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Soll ich anfangen?

Der eine oder andere meiner Leser wird letzte Woche leicht irritiert auf seinem Stuhl hin- und hergerutscht sein: Wie jetzt? Immer noch nichts über die Messe? Hat Peer seinen Kalender verloren?

Nein, hab ich nicht. Das Problem ist eigentlich ein ganz anderes: So sehr ich mich auf die Messe freue – richtig im Messefieber bin ich noch nicht. Und entsprechend hab ich mich noch gar nicht so furchtbar auf die Neuheiten eingeschossen. Ich bin also (noch) ganz entspannt. Dafür gibt es drei Gründe

Erstens: Wo selbst Insidertitel wie Scribts & Scribes, Inotaizu oder Qwirkle als neue Auflagen verfügbar werden, da ist mir nicht bange, dass ich irgendwas verpassen könnte, was gar nicht mehr wiederkommt. Ich kann auch warten, ist ja nicht so dass mir demnächst die Spiele ausgehen würden. Also: Wenn ein Spiel es wert ist, bekomme ich es auch. Irgendwann. Die Zeiten, wo Gutes unwiederbringlich verloren waren, sind vorbei – im Gegenteil: Wer „Insiderspiele“ sammelt, hats in Zukunft schwer, denn die gibts schlicht nicht mehr.

Zweitens:  Ein überwältigender Großteil der für mich auf den ersten Blick interessanten Neuheiten stammt entweder von größeren deutschen Verlagen oder wird von diesen vertrieben. Also komme ich auch nach der Messe noch an die Spiele ran und muss mein Messebudget damit nicht belasten. Ich kann sogar abwarten, ob die Spiele wirklich so gut sind, wie die Vorabberichte versprechen. Sehr angenehm! In die Tüte kommen bei mir auf der Messe überwiegend schwer zu bekommene Spiele – und das werden immer weniger.

und Drittens kann ich jetzt vor der Messe eh nicht absehen welches der zahllosen Vielspieler-Aufbau-und-Pseudowirtschaft-Siegpunkt-Gelöte-Spiele das Beste ist. Vinhos, Toskana oder Gran Cru? Firenze oder Florence? Magnum Sal oder Troyes? Keine Ahnung, keine Möglichkeit das festzustellen und keine Lust alle zu besitzen. Da warte ich erst mal den Messe“buzz“ ab – und die Juwelen sind sowieso immer Spiele, mit denen keiner rechnet. Diese Titel (und die anderen wie Merkator, Luna, Norenberc und wie sie alle heißen) auszuprobieren über lasse ich erstmal der Zielgruppe ;-) Das ist umgekehrter Journalismus, ich weiß. Statt das der Blogger die Leser informiert, ists diesmal andersherum. Aber wer von mir Infos über Vielspielermainstream erwartet, hat wohl die letzten Sylvester-Preisverleihungen verpasst. Meine Messevorschau sieht etwas anders aus:

Was mir auffällt: AEG hats tatsächlich nicht geschafft, ihren Output zu halten. Letztes Jahr hab ich sie als interessantesten Verlag vor der Messe beschrieben, hatte aber bereits Bedenken, ob die sich bei ihrem Debut nicht übernehmen. Und tatsächlich sind sie weitestgehend weg vom Fenster. Dieses Jahr sind es vor allem Kosmos-Spiele, die mich interessieren (aber wohl erst nach der Messe – siehe oben) und Z-Man-Games. Letztere haben eine enorme Flut an Neuerscheinungen angekündigt und selbst dem Kopf, Zev, ist das ein bisschen unheimlich und er hat auf BGG die Frage gestellt, ob er zu viele Spiele macht. Was solls, bei so viel Neuerscheinungen muss was interessantes dabei sein und ein paar Spiele (z.V. Cleopatras Caboose) hab ich bereits ins Auge gefasst.

Was ich mir ansehe: Ich will nicht angeben, aber die hier vorgestellten Great Fire of London, Bicicle und i9n gehören für mich zu den interessantesten Neuheiten. Darüber hinaus interessiert mich K2 brennend, denn ein verbünftiges Bergsteigerspiel suche ich schon länger. Auch Target Earth macht einen ordentlichen Eindruck, vor allem weil es auch teilkoopertaiv gespielt werden kann. Und wo wir gerade bei Alieninvasionen sind: Escape from the Aliens in Outer Space wäre eine Alternative. Mal sehen, welches mir besser gefällt. Last Call von Wattsalpolag Games hat eine ganz ordentliche Kritik von BGN bekommen – ist vielleicht kein Hammer, aber die Spiele des Verlages mit dem unausprechlichen Namen waren bislang immer für eine Überraschung gut. Totemo von Surprised Stare Games macht auch einen guten Eindruck – auch wenn die Spiele des Verlages in der Vergangenheit nie so völlig überzeugen konnten. Vielleicht ja diesmal… Bangkok Klongs wollte ich eigentlich blind kaufen (wegen des Themas), aber der Spielplan hat wenig mit Klongs zu tun und Martin Schlegel ist zwar ein guter Autor, aber seine Spiele sind immer sehr abstrakt. Das Thema ist also kein Kaufargument mehr – vielleicht ja der Mechanismus! High Frontier von Sierra Madre reizt mich, weil der Autor vom Fach ist (soweit ich weiß ist er Ingenieur bei der NASA) und weil das Spiel so eine lange Entwicklungszeit hatte (30 Jahre). Ich denke, das Thema (Erzabbau im Weltraum) ist super umgesetzt – aber werde ich ein komplex-kompliziertes Dreistundenspiel wirklich auf den Tisch bekommen? Ähnliches gilt für Freeze – reizt mich, aber ich müsste eine Spielegruppe mitkaufen, die auf sowas steht (in diesem Fall ist „sowas“  Impro-Theater). Als Formula-De-Fan brauche ich eigentlich keine Autorennspiele mehr und gucke mir die nicht an. Doch dank des sauberen Herrn Webers mit seinem unguten Einfluß drüben im Reich der Spiele, „muss“ ich jetzt von diesem hehren Standard abweichen und mir Ralleyman angucken – Vielen Dank auch! Cat & Chocolate von Japon Brand wird hier kaum jemanden interessieren. Aber mich! Warum? In meiner „Spielidee-Sammlung“ findet sich folgender Schnipsel: „Spieler laufen durch Haus von Oberbösewicht und fallen dauernd in Fallen. Sie ziehen Karten mit Gegenständen und müssen erklären wie sie damit überleben. Punktewertung mit Abstimmung“. Nun. Das ist genau Cat & Chocolat! (Außer dass es ein Horrorhaus ist, kein James-Bond-Bösewicht). Wenn jemand eine Idee aus meinen Gedanken entfernen kann, sollte ich lieber sein Spiel kaufen. Wer weiß, was der sonst noch alles anstellt. The Resistance sollte ich nicht bewerben, denn Travis vertreibt Filipino Fruit Market in den USA. Und ich bin nicht neutral. Das Spiel interessiert mich dennoch: Kampfstern-Galaktika-Das Kartenspiel? Gekauft! Neutralität ist sowieso überbewertet.Alex & Co ist sicherlich kein Spiel für den „Unbedingt sofort Spielen!“-Stapel, aber ich kaufe gerne Spiele über Spiele. Das bin ich meinem inneren Geek schuldig!

Wo ich vorsichtig bin: Gefährlich sowas nur anhand von Beschreibungen weiterzugeben aber: Genesis von Gigantoskop wäre eigentlich was für mich. Aber der Verlag hat bislang ausschließlich Aktionskartenspiele (Spank the Monkey, Badaboom, Kablamo) gemacht und ich fürchte das wird auch wieder sowas. Da hilft auch Kablamo als Bonusspiel nix (Zumal ich mit Deadly Russian Roulette ein viel besseres Russisches Roulette-Spiel habe. Hm, wenn man schon Spiele mit DEM Thema vergleicht, ist man wohl wirklich Freak). Dixit mag ich. Fabula scheint mir aber ziemlich „Es war einmal“-mässig zu sein und ich brauche eigentlich kein weiteres Erzählspiel mehr. Aber  vielleicht irre ich ja auch.

Mein Lieblingstitel: Busstop-The Boardgame von Japon Brand. Über das Spiel weiß ich nichts (außer dass es tatsächlich auch Busstop- The Cardgame gab), aber der Titel ist so herrlich deskriptiv. Ich warte auf Briefkastenschlitz-Das Brettspiel. Kackel Dackel spielt aber natürlich noch mal in einer ganz eigenen Liga.

Was von mir erscheint: Äh, davon nächste Woche mehr. Ich hab noch kein OK vom Verlag. Der will abwarten, ob der Druck rechtzeitig fertig wird. Im Laufe der Woche melde ich mich dann!

ciao

peer

Peer Sylvester
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