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Verräter an Bord

Autor: Jean-Xia Chou

Verlag: Huch!

Für 3-8 Personen ab 10 Jahren

Spieldauer: 10-30 Minuten

Verräter an Bord ist eines der Spiele in denen man miteinander spricht.

Social Deduction-Spiele sind Spiele, die Bluff, Informationsmanagement, Deduktion und Theater miteinander vermischen und unterschiedlich gegeneinander abschmecken. Theater ist dabei oft ein Kernzutat (auch wenn ein paar Spiele wie z.B.  Secret Moon explizit für Leute entwickelt wurden, die nicht schauspielern können oder wollen): Beim klassischen Mafia/Werwölfe stellt schlechtes Theatervermögen so ziemlich die einzige Deduktionsmöglichkeit dar, bei moderneren Vertretern wie Der Wiederstand, dient es der Informationsvermittlung. Beide Verwendungsmöglichkeiten beinhalten das Problem, dass die Spielenden gar nicht wissen, was sie eigentlich spielen sollen, was sie eigentlich für Informationen teilen und wie frei sie darin eigentlich sind. Werwolf-Neulinge orientieren sich aus diesem Grunde in der Regel am Verhalten der Erfahrenen oder -wenn es diese nicht gibt – an Beispielen aus benachbarten Genres, die sie kennen (etwa Filme, LARPS oder Mäxchen).

Verräter an Bord versteht sich als Einstieger-Social Deduction-Spiel und dazu gehört auch, dass es diese „Redehürde“ senkt:

Am Zug spielt man eine Karte und zieht eine neue nach. Abgesehen von einigen Aktionskarten, spielt man eine Karte verdeckt in den gemeinsamen Stapel. Hier wollen die „Guten“ einen bestimmten Wert erreichen (also möglichst +1-Karten legen), während der/die „Böse/n“ das verhindern wollen (also 0 oder gar Minuskarten spielen). Dabei muss ein Wert angesagt werden – und dabei kann gelogen werden. Das ist eine einfache Regel, die zudem die meisten Leute aus Bluffspielen wie das erwähnte Meiern/Mäxchen kennen dürften. Diese Regel ist also bekannt, gleichzeitig aber effizient: Es ist zwar nicht besonders schwer hier zu bluffen, aber sie erschafft eine Möglichkeit miteinander zu sprechen, ohne dass man überlegen muss, was man sagen darf/sollte und was nicht. Häufig wird hier angeknüpft: „Ich habe nun einmal schlechte Karten“ oder „Jetzt muss ich mal was sinnvolles ziehen!“. Überhaupt die Kartenhand: Drei Karten hält man und das sind ausreichend viele, um sich nicht gespielt zu fühlen, aber wenig genug, als dass es realistisch ist, tatsächlich nur Miese auf der Hand zu haben, der/die Verräter/in macht sich also nicht automatisch sofort verdächtig.

Mit Aktionskarten kann der erwähnte Stapel manipuliert oder begutachtet werden,  aber vor allem sind dies „Planken“, die man vor den anderen ablegt – bei der dritten Planke ist Schluss: Die betreffende Person geht über selbige und scheidet aus dem Spiel aus. Sind damit die Verräter weg oder nicht mehr in der Minderheit ist das Spiel entschieden. Ansonsten geht es mit einem kleinen Informationsplus weiter.

Drei „Leben“ bei einer Anklage ist eine gute Regel – auch weil man so mal eine Karte loswerden kann, obwohl man keine Ahnung hat, wer diese bekommen sollte (etwa wenn man bei Spielbeginn 3 Planken zieht oder als Meuterer das zumindest behauptet). Auch dies ist sehr einsteigerfreundlich. Vor allem passt es auch zum intuitiven Kartenmechanismus: Verräter an Bord ist sehr transparent für ein Social Deductionsspiel – keine Rollen, keine großen Kniffe, nur ein Kartenstapel der manipuliert werden will und allen ist klar wie das geschehen (oder sabotiert) werden sollte, kann und wird.

Die einzige Kehrseite mag sein, dass Verräter an Bord so transparent ist, dass es als einziger Meuterer sehr schwierig erscheint, irgendetwas cleveres zu tun. Tatsächlich ist der größere Feind der Gruppe das eigene Selbstbewusstsein, wann man es riskiert, nachzusehen ob die Punktzahl bereits erreicht wurde. Etwas was vor allem vom Ziehen abhängt. Aber da helfen entweder genügend Mitspielende (ab sechs Personen gibt es zwei Meuterer) oder ein bisschen Theater.

Schließlich ist Verräter an Bord, ein Spiel, bei dem man miteinander spricht.

Peer Sylvester
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