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Showdown Tactics

Verlag: Korea Boardgames
Autor: Paul JH Bang
Spieleranzahl: 2
Alter: ab 8 Jahren (vermutlich auch schon ab 6, wenn die Kinder den Zahlenraum bis 10 beherrschen)
Spieldauer: 15 Minuten

In der 100. Folge von Die Zwei spreche ich (ACHTUNG SPOILER!) über das alte Ravensburger-Spiel Shogun. Ohne alles wiederholen zu wollen, was ich dort gesagt habe: Shogun mochte ich auch deswegen als Kind, weil es sich anfühlt, wie ein klassisches, abstraktes Spiel, bei dem aber jegliche Strategie in Taktik umgewandelt wurde. Es musste nichts vorrausgeplant werden und so können Kinder ihre Eltern besiegen und lernen dabei Grundkonzepte wie „decken“ oder „Figuren entwickeln“. Im Zentrum des Spieles steht zudem ein cooles Gimmick (Die Bewegungsweite der Figuren ändert sich per Magnetscheibe), das zum spielen animiert.

Showdown Tactics könnte nun (eine passende Verfügbarrkeit vorrausgesetzt) das Shogun des 21. Jahrhunderts werden – mit dem Unterschied, dass Showdown Tactics trotz des Titels klar im Bluff/Deduktionsgenre angesiedelt ist. Auch hier erinnert die Aufmachung an klassische Spiele (genauer gesagt an Mah-jongg) und auch hier steht ein Gimmick im Mittelpunkt: Ein Computer liest die Steine aus. Ohne den würde das Spiel nicht funktionieren: Jeder spielt nämlich verdeckt einen Stein, der eine Zahl zwischen (inkl.) 1 und 9 zeigt und der Computer verkündet den Gewinner – der mit der höheren Zahl (mit der Ausnahme der 1, welche die 9 schlägt). Dank des Computers müssen die Steine nicht aufgedeckt werden, so dass man im unsicheren verbleibt, welche Steine schon gespielt wurden. Damit das ganze nicht kompletter Zufall ist, sind alle Steine aber markiert: Ungerade Steine sind weiß, gerade sind schwarz. So lassen sich schon Rückschlüsse ziehen, welche Steine der Gegner schon gespielt hat und welche noch gespielt werden müssen. Natürlich gewinnt einen Satz, wer mehr Begegnungen zwischen zwei Steinen gewinnen konnte und in der Regel wird man auf zwei Gewinnsätze spielen. Das sind tatsächlich schon alle Regeln!

(Einschub: Wem das vage bekannt vorkommt: Dasselbe Spiel wurde mindestens zweimal in der koreanischen Show The Genius gespielt – dies ist die lizensierte Ausgabe für den Hausgebrauch)

Genau wie bei Shogun haben Erwachsene gegenüber Kindern keinen Vorteil: Es ist klar was zu tun ist und es sind keine komplizierten Überlegungen nötig. Auch wenn es ein paar grundsätzliche Taktiken gibt, beherrscht eine Mischung aus Bluff und Informationsbeschaffung das Spiel: Geht es mit einem mittleren Stein los und der Gegner setzt einen anderen mittleren Stein anderer Farbe ein, können beide einiges an Rückschküssen für die künftige Partie ziehen. Ob es etwas nützt sei dahingestellt, aber es fühlt sich so an, als könnte man kluge Überlegungen anstellen und das reizt auch Kinder, die so auch an vergleichbare Spieler etwas höherer Komplexität herangeführt werden. Mit mehreren Partien schlägt auch das Metaspiel durch: Meine Tochter hat bald gelernt, dass ich mich darauf einstelle, wenn sie die 9 immer möglichst spät einsetzt. Mittlerweile ist das Matchverhältnis zwischen mir und meiner jüngeren ziemlich ausgeglichen und das motiviert sie ungemein. Kaum ein Spiel, wollte sie in den letzten Wochen so oft spielen wie Showdown Tactics! Es wird hier vieles richtig gemacht: Aufmachung is topp, die Steine machen Spaß anzufassen und das Gimmick ist mehr als das: Es ist sinnvoll in das Spiel intergriert. Allerdings muss man auch wissen: Das Spiel tendiert zum Unentschieden: Ein gutes Drittel der Partien endet Remis, das empfinde ich als etwas unbefriedgend – aber da mag der Vielspieler aus mir sprechen. Da ein einzelner Satz nur wenige Minuten dauert, ist ein Unentschieden jetzt aber auch nicht so dramatisch – die Entscheidungspartie kann auf dem Fuße folgen.

Von der aktuellen Verfügbarkeit abgesehen ist das einzige Problem des Spieles seine Größe: Für ein so kurzes und einfaches Spiel ist der materielle Aufwand -und damit Schachtelgröße und Preis – doch recht hoch. Das war bei Shogun auch nicht anders, aber das wurde sogar mit Fernsehwerbung beworben und konnte so den Weg in viele Familien finden. Ob das auch bei Showdown Tactics gelingt ist zumindest für den Deutschen Sprachraum fraglich. Als Vielspieler finde ich das nicht tragisch, als Vater aber schon ein bisschen. Und vielleivht taucht es ja mal bei Schlag den Star auf – da würde es auch gut reinpassen. Falls es die Sendung überhaupt noch gibt…

 

Peer Sylvester
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