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Origin

Verlag: Matagot
Autoren: Andrea Mainini
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 8 Jahre
Spieldauer: 45 Minuten

Kennen Sie Ninja-Spiele? Damit meine ich keine Spiele über Ninjas, sondern Spiele, die wie Ninjas sind: Egal wie oft man das Spiel auf den „Vorschlagsstapel“ legt, wie oft man das Spiel zu einem Spieleabend mitbringt, es wird immer etwas anderes gespielt. Irgendwie entziehen sich Ninja-Spiele der Aufmerksamkeit ihrer Kunden. Dabei ist es nicht so, dass Ninja-Spiele nichts taugen würden oder hässlich sind oder so. Nein, streng genommen gibt es keine objektiven Gründe, sie nicht zu spielen. Aber man greift immer woanders hin. Das Ninja-Spiel weicht geschickt allen Angriffen aus.

Origin ist so ein Ninjaspiel. Es hat ewig gedauert, bis ich es doch mal festnageln konnte. Und es scheint nicht nur mir so zu gehen: Trotz großer Stände auf sogar zwei Internationalen Spieletagen liest man erstaunlich wenig im Netz über Origin. Der Ninja bleibt im Schatten.

Jedenfalls ist das meine Theorie. Optisch macht Origin nämlich einiges her: Die Schachtel hat einen eigenen Stil, der mir durchaus gut gefällt und sich vom Einerlei der Konkurrenz wohltuend abhebt. Das Spielmaterial kann ebenfalls mithalten. Und auch spielerisch hat Origin einiges zu bieten:

Es ist originell: Wer dran ist, setzt normalerweise einen neuen Stein ein (und nimmt diesen auch in Besitz). Die Steine kommen in drei Farben, drei Größen und drei Dicken. Beim Einsetzen müssen zwei dieser drei Charakteristiken mit einem Nachbarstein übereinstimmen, die dritte kann nach oben hin um maximal eine Stufe abweichen (nach oben hin = der neue Stein muss größer/dicker sein als der Nachbar). Alternativ darf man auch einen eigenen Stein gemäß der Reichweite versetzen und zwar entweder auf ein leeres Feld oder auf ein gegnerisches – der andere tauscht dann einfach die Plätze mit dem Zugspieler. Derart verdrängen kann man aber nur dünnere Steine. Dieser Mechanismus ist interessant und intuitiv. Und es passt sogar thematisch zum Thema der Stammesausbreitung: Am Anfang entstehen viele Stämme mit eigenen Eigenschaften, später wandern diese Stämme eher, als dass neue entstehen. Nomaden wandern über das Brett, Dicke Krieger verdrängen eher.

Dabei hat Origin noch mehr zu bieten: Egal wie, man erreicht immer ein neues Feld. Das bietet Siegpunkte (grüne Felder) oder Speere verschiedener Güte, die aufsteigend gesammelt werden können oder Karten oder beides. Bei den Karten gibt es drei Typen: Grüne Karten geben starke Einmalvorteile, orangene  Dauervorteile (benötigen aber eine Mindestanzahl an Speeren) und violette Aufträge, deren Erfüllung Siegpunkte bringen. Dies klingt nicht spektakulär (Karten und Plättchen, halt), aber diese Elemente ermöglichen einige grundlegende Strategien und vor allem interessante Taktiken – Man knobelt schon ein bisschen, um die SP-Ausbeute zu optimieren. Und anders als bei anderen modernen Spielen geschieht das durchaus interaktiv und der Blick zum Nachbar wird belohnt.

Nein, spielerisch lässt sich Origin nichts vorwerfen: Es ist regeltechnisch klar, es ist abwechslungsreich, es bietet Raum für überraschendes, für geniale Züge und die Spieldauer ist genau richtig für das Gebotene. Warum wurde es bislang so wenig wahrgenommen?

Ganz ehrlich: Keine Ahnung! Vielleicht lag es an der unklaren Vertriebssituation. Vielleicht an der Junior-Variante, die wirklich eher für die Partie mit Kindern ist, als für Erwachsene (hier fehlen die Karteneigenschaften, die das Salz in der Suppe sind), vielleicht an der verdruckten Karte (Der Navigator erlaubt das Durchqueren von Meeren, nicht von Meerengen – die darf man ja eh überqueren). Vielleicht ist Origin den „echten Spielern“ nicht heavy genug. Statt Dreihundert Arbeitern und 200 Siegpunktquellen ist Origin eher überschaubar. Zwar darf man hier durchaus clever sein (ein erfahrener Spieler wird immer gegen einen Anfänger gewinnen), aber es fällt nicht so auf, wie bei den Komplexeren Vielspielerspielen.

Oder vielleicht stimmt meine Ninja-Spiel-Theorie ja doch und die Origin-Spiele verstecken sich lieber, als dass sie gespielt werden. In diesem Fall, blase ich zur Jagd auf sie! Es lohnt sich!

Peer Sylvester
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