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The Isle of Doctor Necreaux

Verlag: Alderac Entertainment Group
Autor: Jonathan Leistiko
Spieleranzahl: 1-5
Alter: ab 14 Jahre
Spieldauer: ca. 60 Minuten

Bald ist es wieder soweit: Die Zeit der schlechten Filme, die traditionsgemäß zwischen den Weihnachtsfeiertagen und Silvester laufen. Ich hoffe, dass „Kampf um die 5. Galaxie“ wiederholt wird, denn das ist einer meiner Lieblingskultfilme. Kein Film dieses Genres ist The Isle of Dr. Necreaux, aber es könnte einer sein: Dr. Necreaux hat sich auf einer Insel verschanzt, faszinierende Monster und Fallen entworfen und hält die besten Wissenschaftler der Welt gefangen. Die Spieler müssen diese befreien, bevor eine Bombe explodiert und alles auf der Insel tötet. Alltagsgeschäft also.
Passenderweise ist das Spiel ein kooperatives Spiel. Und weil es davon noch zu wenig gibt, ein kleines, lustiges Absacker-Koop. Oder sollte es zumindest sein (dazu später mehr). Alles Wesentliche im Spiel passiert mittels Karten. Irgendwo im Kartendeck versteckt sind Wissenschaftler und Fluchtmöglichkeit. Die gilt es zu finden, bevor das Spiel um ist. Es muss also ein Kartenstapel (fast) durchgespielt werden. Dazu steht dem Spieler der wichtigste und interessanteste Mechanismus des Spieles zur Verfügung: Die Entscheidung ob sie ruhen wollen (und Schaden regenerieren) oder ob sie Suchen wollen und falls letzteres, wie schnell. Die Geschwindigkeit ist tatsächlich eine coole Idee: Die Spieler entscheiden wie viele Karten sie umdrehen wollen: Mehr Karten und sie finden die Wissenschaftler schneller (und sie müssen flott sein, denn die Zeit ist knapp bemessen), aber da die Karten überwiegend schlecht sind, bedeuten mehr Karten auch mehr Unheil (Fallen, Monster, Ereignisse) und wenn sich die Spieler übernehmen, sterben sie, bevor sie eine Chance haben sich zu regenerieren. Dieses Risiko-Element ist frisch und interessant. Die andere Entscheidungsmöglichkeit ist der Einsatz der Sonderfähigkeiten: Jeder Charakter (und davon gibt es viele, von denen die meisten pro Partie nicht zum Einsatz kommen) hat einige und die Kombination der genutzten Fähigkeiten kann über Sieg oder Niederlage entscheiden. Allerdings entscheidet vor allem auch der Kartenstapel über den Erfolg der Spieler: Kommen viele Gegenstände werden die Spieler doppelt belohnt: Zum einen mit zusätzlichen Fähigkeiten (auch wenn die Gegenstände erst durch ein besiegtes Monster verdient werden müssen) und zum anderen passiert dafür eben nichts Negatives. Pech beim Ziehen kann kaum ausgeglichen werden.
Die Atmosphäre stimmt; Waffen, Fallen und Monster sind abwechslungsreich und witzig beschrieben. Und so könnte Doctor Nexreauxs Insel ein gutes Zwischendurchspiel sein. Doch leider trüben einige Punkte das Vergnügen: Zum einen haben die Karten sehr viel Text. Und es sind viele Karten, Damit muss sehr viel gelesen werden. Das kann ermüden, ist aber tolerabel. Dann sorgen die Effekte von Karten und Sonderfähigkeiten für eine Tonne Regelunklarheiten – Hier fehlt klar eine FAQ-Liste in den Regeln. Es ist z.B. nicht mal erklärt, was eine „natural 6“ ist (eine 6 die geworfen wird, also nicht durch Boni verbessert werden kann) und so müssen sich die Spieler auf einige Diskussionen einstelle: Kann ich das tun? Funktioniert jenes?. Zum Glück ist es ja ein kooperatives Spiel, so dass niemand durch falsche Regelauslegungen benachteiligt wird. Drittens muss bei den meisten Fallen auf die Geschwindigkeit gewürfelt werden. Das ist durchaus thematisch und klingt auch sinnvoll. Nur müssen die Spieler normalerweise mit Geschwindigkeiten durch die Gänge düsen, die jenseits des normalen Würfels liegen. Und damit sind diese Würfe entweder automatisch gewonnen oder automatisch verloren, was irgendwie sinnentleert ist. Und schlimmer noch: viele Fähigkeiten ad absurdem führt. Hier hätte der Verlag noch klar Hand anlegen müssen.
Doch trotz all dieser Punkte und trotz des hohen Glücksfaktors und trotz des vielen Würfelns war ich bei meinen Partien stets blendend unterhalten – etwa 30 Minuten lang. Dann beginnt es etwas repetitiv zu werden. Und leider dauert das Spiel dann – bei erfolgreichen Spielern zumindest – noch mindestens 30 Minuten mehr. Und am Ende will man es nur noch hinter sich haben, denn das Spiel bietet dann zu wenig Abwechslung und das ganze Gewürfel und Geziehe und Gelese und Regeldiskutiere und Nicht-auf-Geschwindigkeit-Gewürfel beginnt gewaltig zu nerven. Das ist Schade und hätte nicht sein müssen. Ein erfahrenerer Verlag hätte aus The Isle of Docotr Necreaux ein Kleinod gemacht.
So ist es leider nur eine vertane Chance.

Peer Sylvester
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