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Infernal Wagon

Autoren: Alexander Emirit und Florian Fay

Verlag: Iello /Huch&Friends

Für 2-5 Spielende (je mehr desto leichter) ab 7 Jahren

Spieldauer: 7 Minuten oder weniger

„Echtzeit“ ist so ein Konzept, dass in kooperativen Spielen gerne eingesetzt wird, um optimales Spiel zu verhindern. Dabei schlägt diese Echtzeit schnell (haha) in „Hektik“ um. Das ist in der Regel auch durchaus gewollt. Allerdings ist Hektik nicht immer ein positives Spielerlebnis – wenn Hektik nämlich zu „Stress“ wird, fühlt sich ein Spiel schnell wie Arbeit an. Was dann auf dem Papier witzig klingt, wird eher „in echt“ dann als Selbstkasteiung wahrgenommen, Fehler sind dann nicht mehr witzig, weil einem im Stress der Humor abhandenkommt.Mit anderen Worten: Die Reihe Echtzeit à Hektik à Stress à Arbeit ist an irgendeiner Stelle zu unterbrechen. In einem kooperativen Spiel geschieht dies am einfachsten -Überraschung! – durch Kooperation.

Infernal Wagon ist ein Echtzeitspiel, man könnte sogar von einem „Hektikspiel“ sprechen. Dass es dem Spiel aber gelingt, eben jene Kette zu durchbrechen und so Spaß und Freude statt Stress und Arbeit zu verbreiten ist einigen gekonnten Designentscheidungen zu verdanken.

Das fängt bereits mit der thematischen Einkleidung des Spieles an: Wie man vielleicht nicht unbedingt am Titel erkennen kann (ich frage mich sowieso, ob dieser, nicht ganz einfache, Name sich im deutschsprachigem Raum durchsetzen wird), geht es darum mit seiner Draisine aus einer einstürzenden Mine zu entkommen. Die Aufgabe der Spielenden ist es dabei die Gleise zu steuern, auf die der infernale Waggon gen Spielsieg rollt – von Karte zu Karte quasi. Wie in einschlägigen Actionfilmen/Cartoons hat dabei das Spielgefühl etwas treibendes, ein Spielgefühl, dass durch den Soundtrack, der sich per Smartphone hinzuschalten lässt, verstärkt wird. Da man aber immer weiter vorankommt, ist das Spielerlebnis ausschließlich positiv – vorwärts immer, rückwärts nimmer! Soundtrack und graphische Einbettung vermitteln dabei das Gefühl, in einer Achterbahn zu sitzen. Das wirkt nicht nur gewollt sondern auch gekonnt (und ist -ganz nebenbei angemerkt – trotz thematischer Nähe zu einstürzenden Tempeln auch gänzlich Schatzräuberfrei).

Die Mechanik unterstützt nun das positive Spielgefühl, denn prinzipiell kann immer jede Karte gelegt werden – passen aber die Symbole auf den Enden nicht zusammen, dann gibt es einen negativen Effekt, denn man eigentlich ganz gerne vermieden hätte. Passen die Symbole, passiert lediglich nichts weiter. Der Waggon wird in beiden Fällen vorwärts gezogen (außer durch einen Effekt werden die letzten der bereits gelegten Karten weggesprengt und man hat verloren). So versucht man durch schnelle Absprachen zwar die Symbole einigermaßen zu treffen, aber eine erfolgreiche Runde muss zwischendurch auch einfach mal in den sauren Apfel beißen. Wer sich mit den Absprachen zu viel Zeit lässt, muss am Ende eh alles in die Luft jagen, denn das Ziel ist es, den Kartenstapel durchzubekommen und irgendwann muss man daher einfach mal Karten kloppen-zur Hölle mit den Torpedos! Einfach aber clever ist dabei die Regel, dass niemand zwei Karten hintereinander spielen darf, so werden alle zur Kommunikation gezwungen und es gibt keine Alleingänge; alle sind beteiligt. Zwei Effekte reichen im Grundspiel um genügend Anbreize zu setzen, dass nicht das Karten legen, sondern die Kommunikation im Mittelpunkt steht. Das kann trügerich sein – unsere erste Partie ging verloren, weil wir zu lange beraten und zu wenig gehandelt haben.

Und dann ist da noch die Sache mit dem Schwierigkeitsgrad: Durch mehrere Module lässt sich der fast beliebig nach den eigenen Vorlieben einstellen – einige Karten machen es einen potentiell einfacher, andere werfen mehr oder minder große Stöckchen ins Getriebe. Herausforderungen findet man so genauso wie Erfolgserlebnisse. Auch dadurch bleibt das positive Spielgefühl erhalten.

Infernal Wagon mag ein kleines Spiel sein, fast unscheinbar. Aber jede getroffene Designentscheidung macht das Spiel besser. Das Ergebnis ist eine Tonne einfacher, stressfreier Hekitk- Spaß.

 

Peer Sylvester
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