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Terra Futura

Verlag: albi
Autoren: Petr Vojtêch, Jindřich Pavlásek
Spieleranzahl: 2-5
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 30 Minuten

Der tschechische Verlag Albi war ursprünglich auf Lernmaterialien konzentriert und dem Spiel Terra Futura merkt man durchaus diese Vergangenheit an. Auch wenn Alex Randolph mir nicht zustimmen würde, muss dies nichts schlechtes sein. Kulturgüter dürfen mehr können als „nur“ zu unterhalten.

Dabei versucht das Spiel weniger einen Sachverhalt „beizubringen“ sondern will eher als Vorbild dienen: Das Spiel ist (soweit ich das beurteilen kann) nachhaltig produziert, es werden Pappschachteln für die Materialien benutzt (hier vor allem durch Deep Print bekannt). Das Spiel wird in Zusammenarbeit mit Game On entwickelt, einer Europäischen Initiative, die über Nachhaltigkeit aufklären möchte. Entsprechend vergleicht das Regelheft auf der letzten Seite die im Spiel dargestellten Dinge mit der Realität und benennt auch ganz klar den Kapitalismus als zentrales Problem: „Unser derzeitiges globales Wirtschaftssystem basiert auf Prinzipien von Wachstum und Gewinnmaximierung. Dadurch steigt der Druck, immer mehr zu produzieren. Dieses System respektiert nicht die natürlichen Grenzen unseres Planeten, wirkt sich negativ auf die Umwelt aus, vergrößert die Ungleichheit unserer Gesellschaft und ist daher auf lange Sicht nicht nachhaltig“. Abseits des Aktuell-Spiele-Verlag liest man so deutliche Worte selten.

Doch so sehr ich klare Worte auch schätze: Damit das Spiel die selbstgesteckten Ziele auch wirklich erreicht und nicht nur bestenfalls Interesse weckt, müssen es die Spielhandlungen sein, die diese Ziele verkörpern, nicht deren textliche Erläuterungen in der Anleitung. Sonst bleibt das Beschäftigen mit den Inhalten doch sehr an der Oberfläche.

Leider ist dies bei Terra Futura weitestgehend der Fall: Im Zentrum des Spieles steht ein Puzzle: Aus Karten entsteht Zug um Zug ein 3×3 Raster vor jedem Spielenden. Jede Karte, die ins Raster gelegt wird, löst alle bereits liegenden Karten in Reihe und Spalte aus. Das ist per se nicht uninteressant, will man doch einerseits die richtige Reihenfolge finden, um aus Rohstoffen Güter zu produzieren, die bei Spielende Siegpunkte bringen. Das Puzzle wird durch die wirkliche hübsche Endwertung verstärkt: Alle haben zwei zweiteilige Wertungskarten auf der Hand, ein Teil beschreibt welche Karten erneut aktiviert werden, der andere für welche Sets es Siegpunkte gibt. Die Kombination aus den beiden Teilen ist den Spielenden überlassen. Das ist in Verbindung mit dem Bauen des Rasters durchaus knobelig.

Es ist auch extrem abstrakt. Und es ist eine Aufgabe, wie man sie im Prinzip auch aus anderen Spielen kennt: Farbige Rohstoffwürfel (Hier tatsächlich auch nur „Würfel“ genannt) werden generiert und in hochwertigere Marker umgewandelt. Viel mehr passiert nicht und das weckt keine Assoziationen mit dem Thema, auch weil die Karten absolut generisch sind. Es findet so nur eine sehr geringe Identifikation statt: Statt nachhaltige Wirtschaft zu betreiben oder Windparks zu bauen, legt man Karten und wandelt Würfel um. Die Mechanik überschattet das Setting. Einzig und allein die Umweltverschmutzung, die hier und da abfällt und grundsätzlich negativ ist (sie blockiert Karten und sorgt für Minuspunkte) bricht mit der Routine und erinnert daran, dass wir hier eigentlich versuchen eine Biotopie und nicht nur eine Kartenauslage aufzubauen. Doch das Dilemma darum ist unterm Strich zu wenig und zu selten, um die selbstgesteckten Ziele zu erreichen.

Es hilft zudem nicht, dass das Spiel einen starken Solitärcharakter hat. Einzig die Startkarte erlaubt etwas Kooperation, aber da es die erste Karte ist, die gebaut wird und die damit vor allem am Anfang der Partie ausgelöst wird, wo noch zu wenig passiert ist, um hilfreich zu sein ist der Effekt i.A. zu gering, als dass diese Möglichkeit viel genutzt würde. Das ist aber schon ein sehr deutlicher Bruch mit dem Thema, welches in der Realität ja ein sehr hohes Niveau von Kooperation aller möglichen Gruppen voraussetzt.

Man merkt dem Spiel an, dass es ein modernes Brettspiel sein möchte, dass mit einer niedrigen Einstiegshürde und einem doch nicht.trivialen Puzzle lockt, dass die Message transportieren soll. Das ist leider nur zum Teil gelungen – die Message ist in der Mechanik untergegangen. Insbesondere fehlt die Dringlichkeit des Handelns im zentralen Puzzleaspekt. Es gibt wenig Druck – wird das Puzzle nicht optimal gelöst, gibt es vielleicht ein paar Punkte weniger, aber die relative Position zu anderen Spielenden ist sowieso unbekannt.  Eine schlechtere Lösung offenbart sich nicht und somit muss man selbst bestimmen, wann man zufrieden ist. Dringlichkeit ist aber bei der Umweltpolitik und dem Umbau des Finanzsystems geboten. Ohne diese Dringlichkeit fehlt ein wesentlicher Baustein der Themenumsetzung. Das ist schade.

 

Peer Sylvester
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