Autor*innen: Katarzyna Cioch, Sylwia Smolińska, Wojciech Wiśniewski, Mateusz Wolski
Zeichner: Tomasz Bolik
Verlag: Pegasus Spiele
für 2-5 Spieler*innen
ab 8 Jahren
Dauer: 30 Minuten
Das Wort Puzzle hat im Englischen eine etwas weiter gefasste Bedeutung als im Deutschen. Während wir hier darunter ein Bild verstehen, welches in 50-5000 (oder mehr) Einzelteile geschnitten wurde, die wir sorgfältig zusammenlegen sollen; bezeichnet das Wort im Englischen einfach nur ein Rätsel. Eine penible Übersetzung des Titels müsste daher „Künstliche Intelligenz Weltraumrätsel“ heißen. Ein zutreffender, wenn auch eher abschreckender Titel.
Hinter dem modern wirkenden Titel AI Space Puzzle steckt ein abstraktes, kooperatives Deduktionsspiel. Die Regeln sind lobenswert klar und einfach gehalten. Die logischen Folgerungen, die man im Laufe des Spiels zieht, bauen darum nicht auf kleinliches Auslegen von Regelformulierungen. Stattdessen muss man eine durch Symbole und Plättchen präsentierte Nachricht interpretieren. Diese Nachricht wird von einer Person am Tisch (der namensgebenden K.I.) formuliert und muss von den anderen Personen am Tisch (den „Astronauten“) gedeutet werden. Wir betreiben also Exegese. Eine unter bestimmten Einschränkungen ausgelegte Nachricht wird interpretiert und in (Spiel-)Handlungen übertragen.
Diese Nachricht wird dabei aus verschiedenen Plättchen mit Symbolen zusammengesetzt. Diese Symbole bilden den Wortschatz mit dem die K.I. mit den Astronauten kommuniziert. Es geht darum zu vermitteln welche Figur mit welchem Objekt auf welchem Teil des Spielbretts stehen muss, um das Spiel (bzw. eine der insgesamt 40 Missionen) zu gewinnen.

Beim Spielen entwickelt sich so ein Dialog zwischen der K.I. (die in unkommentierten Zeichen spricht) und den restlichen Spieler*innen, die durch ihre Gespräche und Entscheidungen zeigen was sie verstanden haben. Hier tritt die eine Regelungenauigkeit zu Tage, die womöglich sogar gewollt ist. Denn obwohl es heißt, dass die Gruppe nie direkt mit der K.I. sprechen darf (um etwa zu erklären welche Informationen in der nächsten Nachricht stehen sollte), kann man nicht verhindern, dass die K.I. die Gespräche der Gruppe mitbekommt und in die eigenen Überlegungen einfließen lässt.
Dieser kleine Hebel, der den Spielgruppe in die Hand gelegt wird, macht AI Space Puzzle zu einem fragilen, aber auch sehr interessanten Spiel macht. Die Herausforderung des Spiels fällt in sich zusammen, wenn die Gruppe so miteinander spricht und die Exegese ausführt, dass sie die K.I. indirekt nach konkreten Anweisungen fragen kann. Mit anderen Worten: wenn man das allwissende Wesen um konkrete Anweisungen fragt was man als nächstes tun soll. Aber gleichzeitig spricht man anders über die eigenen Ideen und Deutungen, wenn man weiß, dass dieses allwissende Wesen einem sorgfältig zuhört.
Das platonische Spielideal von AI Space Puzzle ist vermutlich es „remote“ zu spielen. Also nur per Handyphotos miteinander zu kommunizieren, während man an unterschiedlichen Orten ist. Damit benötigt die K.I. kein ausdrucksloses Pokerface und die Spielgruppe kann so durch ihre Diskussionen der K.I. keine Hinweise geben. Das wäre ohne Frage der höchste Schwierigkeitsgrad um dieses Spiel zu spielen. Aber ich glaube nicht, dass es dadurch besser wird.
Denn das eigentlich Reizvolle an AI Space Puzzle ist die Dynamik, die am gemeinsamen Spieltisch entsteht. Gerade wenn hier und da ein paar Informationen durchsickern, die nicht allein in den Spielplättchen stecken. Es sind die Momente, wenn K.I. und Spieler*innen versuchen mit Hilfe der eingeschränkten Kommunikationswege, die jeweils andere Seite zu verstehen. Wenn man innerhalb weniger Runden versuchen muss eine gemeinsame Sprache zu finden, welche den Einschränkungen durch die Spiel- und Missionsregeln folgt.
In diesen Momenten gelingt AI Space Puzzle etwas besonderes. Obwohl die Regelideen und Regelkonzepte vertraut sind, entsteht ein eigenes Spielgefühl. Man könnte versuchen Parallelen zu Codenames zu ziehen. Aber bei Codenames muss man oft Gedankensprügen nachvollziehen, die vor allem solchen Spieler*innen einfallen, die sich gut kennen. Aber auch Hanabi könnte als Vergleich dienen. In beiden Spielen wird durch Regeln bzw. Spielmaterial stark beschränkt mit welchen Begriffen und Ideen überhaupt kommuniziert werden darf.

Aber AI Space Puzzle hat eine Flexibilität, die das Regelheft ausdrücklich zulässt. Neben den Symbolen der Plättchen, darf auch die Anordnung genutzt werden, um den Astronauten etwas zu sagen. Damit darf insbesondere die K.I. Kreativität und Einfallsreichtum nutzen, um Informationen zu vermitteln. Wenn eine Idee der K.I. mit Hilfe der Intuition der Astronauten näher zum Spielsieg führt, dann glänzt AI Space Puzzle. Es sind diese Erfolgsmomente, die sich besonders belohnend anfühlen. Vor allem aber, gehört das Spiel in diesen Momenten allein den Spielenden. Hier rückt die Aufgabe der Mission in den Hintergrund und die spielerische Interaktion der Menschen am Tisch zieht unsere gesamte Aufmerksamkeit und unser Wirken auf sich. Das ist es was kooperative Spiele prägt und ausmacht. Das ist es auch was Spiele als Medium ausmacht: es sind Werkzeuge und Mittel mit denen wir Gemeinschaft erleben.
AI Space Puzzle ist in vielen Belangen ein unscheinbares Spiel. Das Material ist solide, aber wenn man von anderen Verlagen Überfluss und Masse gewohnt ist, mag gerade die aufstellbare Konsole eher billig wirken. An Stelle eines detailliert ausgearbeiteten Themas, ist der erzählerische Charakter des Spiels vor allem eine Folge des Zeichenstils von Tomasz Bolik. Aber das Regeldesign ist robust und belastbar genug, um dennoch zu einem überzeugenden Spielerlebnis zu führen. AI Space Puzzle könnte womöglich im Schatten eines anderen kooperativen Deduktionsspiels aus dem gleichen Verlag vergessen werden. Das wäre sehr bedauerlich.
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