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Cluedo

Verlag: Parker / Hasbro
Autor: Anthony Pratt
Spieleranzahl: 3-6
Alter: ab 9 Jahre
Spieldauer: ca. 30-40 Minuten

Was geschah mit Graf Eutin? Keine Ahnung, denn in der neuesten Ausgabe von Cluedo wird er einfach totgeschwiegen. Naja, sein Mord liegt ja auch einige Jahrzehnte zurück…
Cluedo hat mittlerweile eine ganze Menge Reinkarnationen durchlebt (Bei Luding werden zur Zeit 20 Ausgaben gelistet, darunter auch einige Varianten wie Cluedo Video), doch in der neuesten Ausgabe geht es nicht mehr nur um graphische Veränderungen, sondern auch spielerisch haben sich ein paar Dinge geändert. In dieser Rezension gehe ich mal davon aus, dass der geneigte Leser irgendwann einmal Cluedo gespielt hat oder zumindest grob mit dem Spielverlauf vertraut ist. Was hat sich also geändert?

Nun, wie gesagt Graf Eutin ist lange verstorben, heute spielt das Geschehen vermutlich in den USA (der Ort wird in den Spielregeln nicht genannt), genauer gesagt in Hollywood und der Gastgeber ist tot und niemand kennt seinen Namen. Zumindest glaubt jeder, dass er tot ist, denn er ist auf seiner Party verschwunden. Auf die Idee, dass er nur bei seiner Geliebten untergetaucht ist, kommt niemand, denn alle wissen, dass er tot ist. Warum auch immer. Die Story wird durch das wiederholen nicht logischer, oder? Egal, jedenfalls können nur die Gäste in Betracht kommen. Und die sind größtenteils bereits bekannt – Zumindest dem Namen nach. Frau Weiß ist kein Kindermädchen mehr, sondern jetzt Schauspielerin. Ist auch mehr PC. Oberst von Gatow hat seine Militärkarriere zugunsten einer Fußball- (oder doch eher Football?) Karriere an den Nagel gehängt. Usw. Die verführerische Frau Mhing war den neuen Verantwortlichen anscheinend zu heiß, denn sie wurde vollständig ersetzt: Statt ihrer hat sich Gloria Roth in die Villa eingefunden (Vielleicht war Frau Mhing auch tatsächlich die Mörderin von Graf Eutin und sitzt nun hinter Gittern, wer weiß?). Wichtig sind die Lebensläufe ja nicht wirklich…Oder doch? Nun, eine Neuerung ist, dass jede Figur eine Spezialfähigkeit hat, die sie einmal pro Spiel nutzen kann. Und diese passt zum jeweiligen Charakter: So kann der Sportler besonders schnell vorankommen und Tom Grün kann dank Beziehungen einen Raum abfragen, in dem er nicht selbst steht. Eine schöne kleine Ergänzung, zumal ihr Einsatz überlegt sein will.

Das Anwesen von damals ist einer Luxusvilla gewichen, die vom Layout her aber identisch ist. Die Räume selbst haben lediglich ihren Namen gewechselt – und die Graphik auf den Spielkarten (mir persönlich haben die alten Fotos mit der Brille oder den Billardkugeln zwar besser gefallen, aber das rangiert wohl unter „Nostalgie“). Spielerisch bewegen sich die Charaktere etwas schneller über die Villa (ein Würfel statt zwei), ansonsten hat sich am grundsätzlichen aber wenig geändert.
Zwei Verbesserungen gibt es aber doch: Zum einen gibt es mehr Tatwaffen – genauer gesagt deren 9. Dadurch wird das Spiel etwas länger, aber dafür ist der Glücksfaktor kleiner geworden: Früher war es deutlich wichtiger Räume zu ziehen als irgendwas anderes, denn Räume konnte man nur abfragen, wenn man dorthin zog und zudem gab es mehr Räume als irgendetwas anderes. Durch die Waffenaufstockung muss man dort länger knobeln, um die Tatwaffe herauszufinden. In meinen Augen eine sinnvolle Verbesserung.
Zum anderen bekommt man jedes Mal wenn man irgendwo hingerufen wird eine Aktionskarte, die zusätzliche Züge oder andere Sonderoptionen verspricht. Man kann diese Karte auch bekommen, in dem man auf bestimmte Felder der Villa setzt (kommt kaum vor, denn man möchte ja in die Räume!) oder ein Fragezeichen würfelt. Auch dies ist eine sinnvolle Ergänzung. Zumal man sich so nicht ganz so als Spielball der Mitspieler fühlen muss, wenn man im Mittelpunkt der Ermittlungen steht.
Die Kehrseite der Medaille sind die Uhrkarten, die in den Stapel der Aktionskarten eingemischt sind. Die sollen vermutlich ein bisschen Spannung ins Spiel bringen und das Spiel beschleunigen, denn wer eine Uhrkarte zieht, legt diese aus. Wer die achte Uhrkarte zieht, stirbt und scheidet aus! Ohne eigenes Verschulden, einfach so! Besonders idiotische Gruppen könnten so komplett aussterben, aber so lange dauern bestenfalls Sechser-Partien und selbst da müssen die Spieler schon ernsthafte Aufmerksamkeitsdefizite haben, damit es soweit kommt. Das Ausscheiden lässt sich insofern verhindern, als dass man keine Karte ziehen MUSS, wenn man gerufen wird. Liegen also bereits sieben Uhrkarten aus, wird keiner mehr eine Karte wollen. Die achte Karte bekommt dann der Unglückliche, der ein Fragezeichen würfelt – PENG, Du bist tot! In meinen Augen eine überflüssige Regel, die für Frust sorgt, ohne ihren eigentlichen Zweck zu erfüllen. Zum Glück lassen sich die Uhrkarten vor Spielbeginn einfach aussortieren.

Tja und so laufen sie durch die Villa und irgendwann weiß dann jemand, wer wo was angestellt hat und dann geht’s ans Auflösen. Zumindest in meiner alten Cluedo-Ausgabe war das immer ein regeltechnischer Streitpunkt, denn es war nicht klar geregelt WANN man anklagen durfte (Ich hab extra noch mal nachgesehen): Nach seinem Zug? Anstelle seines Zuges? Immer?
In der Neuauflage ist dieser Fall klar: Man zieht ins zentral gelegene Schwimmbecken und wer dort ist, klagt an (Warum man im Schwimmbecken anklagt weiß kein Mensch. Vielleicht befindet sich dort das einzige Telefon? Warum ausgerechnet dort?). Das lässt sich ausgezeichnet zum bluffen nutzen: Nach einer erhaltenen Information „Aha!“ rufen und auf Richtung Schwimmbecken. Die Mitspieler denken sich jetzt „Ha! Der weiß etwas!“ Und bewegen sich ebenso dorthin, sind hoffentlich schneller und sagen (hoffentlich) was falsches an… Wer tatsächlich was weiß, muss sich weniger offensichtlich auf den Weg machen – wohl dem, der noch eine Spezialkarte hat, mit der er in einen beliebigen Raum setzen kann!
Ein schönes, klares Ende, das auch spielerisch nicht uninteressante Elemente ins Spiel bringt!

Insgesamt muss ich Parker/Hasbro ein Kompliment machen: Graphik, Story und Spielverlauf sind dem Zeitgeist angepasst, ohne dass der alte Kern verloren gegangen ist. Sicher, wer noch nie Cluedo mochte, wird auch das neue Cluedo nicht mögen. Wer aber Cluedo nicht kennt, oder es mag und nur lange nicht mehr gespielt hat, findet hier einen guten Grund, wieder mal eine Partie zu wagen!

Und noch etwas ist gelungen: Die Regel ist im Stile einer Boulevard-Zeitschrift aufgemacht und fügt sich somit schön in das atmosphärische Gesamtbild ein – Schöne Idee!

Peer Sylvester
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6 Kommentare

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  • Gibt es eigentlich bisher keine Cluedo-Variante, in der man, wenn man der Mörder ist, das auch tatsächlich spielen muss? Es wäre doch naheliegend, dass auf die Weise einer der Mitspieler eine komplett andere Strategie verfolgen muss, da sein Spielziel z.B. darin besteht, die Tatwaffe verschwinden zu lassen (alternativ: alle anderen umbringen, das hätte dann eher was von „Werwölfe“…).

  • Danke für den Link. Allerdings glaube ich, dass es in deiner Variante der Mörder etwas zu leicht hat.
    Warum nicht eine Deja Vu-Variante: man hat sein Gedächnis verloren – stellt man fest dass man der Mörder ist, lässt man die Tatwaffe verschwinden ;-)
    So mit bekanntem Mörder wirds sehr schwierig zu designen – asymmetrische Spielbedingungen, bei denen die Spieler nicht wissen wer wer ist, lassen sich oft nur mit viel Buchhalterei ohne Computerhilfe gestalten. Aber vielleicht gehts ja mit Computerhilfe?

  • „man hat sein Gedächnis verloren – stellt man fest dass man der Mörder ist, lässt man die Tatwaffe verschwinden ;-)“
    Das wäre wiederum zu schwierig für den Mörder; er hätte dieselben Bedingungen wie die anderen Spieler, dafür aber eine schwierigere Mission. Oder man lässt ihn einfach aussprechen: „Ich bin der Mörder und lasse nun die Tatwaffe verschwinden.“ Dann hat sich am Spielmechanismus jedoch überhaupt nichts verändert (die ‚Anklage‘ hätte bloß einen anderen Namen, wenn der Mörder sie ausspricht).
    Ich glaube, so leicht hätte der Mörder es nicht; das ist noch zu testen (hab ich noch nicht geschafft bisher, sobald ich Ergebniss habe, gebe ich die bekannt).
    Die Buchhalterei besteht m.E. nur darin, dass der Mörder die verdeckten Karten einsehen darf (der Spielleiter müsste sie ihm zeigen).

  • P.S.: Ich vermute, dass die Spannung darin bestehen wird, dass der Mörder immer schlechtere Chancen hat, je länger das Spiel andauert.