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Small World Underground

Verlag: Days of Wonder
Autor: Philippe Keyaearts
Spieleranzahl: 2-5
Alter: ab 8 Jahre
Spieldauer: 30 Minuten (zu zweit) bis 60 Minuten (zu fünft)

Dasselbe gilt für Small Worlds. Vinci erschien bei Eurogames und war für 1-6 Spieler und dauerte eigentlich immer 60-90 Minuten.

Als Vinci damals herauskam, war es eine Offenbarung für mich: Endlich ein Prügelspiel ohne Würfel für viele Leute mit moderater Spieldauer! An meinem Fanstatus hat sich nichts geändert, auch wenn aus Vinci mittlerweile Small Worlds geworden ist und aus Small Worlds Small Worlds Underground. Letzteres rezensiere ich übrigens hier.

Nach diesem Schwank aus meinem Leben fange ich erst einmal mit einem Vergleich zwischen dem Small Worlds-System und Vinci an. Für alle, denen  es so geht wie mir, und als Vinci-Besitzer nicht wissen, ob sie Small Worlds vielleicht doch unbedingt brauchen. Außerdem ist dieser Vergleich eine schöne Studie darüber, wie man mit dem Ändern von Mechanismen den Spielverlauf massiv verändern kann. Am Ende erzähle ich dann endlich, was die Höhlen von Underground zu melden haben.

Bei all dem werde ich aber eines nicht tun: Groß erklären, wie Vinci/Small World eigentlich funktioniert. Da gibt es genug Informationen drüber im Netz – die Spiele sind ja nicht mehr so jung. Und ich auch nicht.

Vinci vs. Small World

Generell kann man festhalten: Der Schwerpunkt des Spieles hat sich verschoben: Small Worlds ist regeltechnisch deutlich einfacher und intuitiver. Das geht allerdings auf Kosten der Taktik: Vinci bietet mehr taktische Möglichkeiten, die aber mit einer höheren Regeldichte erkauft wird (ich werde das gleich erläutern). Welches Spiel besser ist, ist also – so eine Überraschung! – Geschmackssache. Das hängt davon ab, ob man schnellere und lockere oder taktischere und grübellastigere Spiele will.

Das fängt schon beim Erobern an: Bei Small World kostet jede Eroberung 2 Einheiten + 1 für alles was sich dort befindet. Bei Vinci waren Berge und Wälder schwerer zu erobern, dafür konnte man hangabwärts billiger angreifen (bei Small Worlds entspricht das der Fähigkeit der Riesen) – taktischer, aber auch regellastiger und Quell heiterer Regelfragen wie „Gilt das auch, wenn man mit Booten kommt?“. Bei Small Worlds war man bei Eroberungen nicht weiter eingeschränkt, bei Vinci durfte man nicht neben sein altes Volk bauen (bei der ersten Edition durfte man das, musste sein altes Volk aber entfernen, was ich persönlich für die beste der drei Varianten halte). Auch da gilt: Die alte Fassung ließ sich taktisch nutzen, machte den Gegner berechenbarer. Bei Small Worlds erspart man sich Regelballast. Noch extremer war die Regel, dass man sein Volk am Ende seines Zuges zusammenhalten musste – wurde man vom Gegner getrennt, musste man erobern oder einen Teil aufgeben. Erhöhte die Taktik beim Angriff, war regeltechnisch aber bei bestimmten Fähigkeitskombis ein mittlerer Albtraum.

Soweit zur Schwerpunktverschiebung, aber es gibt noch einen größeren Eingriff ins Spiel: Bei Vinci war das Spiel zu Ende, wenn eine bestimmte Siegpunktgrenze überschritten wurde. Daraus resultierte ein Alle-auf-den Führenden-Syndrom, was viele nicht mochten (ich fands OK, da einkalkulierbar und man konnte sich dank der taktischen Möglichkeiten auch einigermaßen darauf einstellen. Zumindest bei kleineren Spielerzahlen). Daher vermutlich die Änderung zu versteckten Siegpunkten und einer festen Rundenanzahl bei Small Worlds. Wird das Spiel dadurch besser? In meinem Augen eher im Gegenteil! Statt auf den tatsächlich Führenden wird jetzt auf den vermeintlich Führenden eingeprügelt. Das ist kaum eine Verbesserung. Gerade Anfänger attackieren statt den Spieler mit den höchsten Durchschnitt an Punkten gerne jemanden, der einmalig viele Punkte erzielt hat und nehmen den so praktisch komplett aus dem Spiel. Der kann sich praktisch nicht wehren und spielt ohne Siegchancen nur noch irgendwie zu Ende. Zumindest wenn es schlecht läuft. Außerdem war es vorher immer noch ein Zock, ob man sein Volk gegen Ende noch einmal untergehen lassen will – vielleicht schafft Spieler A die Grenze ja nicht und ich kann noch einmal zuschlagen! Jetzt ist das komplett ausrechenbar – in der letzten Runde lässt niemand irgendwas untergehen. Und ich habe eigentlich noch nie erlebt, dass jemand gewonnen hätte, der sein Volk zweimal hat untergehen lassen. Dazu ist das Spiel eine Runde zu kurz. Mindestens.

Umgekehrt hätte ich gedacht, dass ich den Würfel, der bei Small World bei Zugende eingesetzt werden kann, hassen würde. Das Gegenteil ist der Fall! Er kommt eh relativ selten zum Einsatz, spielt also i.A. keine entscheidende Rolle. Aber er belebt das Spiel um eine nette Option. Eine sinnvolle Ergänzung. Ebenso natürlich die feste Kombination aus Rasse und Fähigkeit, die regeltechnisch schwierige Kombinationen (wie in Vinci) verhindert.

Interessant ist die Geschichte mit den Spielerzahlen: In Vinci konnten nicht nur mehr Spieler mitspielen, es wurde auch immer auf demselben Brett gespielt – nur die Anzahl der Armeen war unterschiedlich (und die zu erreichende Siegpunktzahl). Bei Small Worlds ist das umgekehrt: Die Anzahl der Armeen ist gleich, aber die Brettgröße wird angepasst. Im Prinzip egal, oder? Nicht ganz! Waren bei Vinci viele Spieler am Werk, hatten alle nur eine überschaubare Anzahl an Armeen und die Züge waren insgesamt kürzer als bei wenigen Spielern. Bei Small World sind die Züge immer gleich lang, weil ja gleich viel bewegt werden will – eventuell sind sie sogar länger, weil ja mehr beachtet werden muss (und die Übersicht geht schneller flöten, auch weil es keine Spielerfarben mehr gibt). Resultat: Je mehr Spieler mitspielen, desto mehr wartet man UND desto chaotischer ist es.

Small World vs. Small World Underground

Was ändert sich jetzt unter der Erde? Bemerkenswert wenig. Das Grundprinzip ist gleich geblieben. Dass es neue Rassen und Fähigkeiten gibt, war zu erwarten gewesen – auch dass die im Schnitt etwas komplizierter sind, als die im Urspiel – die offensichtlicheren Fähigkeiten sind quasi ja schon weg.

Neu sind einige topologische Elemente, die das Spiel tatsächlich etwas taktischer gestalten. Da ist zum einen der Fluss, dessen Felder nur 1 Einheit kosten, die aber vor der Wertung verlassen werden müssen. Der Fluss ist also eine Art Hindernis (außer für die Kraken, die dort bleiben können. Und Unsterbliche Kraken sind die erste Rasse, die ich erlebt habe, die von Anfang bis Ende auf dem Brett sein können, ohne ihrem Besitzer einen Nachteil zu verschaffen, was das Grundprinzip etwas aushebelt). Wichtiger sind noch die speziellen Orte, die etwas unzugänglicher sind, die aber bei ihrem Besitz Zusatzfähigkeiten verleihen. Das macht das Spiel etwas interessanter und auch taktischer, aber im Gegenzug muss man halt noch mehr Fähigkeiten nachlesen und im Kopf haben.

Für wen ist jetzt Small World Underground?

Small World Fans finden hier neue Herausforderungen, die sind wohl die Hauptzielgruppe. Wer Small World vor allem wegen der Einfachheit (im Vergleich zu Vinci) mochte, kann sich den Besuch aber sparen. Wer diesem System eh nichts abgewinnen konnte, hat gar nicht bis hierhin gelesen. Wer Vinci hat, braucht im Prinzip keines der Small Worlds, ist aber (wenn er unbedingt will)  vielleicht unter der Erde etwas besser aufgehoben. Einsteiger sollten mit Small Worlds beginnen. Reiche Leute sollten mir Geld schicken.

Andere Leute fallen mir im Moment nicht ein.

Peer Sylvester
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2 Kommentare

  • […] neue Rezension hat den Weg in meine Tatstatur gefunden: Ich beschäftige mich mit Small World Underground und den Spielen, die auf dessen (Entstehungs-) Weg lagen. Small World ist auch ein schönes […]