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Die doppelte Venus

Merchants of Venus gehört zu den Avalon-Hill-Spielen, von denen immer noch geschwärmt wird. Insofern ist es kein Wunder, dass im Zeitalter der Wiederveröffentlichungen auch von einem „Reprint“ dieses Spieles die Rede ist.

Was aber überrascht, ist das zeitgleich zwei Verlage eine Neuauflage angekündigt haben, gefolgt von einem allgemeinen „Oh? Was?…aber ich?“ auf beiden Seiten. Möglich wurde dies vermutlich durch das amerikanische Urheberrecht.

Der eine Verlag, Fantasy Flight Games, hat die Lizenz von Hasbro bekommen. Hasbro hatte damals ja Avalon Hill geschluckt und mit Avalon Hill die Rechte an zahlreichen Spielen. Laut FFG und Hasbro waren auch die Rechte an Merchants of Venus darunter.

Der andere Verlag, Stronghold Games,  hat sich direkt an den Autoren des Spieles, Richard Hamblen, gewandt und mit dem einen Vertrag für sein Werk ausgehandelt.Wenn man davon ausgeht, dass der kein doppeltes Spiel betreibt, scheint klar, dass Hasbro den nicht kontaktiert hat, als FFG anfragte. Außerdem geht der Autor wohl davon aus, dass die Rechte an ihn zurückgefallen sind.

Das Positive an der ganzen Geschichte ist, dass die beiden Verlage anscheinend auf Finger zeigen und Schlammschlachten bislang verzichten und versuchen eine Lösung zu finden. Allerdings muss man sagen, dass realistisch betrachtet kaum ein Kompromiss möglich ist – es kann nur ein Verlag das Spiel veröffentlichen. Eine gemeinsame Veröffentlichung (z.B. nach Vorbild von Scrabble, dass in den USA von Hasbro und über all woanders durch Mattel vertrieben wird) dürfte sich bei den zu erwartenden Verkaufszahlen kaum lohnen.

Wie konnte es soweit kommen? Ich stecke nicht drin, aber es gibt zwei Möglichkeiten:

Einmal kann es schlicht sein, dass Uneinigkeit darüber herrscht, wie lange der Vertrag von Hamblen mit Avalon Hill läuft.  Ein Autor lizensiert das Recht an seinem Spiel ja an einen Verlag und gibt den (normalerweise) die Exklusivrechte. Wie lange der Verlag diese hat, ist oft festgelegt, aber nicht immer. Meistens ist das auch kein Problem, denn wenn der Verlag das Spiel nicht weiterführen will (weil die Verlaufzahlen sinken), dann hat er auch keinen Grund mehr, auf den Recten sitzen zu bleiben. Bei erfolgreichen Spielen ist das freilig anders, da möchte der Verlag die Rechte natürlich gerne behalten.

Wahrscheinlicher ist aber, dass Hasbro davon ausgeht, dass Hamblen die Rechte an seinem Spiel an Avalon Hill gänzlich abetreten hat. Das ist nach deutschen Urheberrecht gar nicht möglich (da bleibt der Autor eines Werks immer der Eigentümer), wohl aber nach amerikanischem. Soweit ich weiß ist es insbesondere in der Comic- und Filmindustrie üblich, dass ein Autor fest von einem Verlag bezahlt wird und der im Gegenzug alle Rechte an seinen Werken, die er für seine Vorgesetzten schafft, abtritt. Das Hasbro Hamblen nicht kontaktiert hat, spricht für diese Variante. Das Hamblen anderer Meinung ist, liegt entweder daran, dass dies gar nicht so ist ( ;-) ) oder dass er davon ausgeht, dass die Rechte nicht mit übernommen wurden oder dass Hasbro nach 20 Jahren Inaktivität kein Interesse mehr an ihnen hatte.

Was auch immer passiert sein mag, die Situation ist verfahren. Und selbst bei jüngeren Vertragsstreits (wie zwischen Bohrer und Wallace über Age of Steam) war die Rechtslage unklar, wieviel mehr gilt das hier? Hasbro hat übrigens mittlerweile ein Markenzeichen auf Merchants of Venus eintragen lassen (dass dann mit verkauft wird), aber das wird Stronghold Games sicherlich nicht unangefochten lassen. Wie gesagt: So nett die Verlage auch miteinander umgehen, eine Lösung ist nicht in Sicht. Es sei denn einer verzichtet freiwillig auf die Rechte. Z.B. um stattdessen Magic Realm wiederzuveröffentlichen… ;-)

Wir warten gespannt. Und spielen die Geschichte schon einmal mit dem spontan erschienenen PnP-Spiel The Venusian Kerfuffle von Asmadi Games nach…

ciao

peer

P.S.: Wenn jemand weiß wo ich ein „Wunderbare Natur“ Quartett herbekomme, maile mir bitte (peer at spielbar punkt com)!

Peer Sylvester
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