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Completto

Verlag: Schmidt Spiele
Autor: Heinz Meister
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 8 Jahre
Spieldauer: 15-20 Minuten (zu viert auch mal 30 Minuten)

Disclaimer: Da ich auf so mancher Presseliste stehe, bekomme ich manchmal Angebote für Rezensionsexemplare. Normalerweise bin ich da recht wählerisch, da ich nichts anfordern möchte, das ich dann nicht spielen möchte oder so. Dabei habe ich jetzt einen Fehler gemacht und zwei Spiele von Schmidt bestellt. Erst als sie ankamen fiel mir ein: Ich stehe bei Schmidt unter Vertrag, denn die haben ja mein Spiel Stadt, Land, Fluss Extreme veröffentlicht. Ich bekomme also Geld vom Verlag. Da das Kind aber nun einmal in den Brunnen gefallen war, wollte ich jetzt aber dennoch meiner Rezensentenpflicht nachkommen und die Spiele besprechen. Das folgende ist also nur unter dieser Warnung zu lesen! Mea Culpa!

Der Disclaimer ist hier nun besonders wichtig, denn Completto hat sich schnell als kleiner Hit in unserer Familie herausgestellt. Und ich weiß nicht, ob es mir gelingen wird, zu erklären warum – denn das Spiel ist rein objektiv betrachtet sowohl banal als auch glücksabhängig.

Das Ziel ist das Bilden einer aufsteigenden Zahlenreihe. Dazu zieht man einen Stein und ersetzt damit einen verdeckten der eigenen Reihe (diese verdeckten Steine haben nur die Rolle eines Platzhalters und sagen nur, wo man noch Steine einreihen darf). Dabei muss der Stein passen, d.h. die Zahlenreihe muss von links nach rechts aufsteigend sortiert sein. Lücken sind egal, aber wer einen Stein so platzieren kann, dass zwei direkt aufeinanderfolgende Steine nebeneinander liegen, ist gleich noch einmal an der Reihe. Wer einen Stein nicht legen kann, lässt ihn aufgedeckt liegen, was die anderen in der Regel freut. Damit sich das Ganze nicht aufhängt, darf man als Alternativzug auch Steine innerhalb der eigenen Reihe verschieben, um neue Plätze zu schaffen – das kostet aber Zeit und man wird es eher dann tun, wenn was passendes offen ausliegt.

In der Praxis zieht man einen Stein und der passt oder nicht und man legt ihn an oder nicht. Bei vielen Freiplätzen überlegt man sich noch, wo man am flexibelsten bleibt, aber gegen Ende freut man sich nur, den passenden Stein gezogen zu haben. Manchmal tut man das nicht und muss aussetzen. Manchmal hat man besonders viel Glück und ist noch einmal an der Reihe. Die taktischen Möglichkeiten liegen in der Region „Uno“: Man kann Kleinigkeiten beeinflussen, indem man berücksichtigt, was die anderen gezogen haben oder so, aber in erster Linie bestimmt das Nachziehglück den Sieger. Eigentlich würde ich so ein Spiel nicht auf den Tisch bringen…

…und doch habe ich genau das wiederholt getan. Ich hab das in dieser Woche häufiger gespielt, als jedes andere Spiel im letzten Monat. Die kurze Spieldauer hilft natürlich, ebenso dass Completto auch von meiner Tochter geliebt wird. Aber das Spiel hat den Suchtfaktor einer Packung Chrystal Meth. Zwar zieht man „nur“ Steine, aber gerade dadurch ist das Spiel spannend. Und nicht nur wenn man selbst zieht, auch wenn es der Gegner tut, denn mit etwas Glück kann der nicht anlegen und man kann die neue Zahl selbst verwursteln. Partien sind immer knapp und damit spannend bis zu Schluss. Es bietet gerade genug Möglichkeiten, um die Illusion aufrecht zu halten, man hätte tatsächlich eine Entscheidung. Hinzu kommen die Holzsteine, die dem Spiel eine gewisse Gediegenheit verleihen. Dadurch fühlt sich Completto an, wie ein klassisches Spiel – irgendwie als hätten ferne Vorfahren Bingo und Mahjongg miteinander gekreuzt. Completto ist ein schönes Beispiel für ein Spiel, das genau das macht was es will und keinen Deut mehr oder weniger: 15 Minuten Spannung ohne groß anzustrengen. Und damit ist es ein ideales Spiel für den Fix zwischendurch.

Peer Sylvester
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