthafte Gespräche darüber nur Wichtigtuerei und Eitelkeit wären. Ganz im Gegenteil. Das Spielen als bedeutungsvoll und wertvoll zu behandeln steht im Mittelpunkt dessen was uns an Spielen so fasziniert. Es ist der Grund weshalb Spiele kein Kinderkram sind oder je waren. Es ist diese Herangehensweise mit der das Spielen nicht mehr Zeitvertreib, sondern zur kulturellen, wenn nicht sogar kultivierten, Aktivität wird. Es ist in der Tat sogar Teil des Spielens selbst. Zumindest in dem Sinne, dass es ein Art ist wie man sich mit dem Spiel auseinandersetzt. Es ist nichts anderes als die lebhafte Diskussionen nach dem Kinobesuch, in dem man eben noch einen packenden Film geschaut hat. Es ist nichts anderes als die ausufernden Unterhaltungen über ein Buch und seine deutlichen Metaphern, sein Subtext und wie es ein Kommentar auf sich selbst, sein Genre, sein Medium oder auch nur die Gesellschaft generell ist.
Aber es gibt einen entscheidenden, grundlegenden und unbestreitbaren Unterschied zwischen einem Buch und einem Spiel.
Als Lesende, Zuschauende und auch als Theaterpublikum haben wir keine Handlungsfähigkeit. Wir sind passive Empfänger des beabsichtigten Narrativ des Autoren oder der Autorin, welches wir vielleicht auch gar nicht vollkommen begreifen. Wobei das zu gleichen Teilen an unserer Medienkompetenz wie auch dem auktorialen Erzählgeschick liegen kann. Wir können Dinge interpretieren. Wir können unser Hintergrundwissen über die Person, die das Buch geschrieben hat, anwenden. Oder wir können versuchen die Ereignisse der Erzählung in den historischen Kontext einzubetten, in dem sie erschaffen wurde. Dafür braucht es keine Handlungsfähigkeit. Wir haben kein Mitspracherecht was in der Geschichte geschieht. Der Ausgang eines Buchs ändert sich nie. Der Film, den wir schauen, wird immer auf die gleiche Weise enden. Mit Ausnahme der Verfilmung von Cluedo, welche natürlich auch auf einem Brettspiel basiert.
Denn Spiele geben uns Handlungsfähigkeit. Sie geben uns die Zügel in die Hand und sagen „das gehört jetzt euch, macht damit was ihr wollt“. Dafür gibt es Spiele. Das ist es wofür sie gemacht wurden. Es ist der Grund weshalb wir uns überhaupt dafür entscheiden Spiele zu spielen. Denn Spielen ist das Gegenmittel zu passivem Konsum. Sie sind nicht nur ein Grund, um ein paar Würfel zu werfen und Klötzchen zu verschieben. Sie sind, wenn wir es zulassen wollen, ein Weg über unsere Ideen und Ansichten zu einem Thema zu reflektieren und sie mit anderen zu teilen. Sie sind eine Möglichkeit darüber nachzudenken wie wir miteinander umgehen, sowohl am Tisch als auch fernab davon. Spiele erlauben es uns unser gesamtes kulturelles Wissen einzubeziehen und es dafür zu nutzen um die Zeit, die wir gemeinsam verbringen dürfen, zu bereichern.
Darum sind Spiele nicht wie Bücher oder Filme. Sie sind kein Erzählmedium, sondern ein Medium der Handlungsfähigkeit. Wir können durch sie alles was wir wissen und wer wir sind an den Tisch bringen und die schönen Spielmarker, hübschen Bilder und lustigen Worte in eine vorübergehende, gemeinsame Fantasie überführen. Manchmal fühlt sich genau das magisch an.
Sei es unsere individuelle Vorstellung wie wir militärische Mittel einsetzen, um Bereiche auf dem Spielbrett zu kontrollieren. Oder sei es die politische Launenhaftigkeit unserer Gegner, wenn sie Entscheidungen fällen. In diesen Momenten von Immersion zu sprechen, wird uns selbst nicht gerecht. Es ordnet unsere aktive Beteiligung aus dem Spiel mehr zu machen als die Summe seiner Einzelteile einer passiven Erfahrung zu. Das Gleiche gilt auch für die Narrative des Spiels. Wenn wir Spiele als Erzählmedien begreifen, speisen wir uns selbst ab in dem wir uns die Rolle des andächtigen Publikums zuweisen. Wir sprechen uns die Handlungsfähigkeit ab zu sagen was ein Spiel (uns) bedeutet. Stattdessen sprechen wir alles was wir aus dem Spiel gemacht haben den inhärenten und manchmal auch beabsichtigten Folgen des Designs zu.

Spiele sind – auf eine „Berührt den Monolithen“-Art – Werkzeuge. Die Absicht ihrer Macher*innen ist dahingehend wichtig, da jedes Werkzeug einen Zweck erfüllen soll. Designhandwerk bedeutet nicht nur, dass man ein Werkzeug auf seinen Zweck hin entwickelt; es muss diesen Zweck auch für seine Nutzer*innen deutlich machen.
Was bedeutet es also, wenn der Zweck eines Werkzeugs unklar oder verschleiert bleibt? Es heißt, dass man es immer wieder ausprobieren muss, bis das Spiel flüssig läuft. Es heißt man muss sich auf andere verlassen, die ihre Erfahrungen mit Arcs beschreiben, bis diese Schachtel auf dem Spieltisch Sinn ergibt. Oder man gibt frustriert auf. Vielleicht ist man „nicht die Zielgruppe“ für Arcs. Was immer dieser Satz auch heißen soll. Oder vielleicht hat man nicht die Art von Spielgruppe, die ein Spiel immer wieder ausprobieren kann bis man es endlich schafft, dass Arcs rund läuft. Es ist diese fehlende Klarheit seines Zwecks, die Verschwommenheit seiner Anwendung die sich wie Frischhaltefolie um Arcs wickelt. Das ist der schlechte Teil des Spiels. Es ist nicht der gemeine Wettbewerb, oder die Eigentümlichkeit der Regeln. Es ist ein Design, welches sich ziert zugänglich zu sein, in der irrtümlichen Annahme, dass es dadurch wertvoller wird.
Dabei hat es nur zur Folge, dass der aufrichtige Enthusiasmus, den Menschen für dieses Spiel haben wie Hype und Fanatismus wirkt. Die Stärken eines Spiels sollten nicht schwer in Worte zu fassen sein. Es sollte kein Kampf sein auszudrücken, warum etwas einen Wert hat. Wenn man nur mit schwer zu beantwortenden Fragen zurückbleibt, dann spricht das für ein Buch oder auch für einen Film, aber es spricht gegen ein Spiel.
Es steckt ein gutes Spiel in Arcs. Eines welches schlank ist und stark von den Handlungen der Spielenden vorangetrieben wird. Es ist ein Spiel, dessen emotionale Bandbreite eine große Menge an Spieler*innen ansprechen könnte. Aber das wird nicht passieren, wegen der Hürden, die sie dafür erst nehmen müssten.
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