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Zwischen zwei Schlössern

Between two Cities / Between two Castles of Mad King Ludwig

Matthias hatte vor Urzeiten über mögliche “Crossover” in Brettspielen philosophiert. Dieses Jahr wurden tatsächlich zwei Spiele von zwei verschiedenen Verlagen vereinigt: Aus Between two Cities und Castles of Mad King Ludwig wurde Between two castles of Mad King Ludwig. Da der Crossover eher mechanischer als narrativer Natur ist, macht es Sinn das Kind mit den Eltern zu vergleichen. Von den zwei Spielen habe ich nur eines gespielt – das aber oft. Daher hier die Doppelrezi: Between two Cities / Between two castles of Mad King Ludwig.

Between two cities

Verlag: Stonemeyer Games
Autoren: Matthew Ó Malley, Morten Monrad Pedersen, Ben Rosset
Spieleranzahl: 2-7
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: 20 Minuten

Manchmal sind die Spielegruppen groß und die Auswahl ist entsprechend klein. Between two cities will in diese Lücke stoßen: Als Drafting-Spiel sind die Wartezeiten kurz. Der Gag des Spieles ist, dass die Spieler nicht für die eigene Auslage draften (wie beim offensichtlichen Vorbild 7 Wonders), sondern mit beiden Nachbarn jeweils eine gemeinsame Auslage bauen. So wählt also jeder immer zwei Plättchen und legt links und rechts jeweils eines davon an. Die verschiedenen Plättchentypen kommen alle mit unterschiedlichen Verpunktungen und am Ende gewinnt derjenige dessen schwächere Stadt noch am meisten Punkte produzierte. Das geht schnell, ist (bis auf die Wertungen) super-intuitiv und an die erste Partie schließt sich schnell eine zweite an.

Aber keine dritte.

Das Problem mit Between two Cities ist, dass der taktische Spielraum sehr klein ist: Am Anfang merkt man noch: Hey, ich kann meinem Nachbarn ja auch passende Plättchen geben, auf dass er sie einbauen möge. Doch später nimmt man einfach das, was am meisten Punkte bringt. Hat man am Anfang noch etwas Auswahl und vielleicht sogar etwas zum diskutieren, ist das richtige Plättchen spätestens beim abschließenden dritten Drafting eine Frage der Punkteberechnung. Zudem sind die Punktzahlen so ausgeglichen, dass es fast egal ist, was man in die Stadt einbaut, solange man bestimmte Sets beachtet und bei den Fabriken möglichst nicht Dritter wird. Entsprechend wurden fast alle meiner Partien durch Tiebreaker entschieden, und das bei Punktzahlen die in der Regel alle nur um einen Punkt auseinanderliegen. Nach anfänglicher Begeisterung („Hey ein gutes Zwischendurchspiel für größere Gruppen!“) bin ich jetzt bei Enttäuschung angekommen – Ich denke ich hab alles gesehen, was das Spiel bietet und das ist leider nicht viel. Es ist vor allem auch erstaunlich wenig taktisch – die Gleichmacherei ist so stark, die Auswahlmöglichkeiten damit so winzig, dass am Ende halt jemand gewinnt, aber keiner weiß warum.

Das ist ärgerlich, denn was das Spiel könnte, deutet die zweite Runde an, wo zwei Doppelplättchen angelegt werden müssen und die brechen das Einerlei schön auf und sorgen für Agonielaute bei den Beteiligten – denn die passen eigentlich nie ins Konzept. Diesen Moment hätte ich mir für das ganze Spiel gewünscht. Und darum hoffe ich auf die Erweiterung – und auf den Crossover mit den Schlössern des Märchenkönigs. Immerhin ist das Original durch die Wertung bekannt geworden.

Und damit sind wir bei..

Between two Castles of Mad King Ludwig (Deutsch: Zwischen zwei Schlössern)

Verlag: Stonemeyer Games und Bezier Games (Deutsche Ausgabe: Feuerland Spiele)
Autoren: Matthew Ó Malley, Ben Rosset
Spieleranzahl: 2-7
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 45-60 Minuten

Grundsätzlich funktioniert das Draften zwischen den Schlössern genauso wie zwischen den Städten, außer dass die Doppelplättchen wegfallen. Und man ist nicht an ein fixes Raster gebunden, sondern ist frei in der Auslage – abgesehen davon, dass die Plättchen selbst gelegentliche Einschränkungen zeigen. So sind sich Architekten seit jeher einig, dass Keller eher unter die Erde und Türme eher nach oben gehören, dass man auf Wolken (also Freiflächen) nichts bauen kann und Räume nicht in der Luft hängen sollten (Der Balkon gilt als noch nicht erfunden).

Die Freiheit der Auslage ist hier tatsächlich erfrischend und sorgt für mehr Flexibilität beim Bauen. Der große Unterschied ist aber, dass die Räume jetzt individuell sind. Ja, es gibt nach wie vor Kategorien, wie z.B. Wohnzimmer, Kellerräume oder Außenbereiche. Und ja jeder Raumtyp wertet individuell, aber das bezieht sich nur noch auf die Lage von anderen Plättchen für die es Punkte gibt: Jedes Plättchen gibt einen Raumtyp vor, für den es Punkte gibt – und wo dieser Raumtyp dazu liegen muss, bestimmt das gelegte Plättchen: Verlangt ein bestimmtes Wohnzimmer z.B. einen Korridor, so muss der direkt angrenzend liegen, bei einem Kelleraum muss der irgendwo in derselben Spalte eingebaut sein und Außenbereiche punkten etwas weniger, dafür ist es egal, wo der gewünscht Raum im Schloss eigentlich liegt. Diese diffizile Wertung wird noch durch Boni erhöht: Dreimal derselbe Raum im Schloss und schon gibt es einen Bonus und einen weiteren, wenn der Raum sogar ein fünftes Mal untergebracht wurde.

Durch diese Regeln erhöht sich der Puzzlecharakter des Spieles. Es ist interessanter den richtigen Platz für ein Plättchen zu finden als bei den Städten und die optimale Lösung liegt nicht immer auf der Hand. Es kann mehr in die Zukunft geplant werden. Puzzlende Optimierer haben hier etwas zu tun.

Das kostet aber natürlich auch Zeit – alleine die Wertung dauert schon fast so lange wie eine halbe Partie Between two cities mit Schnellspielern. Die Intuitivität und Leichtigkeit des Vorbildes geht verloren – wenn auch zugunsten eines interessanteren Legeparts.

Das Hauptproblem allerdings sieht man bereits beim Auspöppeln der zahlreichen Plättchen. Das heißt, eigentlich  sieht man es nicht,  denn genau das ist das Problem: Die Plättchen haben in etwa  Carcassonne-größe. Die Symbole für die gesuchten Räume sind am unteren Rand aufgedruckt und sind kleiner als 8mm. Und auf farbigem Hintergrund gedruckt. Und das soll man ja auf einer Auslage erkennen, die nicht direkt vor einem liegt, sondern zwischen den Spielern…

Wer ein Plättchen auswählen oder platzieren will muss die Auslage beider Schlösser lesen – und das wird durch das Spiel enorm erschwert. Statt klarer Symbolik wurde hier in alter Kickstartermanier (obwohl das Spiel kein Kickstarter ist) die Graphik in den Vordergrund gestellt. Das Resultat ist eine fieselige Suchaufgabe, die mehr Energie kostet, als sie wert ist. Und wozu? Ja, die Plättchen sehen schön aus, aber auch nur so lange man sie einzeln betrachtet. Sobald man sie in eine Auslage versenkt, gehen die Details verloren und das ganze verschwimmt. Die Plättchen sind einfach zu klein für den Detailreichtum der Bilder. Auch aus ästhetischen Gründen wäre also eine klarere Graphik besser gewesen. Zudem hat man gar sowieso nicht die mentalen Kapazitäten um neben der Puzzelei auch noch die Bilder als irgendetwas kohärentes wahrzunehmen.

Lebte King Ludwig auch durch irrwitzige Raumkombis wie die Folterkammer neben dem Schlafsaal, liegen hier nur Plättchen nebeneinander. Ja, jeder Raum ist individuell gestaltet und hat einen originellen Namen. Aber da ja niemand eine eigene Auslage hat, interessiert sich niemand wirklich für die Raumbezeichnungen – man achtet lediglich auf die Symboliken und hat kein Auge für anderes. Und bei Spielende interessiert es dann auch niemanden mehr.

Apropos Spielende: Auch hier sind die Punkteabstände zwischen den einzelnen Schlössern geringer als 10% der erreichten Punktzahl. Bedenkt man die zahlreichen Wertungsunterschiede und unterschiedliche Boni pro Raumtyp (!), z.T. mit eigenen Plättchen, die wieder eigene Wertungsmöglichkeiten bieten, scheint hier enormer Aufwand getrieben wurden zu sein, das Spiel komplizierter zu machen, ohne das es im gleichen Maßen interessanter geworden wäre.

Peer Sylvester
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