Aufreger der Woche war vermutlich die neue Edition der Amerikanischen Ausgabe von Quacksalber von Quedlingburg, deren Graphik, sagen wir mal, eher so semi-gut in Brettspielkreisen ankam. Bei den ganzen Beschwerden praktisch untergegangen ist das aus meiner Sicht eigentliche Problem des neuen Covers: Es nennt den Autoren (Wolfgang Warsch) nicht. Das ist übrigens kein Versehen: YMCK nennen die Autor:innen grundsätzlich nicht auf ihren Schachteln. In den USA fällt das vermutlich weniger auf, als hierzulande – schließlich nennen auch die großen Verlage wie Mattel oder Hasbro die Autor:innen nur in Ausnahmefällen.
Dass die Autor:innen auf den Spieleschachteln genannt werden, ist aber zumindest hierzulande mittlerweile Standard. Die Diskussion geht eher in die Richtung, wer noch auf der Schachtel erwähnt gehört – oder ob überhaupt jemand. Die SAZ hat sich z.B. vor einigen Wochen gegen Icons neben dem Autorennamen ausgesprochen, was (im Zeiten der Internationalisierung) vor allem bedeutet, dass eigentlich nur die spieleschaffende Person auf das Cover gehört – was für eine Interessenvertretung just dieser Personengruppe nicht überrascht. Nun ist das Problem solcher Diskussionen, dass schnell Gruppen (bewusst oder unbewusst) gegeneinander ausgespielt werden, die eigentlich in einem Boot sitzen sollten. Als Autor bin ich dabei natürlich ebenso wenig neutral, wie die SAZ, aber ich versuche einmal, ein paar Diskussionsansätze zu liefern:
Warum sollen eigentlich überhaupt irgendwelche Personen auf das Cover kommen? Eine triviale Frage, mit zwei Antworten: Erstens sollen die Personen natürlich für ihre Arbeit geehrt werden. Es wird das deutliche Zeichen gesetzt, dass eine oder mehrere Personen hinter dem Spiel stehen, dass hier eine kreative Arbeit vorliegt, die es ohne die Betreffenden nicht gäbe. Ein Name auf der Schachtel ist ein Zeichen der Wertschätzung. Ursprünglich war es auch wichtig, der Bevölkerung zu zeigen, dass auch Brettspiele von Personen “erdacht” werden und somit keine einfachen Produkte sind. Auch wenn dieser Aspekt mittlerweile vermutlich etwas in den Hintergrund gerutscht ist, so ist er doch immer noch gültig.
Gleichzeitig ist aber ein Name eben potentiell auch ein Aushängeschild für das Spiel. Auch wenn Autorennamen in der breiten Bevölkerung noch weitestgehend unbekannt sind, haben sie doch mittlerweile eine gewisse Bekanntheit bei der Zielgruppe, die tatsächlich Spiele kauft. Das ist kein Wiederspruch: Die Mehrheit der Deutschen kauft Bücher nicht nach Autor:innen. Aber, diejenigen, die regelmäßig Bücher kaufen, tun das sehr wohl. Und das ist der Teil des Marktes, der für die Verlage eben eine Rolle spielt. Die Ehrung durch den Namen zahlt sich für die Verlage also durchaus aus.
Der oder die Autor:in ist (von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen) die Person, ohne die es das jeweilige Spiel nicht gäbe. Daher ist die Nennung dieses Namens im Prinzip auch recht unstrittig: Wenn ein Name genannt werden soll, dann dieser! Dies ist die Person, die im Mittelpunkt der Spieleentwicklung steht.
Darüber hinaus gibt es aber natürlich noch potentiell viele andere Personen, die für den (Miss-)Erfolg eines Spieles verantworlich sind. Die graphischen Designer:innen und die Redaktion fallen einen als erstes ein. Mein Lost Expedition wäre ohne die tollen Zeichnungen von Garen Ewing sicherlich nicht so ein riesiger Erfolg geworden. Und Brian Boru wurde vom damaligen Redakteur Anthony Howgego erst in die Form gegossen, die es heute hat. Auf der anderen Seite kann man sagen: Beides sind keine Selbstgänger. Die Wichtigkeit von Redaktion und Illustration für ein Spiel ist doch sehr unterschiedlich – Ein Scout wird weniger von der Graphik profitiert haben, als das erwähnte Lost Expedition. Ein Civolution mehr von der Redaktionsarbeit als Scout. Für Kinderspiele sollte ein größerer Schwerpunkt auf die Produktseite (Graphiken, Teile) gelegt werden, bei einem komplexen Euro ist potentiell die Redaktionsarbeit wichtiger. Bei Storylastigen Spielen, hilft es wenn jemand eine gute Story geschrieben hat. IP-Spiele existieren nicht ohne die IP – diese ist daher in vielen ebenso essentiell für die Existenz des Spieles, wie der/die Autor:in. Man denke an die Säulen der Erde (und Nachfolger), bei denen Ken Follett prominenter auf der Schachtel steht, als die Autoren Rieneck/Stadler, was sicherlich auch wieder mit der Zugkräftigkeit des Namens zu tun hat. Und dann gibt es noch Spiele wie die von Restoration Games: Stark überarbeitete Titel, die von einem ganzen Team stammen, aber dabei auf einem Spiel von jemand anderen basieren. Welche Namen kommen alle auf die Schachtel? Selbst wenn man als Leitfrage “Wer ist für dieses Spiel wirklich essentiell gewesen?” gibt es da keine gute Antwort. Zumal es auch der Wettschätzung nicht zuträglich ist, wenn bei jedem Spiel diskutiert wird, wie wichtig die Graphik jetzt bei DIESEM Projekt war und ob die Redaktion hier nun überhaupt etwas zu tun hatte oder so. Ein Verlag kann eigentlich nicht für jedes Spiel neu bestimmen, wer hier jetzt genannt werden sollte.

Dabei ergibt sich aber ein anderes Problem: Nennt man mehr als nur die Autor:innen, woher weiß man, wer wer ist? Man könnte das -wie es oft auf der Rückseite geschieht- einfach im Volltext angeben, wer wer ist: Autorin, Illustrator, Redaktion…. Aber viel Text auf der Vorderseite wird eher als unästhetisch angesehen und zudem erschwert es die Lokalisation, da mehr Graphikelemente ausgetauscht werden müssen. Daher Icons. Icons lösen dieses Problem, aber schaffen ein neues: Sie sind nicht immer eindeutig. Für Außenstehende sogar eher selten, da nicht allen immer klar ist, welche Personen jetzt eigentlich für ein Spiel zuständig sind. Insbesondere bei kleinen

Spielen sind die Icons zudem oft nicht so ohne weiteres zu entziffern – man liest nur zwei, drei Namen und denkt im Zweifelsfall, dass die alle gleichberechtigt an dem Spiel gearbeitet haben. Wer wirklich wissen will, was (bzw wer) hinter den icons steckt, der kann sich das erschließen. Aber diese Zeit nehmen sich nicht alle.
Eine einfache Lösung gibt es nicht. Wir liegen allerdings auch gerade in einer Zeit wo sich a) noch kein Standard etabliert hat, so dass alle sofort wissen, was mit einem Icon X gemeint wäre aber b) schon mehr Leute hervorgehoben werden sollen als früher – aus beiden oben genannten Gründen. Auch Graphikerinnen wie Beth Sobel ziehen mittlerweile ihr Publikum, auch ein Redakteure wie Viktor Kobilke haben Ehrung verdient (und jeweils umgekehrt natürlich). Meine persönliche Lösung wäre im Moment: Der/die Autor:in unter- oder oberhalb des Titels zu nennen, so dass der Autorenname hervorgehoben ist. Illustration, Redaktion und andere wichtige Personen dann mit Icons etwas abgesetzt, z.B. am unteren Schachtelrand. Nicht um diese Personen abzuwerten, sondern um sie abzusetzen, um klar zu machen, dass es unterschiedliche Rollen gibt, von denen wir sprechen. Im Film werden immer die Geldgeber (“Produzenten”) als erstes genannt – das Äquivalent ist der Verlag, der sich auf Spielen meistens am prominentesten zu erkennen gibt. Dann in der Regel die Regie – hier wären es eben die AutorInnen – und anschließend die Schauspieler:innen, sortiert nach ihrer Filmrolle. Etwas ähnliches bekommt man auch bei Spielen hin, denke ich. Der Standard muss sich aber erst finden. Und dazu bedarf es einer Diskussion.
ciao
peer
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