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Paris (Ersteindruck)

Verlag: Game Brewer
Autoren: Wolfgang Kramer und Michael Kiesling
Spielerzahl: 2-4
Alter: ab 12 Jahren
Dauer: 90 Minuten

Die Einschränkungen die durch Corona nötig waren, haben unter anderem auch dazu geführt, dass eine regelmäßige Spielrunde nicht immer möglich war. Das gilt auch für mich, weshalb verschiedene Spielrezensionen quasi auf halber Strecke liegen geblieben sind. Auch wenn ich keine Garantie geben will, dass sich meine derzeitigen Einschätzungen zu den Spielen in einer später fertigen Rezension nicht ändern werden, möchte ich zumindest einen Eindruck geben, was in den Wochen und Tagen nach der Spielemesse an Neuheiten auf den Tisch kam und wie es dabei abgeschnitten hat.

Paris ist ein Spiel, bei dem nicht so richtig klar wird, ob es als einfach zugängliches Eurogame oder vielschichtig verschachtelte Knobelei verstanden werden soll. Der Ablauf einer Runde ist eigentlich ganz einfach gehalten. Man sucht sich ein Hausplättchen aus und legt es auf den Spielplan, wodurch Aktionen eröffnet werden. Dann platziert man einen seiner Holzschlüssel auf das Spielbrett und führt den Ortseffekt aus. Jeder platzierte Schlüssel verändert aber auch die Mehrheitenverhältnisse auf dem Spielbrett. Dadurch werden einzelne Aktionen attraktiver und es eröffnen sich neue Chancen wie man punkten kann. Das wird einige Male wiederholt und am Ende gewinnt der Spieler mit der höchsten Punktzahl.

Ein heiß umkämpfter Stadtbezirk

Zugegeben, trotz des runden Spielfelds wird das Rad hier nicht neu erfunden. Gehässige Stimmen könnten hier altbackenes Design bemängeln, aber damit tut man diesem Spiel Unrecht. Paris steuert durchgehend auf ein Ende zu, weshalb die Vertrautheit der Ideen eher den Einstieg vereinfacht als die Neugier erstickt. Je weiter sich das Spielfeld füllt, umso statischer ist die Positionierung auf der Siegpunktleiste. Darum gibt es zusätzliche Einzelaktionen, die man en passant aktivieren kann, um so die Punkteverteilung noch etwas aufzumischen. Die Dynamik, die Paris bietet, speist sich aus gutem Designhandwerk und nicht aus ausgefallenen Regelkonzepten.

Wer nun glaubt, dass meine abstrakte Erklärung mit mehr Details und thematischer Einkleidung verständlicher wäre, irrt sich. Paris ist ein sehr schön anzusehendes Spiel, aber seine Regelkerne lassen sich nicht wirklich mit Hilfe der Illustrationen und Bezeichnungen einfacher erklären. Wer jedoch die Namen Kramer und Kiesling wiedererkennt, oder sogar einzuordnen weiß, der wird derartige Hilfestellungen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht benötigen.

Hier laufen alle Pläne zusammen

Stattdessen findet der erfahrene Brettspieler mit jedem Zug und in jeder weiteren Partie neue Querverbindungen innerhalb der unterschiedlichen Mechanismen. Mit ausreichend Erfahrung merkt man wie feinkörnig die Spielsituation und der Spielverlauf beeinflusst werden kann. Wer Paris kennt, der sieht auch die Tiefe, die darin schlummert und in deren verzweigten Entscheidungsbäumen man sich schon mal verirren kann.

Diese Knobelei ist haptisch und grafisch reizvoll, aber die Entscheidungen bleiben am Ende eher nüchtern. Man plant, man spekuliert und gelegentlich addiert und multipliziert man, um zu schauen welche Aktion taktisch klüger ist. Es braucht durchaus Zeit und Muße um Paris bis in die letzten Ecken zu erforschen. Am Ende winkt das Erfolgserlebnis ein stark verzahntes Spiel in seiner Gesamtheit durchdrungen zu haben. Das ist dem Lösen eines Zauberwürfels nicht ganz unähnlich. Wer aber den Reiz dieses bunten, haptischen Spielzeugs nicht nachempfinden konnte, wird wohl auch bei Paris nur mit den Schultern zucken.

Georgios Panagiotidis
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