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Via Nebula

Verlag: Space Cowboys (Asmodee)
Autoren: Martin Wallace
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 12 Jahre
Spieldauer: 60 Minuten

Thematisch oder nicht? Ein Tal bietet viele Bauplätze und Rohstoffe, aber wir siedeln dort erst jetzt, weil da vorher Monster wohnten. Die sind jetzt weg, dafür ist der Nebel da. Aber den können wir vertreiben. Oder mit Gras überbauen oder so.

Ist wohl doch eher nicht so thematisch.

Martin Wallace übt den Sozialismus: Das Besondere an Via Nebula ist, dass zwar jeder Spieler Rohstoffplätze eröffnet, die Rohstoffe aber jeder nutzen kann. Zumindest „jeder“, der die über leere Wiesen zu eigenen Bauplätzen getragen bekommt. Leere Wiesen (sogenannte „Leerwiesen“) entstehen, wenn sich Rohstoffplätze erschöpfen oder, wenn Nebelfelder überbaut werden. Mit anderen Worten: Wiesen sind eigentlich Straßen. Das klingt aber nicht so schön pittoresk. Auch die Wiesenstraßen (Straßenwiesen?) können von jedermann genutzt werden. Alles wunderbar kooperativ für ein nicht-kooperatives Spiel.

Prinzipiell ist das Errichten von Gebäuden das große Ziel alles Seins: Zum einen gibt’s dafür Punkte, zum anderen meist einen Vorteil und außerdem endet das Spiel erst, wenn ein Spieler 5 Gebäude erbaut hat. Um das zu erreichen braucht man ein Auge für den richtigen Bauplatz, möglichst gut angebunden an die nächste Wiesenautobahn ( „Die Wiesn“ – Autobahn?) und an die benötigte Rohstoffe. Rohstoffquellen selbst zu errichten ist ein zweischneidiges Schwert: Man bekommt Punkte und – falls man nicht etwas grundlegend falsch macht – die beste Anbindung an den eigenen Bauplatz. Der Nachteil: Anderen gibt man ebenfalls etwas und außerdem bringen nicht-erschöpfte Rohstoffquellen bei Spielende Minuspunkte. Was man anfängt, sollte man also auch besser beenden (dasselbe gilt für angefangene Bauvorhaben, zumindest, wenn schon mindestens ein Rohstoff zum Bauplatz gebracht wurde).

Das witzige an den Mechanismen ist die erzwungene Zusammenarbeit. Während die meisten anderen Spiele davon leben, dass man anderen Spielern Dinge verwehrt, lebt dieses Spiel davon, dass man anderen Spielern neue Möglichkeiten bietet: Neue Wege, neue Rohstoffquellen oder neue Abnehmer für Ladenhüter-Rohstoffe. Dadurch fühlt sich Via Nebula frischer an, als es die Mechanismen auf dem Papier zunächst vermuten lassen. Auch ist die Interaktion größer als bei manch einem anderen Euro: Das Lesen der entstehenden Landschaft und zu sehen, was die anderen wohl wollen/brauchen und es ihnen so zu geben, dass man selbst ebenfalls profitiert, ist die Kunst des Nebelns.

Das Spielgefühl ist jedenfalls schön positiv (selbst wenn einem ein öffentlicher Auftrag weggeschnappt wird, schmerzt das meist nicht so, da dafür gleich ein neuer kommt und gut angeschlossene Bauplätze flexibel sein sollten). Das Spiel selbst wäre allerdings noch einen Ticken besser, wenn sich das Ende besser ins Gesamtbild fügen würde. In den letzten 1-2 Zügen des Spieles kann oft nichts sinnvolles mehr gemacht werden – wer kein Gebäude mehr bauen kann, der wird keine Rohstoffquelle mehr eröffnen, da es dann Minuspunkte gibt; ihm bleibt nur das Bauen von sinnlosen Wiesen („Sinnloses Herumwiesen“) oder der Transport von nicht benötigten Rohstoffen von eigenen Quellen zu eigenen Bauplätzen, um die Mitspieler zu ärgern. Zudem sind die Punktestände am Ende doch meist knapp und warum jetzt A 2 Punkte vor B liegt, lässt sich nicht immer sinnvoll begründen – insbesondere weiß B nicht zwangsläufig, was er hätte besser machen können.

Insgesamt stören mich diese Kritikpunkte nicht allzu sehr. Sie stören mich aber ein bisschen und verhindern die ganz großen Begeisterungsstürme – Via Nebula ist zweifelsfrei gut. Mit einer Partie kann man nicht viel falsch machen. Selbst ein Kauf wird kein Fehlkauf sein. Aber nackt über die Wiese läuft man vor Begeisterung auch wieder nicht. Nicht einmal durch den Nebel. Oder so.

Peer Sylvester
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