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Think Str8!

Verlag: Huch & Friends
Autor: Leo Colovini
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 10 (eher 12) Jahre
Spieldauer: 60 Minuten

Um einmal weit auszuholen: Bruno Faidutti bezeichnete Deduktionsspiele einmal als die am schwierigsten zu kreierenden Spiele. Das Problem ist einen Mechanismus zu finden, der gerade genug Knobelarbeit zulässt, aber die Rätsel nicht zu leicht werden lässt. Ein Mechanismus der immer eindeutige Ergebnisse generiert. Ein Mechanismus, der auch ein Spiel jenseits einer Knobelaufgabe zulässt. Oh, und dieses Spiel sollte sich schon irgendwie von Cluedo unterscheiden.
Der Gmeiner-Verlag bringt seit einiger Zeit Krimi-Spiele heraus, z.T. mit Deduktionsmechanismen, bei denen man sehr gut die Probleme sieht: Einige Mechanismen sind interessant, aber sehr abstrakt, andere einfacher aber dafür glücksbehaftet. Die richtige Mischung hinzubekommen ist schwer.
Nun versuchen sich  Leo Colovini und Huch an diesem Genre. Und „versucht“ ist was den Verlag betrifft, durchaus das richtige Adjektiv: Das Material wirkt, als wollte der Verlag ja nicht zu viel Geld in dieses Projekt pumpen: Die Graphik mag noch als „sachlich-kühl“ durchgehen, aber die Stärke der Pappe des Spielplans ist grenzwertig. Besonders schlimm sind die Zahlenkärtchen: Die gilt es zu erraten, dürfen also nicht beschädigt werden, damit sie nicht markiert sind. Dummerweise sind es keine Spielkarten (die wären perfekt gewesen), sondern Pappplättchen aus dem dünnsten Material, dass der Verlag finden konnte. Das wirkt nicht nur billig, das ist potentiell spielspaßgefährdent!

Der Autor hat deutlich bessere Arbeit geleistet und ein Deduktionsspiel mit einigermaßen neuem Mechanismus erschaffen: Wie bei Code 777 sieht man nur die anderen Zahlen und nicht die eigenen. Wie bei Code 777 muss man die Zahlen herausfinden. Anders als bei Code 777 muss man in jeder der sieben Farben genau eine Zahl erraten. Und das geschieht erst einmal indirekt über Summen:
Drei Würfel bestimmen die Farben, dessen Summe man bildet (dabei kann eine Farbe durchaus mehrmals vorkommen). Da man die Zahlen ja aber nicht kennt, kennt man auch die Summe nicht und muss daher erst einmal raten. Dabei stehen mehrere Intervall-Längen zur Verfügung: Wer einen großen Bereich abdeckt, hat größere Chancen richtig zu liegen, als bei einem kleinen Bereich. Dafür bekommt er aber auch weniger Punkte und vor allem weniger Informationen: Denn fast ist es wichtiger zu wissen, ob man mit seinem Bereichen zu hoch oder zu niedrig lag, als zu wissen, dass man irgendwie richtig ist.
Denn das deduzieren geht in erster Linie so: Drei Zahlen zwischen 0 und 7 können jede Summe zwischen 0 (3×0) und 21 (3×7) abdecken. Wenn ich weiß, dass mein Bereich 10-18 zu niedrig war, weiß dass keine der drei Zahlen kleiner sein kann als 5. Umgekehrt wäre maximal eine 7 denkbar, und auch nur, wenn die anderen Zahlen entsprechend klein sind.
An dem Beispiel merkt man schon: Das Spiel erfordert viel Kopfrechnen. Ständig muss man Summen bilden und vergleichen und überlegen ob man Zahlen ausschließen kann. Das kostet viel Hirnschmalz.

Als ich die Regeln von Think Str8! las, hätte ich das Spiel anders eingeschätzt: Das Schätzen von Intrevall-Längen erschien mir eher auf ein Deduktion-Light á la Da Vinci Code hinzudeuten. Erst beim Spielen kam dann der zerebrale Unterbau zum Vorschein. Das ist keine Kritik, aber Think Str8!s Zielgruppe dürfte kleiner sein, als ich erwartet habe: Mathematiker und Rechenrätselfreunde und darüber hinaus nicht viel. Das liegt auch daran, dass die Punkte bei Spielende tatsächlich wichtiger sind, als die während des Spielens. Nicht umsonst darf der Punktletzte immer eine der drei Farben, um die es geht, direkt bestimmen, um so gezielter vorgehen zu können. Wer sich aber durch obiges Beispiel angesprochen fühlt und schon immer ein Deduktionsrätsel ohne große Interaktivität aber auch ohne großen Glücksfaktor gesucht hat, wird hier fündig. Ich werde jedenfalls mein Exemplar behalten. Wenn ich es auch nur selten die Mitspieler dafür haben dürfte.

Peer Sylvester
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