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Aqua Romana

Verlag: Queen Games
Autor: Martin Schlegel
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 6 Jahre
Spieldauer: ca. 30-45 Minuten

Beim Zeitpunkt des Erscheinens dieser Rezension steht noch nicht fest, ob die Jury dieses Jahr mal wieder für eine Überraschung sorgt und Aqua Romana (und nicht Thurn & Taxis) mit dem begehrten Titel „Spiel des Jahres“ adelt. Die Frage ist: Wäre das eine gute oder eine schlechte Sache?

Nun da wäre das Thema: Aquädukte sind ja die neuen Lieblinge unter den Legespielthemen und lösen die Wege, Schlangen und Farbstreifen ab. So richtig thematisch ist der Aquäduktbau nicht und soll es ja auch gar nicht sein. Notieren wir also einen kleinen Minuspunkt, denn abstrakte Themen sind der breiten Masse Sache nicht.

Das Spiel selbst, ja, da müsste man noch ein paar Zeilen drüber verlieren. Es ist nämlich so, daß jeder nicht an einem Aquädukt baut, sondern an vieren (aber pro Zug dann doch nur an einem). Und man baut nicht direkt, wie bei Legespielen bekannt, durch einfaches Anlegen der Geraden, Kurven, Doppelkurven und Überkreuzungen, sondern muß sich nach den Baumeistern richten. Diese sind am Spielfeldrand plaziert und sind jeweils für ein bestimmtes Plättchen zuständig. Nur dort kann man ein Plättchen legen, wo ein Baumeister hinguckt (also auf dessen Zeile oder Spalte einer steht) und wo noch frei ist und wo das eigene Aquädukt auch mündet. Hier gibt’s immer gerne Anfängerverwirrungen: Irgendwie denken die meisten intuitiv, der Baumeister muß dort stehen, wo das letzte eigene Plättchen steht, nicht wo das nächste gebaut werden soll. Die Baumeister stehen aber nicht stur da, sondern laufen nach vollbrachter Arbeit ein Feld im Uhrzeigersinn weiter. Wer also nicht nach vorne schaut, kann nicht bauen oder schlimmer, muß etwas bauen was er nicht will. Denn es herrscht gemeinerweise Zugzwang. Dafür darf ein quasineutrales Bonusplättchen gebaut werden, wenn man den Baumeister über ein Eckfeld springen lässt.

Nun wird jedoch nicht so nebenher gebaut, denn der Platz ist beschränkt. Endet ein Aquädukt an der Wand eines anderen Plättchens so endet die Fahrt da (was thematisch natürlich merkwürdig ist). Die Länge der Wasserleitung wird bestimmt und in Punkte umgewandelt. Allerdings hat die Sache einen gemeinen Haken: Mit Ausnahme der 3 und der 7 kann jede Punktvergabe nur 1x verwendet werden. Hat also mein Nachbar 4 Punkte gewertet und ich will auch ein Aquädukt der Länge 4 werten, habe ich Pech: Ich rutsche runter auf die nächste verfügbare Punktzahl. Gegen Spielende kann das auch mal 0 sein. Um das besser steuern zu können, darf man freiwillig eine Leitung für beendet erklären und das entsprechende Punktfeld besetzen. Das hat natürlich den Nebeneffekt, daß die Spieler unterschiedlich schnell fertig werden (der letzte darf noch so lange alleine weitermachen, wie er kann) und ein Spieler der früh ausscheidet kann schon mal 10 Minuten zugucken – Allerdings kann er durchaus gewinnen!

Martin Schlegel hat den Wegelegeprinzip eine neue Seite abgewinnen können und das nicht mal schlecht. Spielerisch hat Aqua Romana viele Pluspunkte: Ein relativ einfaches Prinzip, nicht zu verkopft (wobei man zum Sieg schon ein paar gute Überlegungen benötigt) und mit allen Besetzungen in etwa gleich gut (wobei zu viert natürlich mehr Chaos im Spiel ist, als zu zweit).

Insofern ist Aqua Romana durchaus ein gutes Spiel. Allerdings heißt das nicht, daß es auch ein gutes Spiel des Jahres wäre. Hier besteht die Gefahr des Torres-Effekts: Es kommt etwas trocken daher und zudem ist das Baumeisterprinzip, wie erwähnt, etwas gewöhnungsbedürftig. Die Jury könnte schlechtere Entscheidungen treffen als Aqua Romana zum Spiel des Jahres zu küren. Aber auch bessere.

Peer Sylvester
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2 Kommentare

  • Lieber Peer,

    danke für deine ehrlichen Worte zu „Aqua Romana“.

    Ich kann gut verstehen, dass dieses Spiel schnell einige Liebhaber gewonnen hat, gehöre jedoch selbst nicht dazu.

    Leider muss ich dem Spielthema ein unschönes Zeugnis ausstellen, dass ich gar nicht gerne ausspreche: Thematisch ist „Aqua Romana“ so dünn und inkosistent wie bereits einige seiner Vorgänger des Troisdorfer Spieleverlags.
    Als Spieler erlebe ich leider keinen schlüssigen Kanalbau, sondern finde mich in einem antiken Labyrinth wieder, dass einen etwas öden Eindruck hinterlässt.

    Sicher lässt sich im Spiel auch manches planen, doch sind mir diese verhaltenen Planungsmöglichkeiten für einen anhaltenden Spielspaß zu mager. Bei uns kam wirklich keine spannungsgeladene Stimmung auf, ganz anders als bei drei anderen nominierten Spielen. Meine Sympathien sind in dieser Hinsicht eindeutig verteilt, wie ich dies aber auch bei dir in Ansätzen herauslesen kann.

    Seine Abnehmer werden die römischen Aquäduktbauer sicher trotzdem finden. Und das sicher mit einiger Berechtigung!

    Spielerische Grüße,
    Mirko