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Kamisado

Verlag: Huch & Friends
Autor: Peter Burley
Spieleranzahl: 2
Alter: ab 10 Jahre
Spieldauer: ca. 20 Minuten (Grundspiel)

Kamisado ist ein themenloses, abstraktes Spiel. Wer kein Thema beachten muss, kann sich auf das Design konzentrieren und in diesem Fall erweckt das Design den Eindruck, ein altes, asiatisches Spiel vor sich zu haben. Zumindest, wenn man nicht merkt, dass „Sumo“ ein japanischer Begriff ist und die Türme mit chinesischen Schriftzeichen bedeckt sind (statt mit japanischen). Aber das ist egal, es ist ja ein abstraktes Spiel. Entwickelt von einem Engländer.

Nicht egal ist: Die Regeln sind einfach, die Spieltiefe ist enorm.

Wer dran ist, setzt einen Stein soweit wie man will über freie Felder in Richtung gegnerischer Grundlinie und das Feld auf dem man zu stehen kommt, bestimmt die Farbe des Steines, die der Gegner setzen darf. Wer die Grundlinie erreicht, gewinnt. Wie gesagt einfach.
Das Aufbauen von Bedrohungen ist genauso einfach: In eine Reihe setzen, von wo aus man mit einem Zug auf die Grundlinie setzen kann. Entsprechend einfach und intuitiv spielt sich Kamisado in den ersten Minuten einer Partie.

Das Vollstrecken von Bedrohungen ist dagegen erschreckend schwierig: Ich kann meinen Stein ja nur dann setzen, wenn mein Gegner auf ein Feld setzt, der das Setzen meines Steines ermöglicht. Das wird er nicht freiwillig tun, also muss ich ihn durch geschicktes Blockieren dazu zwingen. Und das geht nur indirekt, quasi durch die Brust ins Auge: Er muss einen Stein setzen müssen, der keine andere Option hat, als auf einem Feld zu enden, der mir das Setzen meines Bedrohungssteines erlaubt. Aber so eine Blockade muss ich mit den Steinen aufbauen, mit denen mein Gegner mich füttert. Daher ist die Spieltiefe auch so enorm und daher wird Kamisado mit jedem Zug etwas verkopfter und grüblerischer.

Im Grundspiel dauert eine Partie selten länger als 20 Minuten und das ist eine Länge wie ich sie mag, denn damit ist eine Partie herausfordernd ohne anstrengend zu werden. Wer es aber länger mag, dem steht quasi die hauseigene Erweiterung in Form von Drachensteinen gleich zur Verfügung. Wer jetzt einen Stein auf die andere Seite zieht, gewinnt lediglich einen Satz. Der entsprechende Stein wird zum Sumo aufgewertet und kann zwar nicht mehr so weit ziehen, dafür aber Steine vor sich wegstoßen, was wunderbar für Doppelzüge genutzt werden kann. Zudem gewinnt gleich 3 Sätze, wer mit dem Sumo die gegnerische Grundlinie erreicht. Wer Kamisado im Grundspiel schon mochte, der ist überrascht wie viel besser und vielschichtiger das Spiel dadurch noch mal wird. Wie gut diese Variante ist, erkennt man bereits daran, dass ein „Marathonspiel“ in den Regeln angeboten wird, dass mit 5 Stunden Spieldauer seinem Namen alle Ehre macht. Das Grundspiel alleine wird sich niemand über diese Spieldauer antun wollen (Sein Reiz liegt nicht zuletzt gerade in der Kürze), aber mit der Sumosteinregel fragt man sich im Laufe einer längeren Partie schon mal: Warum nicht?

Peer Sylvester
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