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Kickstarter Preview: Space Kraken

Normalerweise mache ich keine Kickstarter-Previews- ich habe mit meinen eigenen Prototypen eigentlich genug zu tun, als dass ich noch andere unfertige Spiele testen müsste. Aber in diesem Fall habe ich mich gerne überreden lassen, denn zum einen galten beim Schreiben der Zeilen noch Kontaktbeschränkungen und so war ein Solospiel mal eine willkommene Abwechslung. Zum anderen klang das Spiel originell und sowas mag ich ja. Mittlerweile läuft die Kampagne: Hier kann man sie finden.

Space Kraken ist bezeichnet sich selbst als „Science Fiction Roguelike“ und um zu verstehen, wie dieses Spiel tickt, sei mir gestattet ein paar Zeilen darüber zu verlieren, was ein Roguelike eigentlich ist. Rougelikes (oder Rogue-likes) sind eine spezielle Untergruppe der Computerrollenspiele, die sich vor allem dadurch auszeichnen, dass die Spielenden eine einzelne Person durch zufällig erstellte Dungeons steigern, mit dem Primärziel zu überleben – klassischn Roguelikes zeichneten sich durch „Perma-Deaths“ aus, also war der Tod dauerhaft. Wer starb, musste mit einem neuen Charakter von vorne anfangen, Gespeichert wurde nur, wenn man unterbrechen wollte, ein Zurücksetzen war nicht möglich. Das ist deswegen auch wichtig, weil die Spiele immer recht schwierig waren, daher musste man vorsichtig vorgehen und seine Figur durch Gegenstände (z.T. auch durch klassisches „aufsteigen“) verbessern. Ein weiteres Charakteristikum der Roguelikes war, dass es eine Vielzahl von Gegnern gab, die z.T. unterschiedliche Taktiken bedingten. Auch Gegenstände gab es zuhauf, oft mit Eigenschaften, die erst entdeckt werden wollten. Als Resultat war gerade der Einstieg in ein Roguelike auch sehr vom Zufall abhängig: Wer etwa das Pech hatte in den ersten Leveln von Nethack nichts zu essen zu finden, verhungerte. Wer nur Gegenstände mit schlechten Eigenschaften fand hatte keine Chance etc. Nur wer einen guten Start hatte, konnte hoffen, sich in den Dungeons fest genug zu beißen, dass das Fernziel (meistens den letzten Level zu erreichen – oft durch magische Tricks – und den Endgegner dort zu besiegen) überhaupt in den Blick rückte. An dieser Stelle haben moderne Videospiele wie Diablo oder Hades angesetzt, oft durch das Einführen einer „richtiger“ Speicherfunktion, Beide Spiele stehen aber in einer klaren Roguelike Tradition.

Space Kraken nimmt nun erstaunlich viele Elemente dieser Tradition auf: So lässt es sich mit Perma-Death und ohne Speicherfunktion spielen, bietet aber auch andere Spielmodi an, allerdings zum Teil mit Punktabzug – die Existenz eines Highscores unterstreicht noch einmal die Verbindung zu Computerspielen. Vor allem aber ist die Spielphilosophie ganz offensichtlich an den Roguelikes orientiert: Der Kern des Spieles ist das Entdecken von zufälligen Orten, die starken Dungeon Charakter haben. Im Hintergrund läuft eine Story (eigentlich sogar vier Storystränge) mit. Spielerisch erkunden wir aber tatsächlich quasi Dungeons mit dem Ziel unsere Crew zu verbessern und unser Schiff mit Hilfe gefundenen Reichtürmern auszustatten. Dadurch können wir mehr erforschen uns die Storys weiter laufen lassen. Irgendwann sind wir kräftig genug um auf die gefährlicheren Ortschaften zu wechseln, schließlich dann irgendwann den Endgegner – den Space Kraken – zu stellen. Soweit habe ich es freilich noch nicht geschafft – zu den Gründen dafür gleich. Das Prinzip wie die Ortschaften erstellt werden ist wirklich gut, inbsbesondere mit der Linse der Roguelikes betrachtet, denn natürlich kann man auch hier Glück und Pech haben. Mein erster Ort hatte zum Beispiel keine Athmosphäre, was bedeutet, dass mein Sauerstoffvorrat erst einmal zu knapp für eine vollständige Erkundung war. Ich konnte quasi einen Fuß reinstecken udn hoffen, ein bisschen was an Geld herauszuziehen – mit der Option irgendwann wieder zu kommen, wenn ich besser ausgerüstet wäre. Gekämpft habe ich übrigens gegen Quallen. Auch das nur zur Verdeutlichung, dass Space Kraken auch den umfangreichen Monsterkatalog aus den Roguelikes übernimmt.

Wirklich gut gelungen ist auch die Methode, mit der die Story im Hintergrund weiterläuft und die kleinere Entscheidungen erlaubt, die dann mitgenommen werden. Der Motor ist eine Exeltabelle, die quasi das Paragraphensystem eines Choose-Yourt-Own-Adventurebook abdeckt aber etwas verschlüsselt, so dass man nicht so schnell merkt, welche Seiten man etwa schon hatte und welche nicht.

 

Nur falls jemand glaubt „Excel-Tabelle wäre übertrieben

An dieser Stelle halte ich also fest: Dem Autor ist es hier absolut gelungen die wesentlichen Elemente eines Roguelikes zu übertragen. Das bedeutet auch,  dass man grundsätzlich an der Struktur Entdecken-Kämpfen-Verbessern-Entdecken-Verbessern-Kämpfen-Verbessern-etc. gefallen finden muss und nicht eine durchgeskriptete Geschichte erwartet. Zeit benötogt man auch, denn so ein Durchspielen kostet (wie in Nethack & Co) Zeit-  auch mit Speicherfunktion dürfte ein einzelner Durchlauf viele Stunden in Anspruch nehmen und dank der zufälligen Struktur und des flexiblen Aufbaus (z.B. mit Crews, die unterscheidliche Schwerpunkte abdecken) hat man lange was zu tun. Was für ein Solospiel ja durchaus günstig ist.

Auch die Dungeons sind optisch an Roguelikes orientiert

Allerdings ist die Kehrseite des flexiblen Algorythmuses eine nicht unerhebliche Menge Admin; Vieles muss nachgehalten werden, insbesondere wenn man zwischendurch Pause macht (und in einem Video sprechen die Entwickler von einer Durchlaufzeit von 8-11 Stunden…). Aber auch sonst unterbrechen Würfel zur Bestimmung von Planeten oder Gegner immer mal wieder den Spielfluss. Das liegt nun einmal in der Natur der Sache und erinnert ein wenig an alte Solospiele von Games Workshop oder Avalon Hill. Wo ich aber den unfertigen Aspekt des Spieles am deutlichsten gespürt habe ist am Regelwerk. Es liest sich gut. In der Praxis habe ich aber schnell gemerkt, dass die Autoren sich so gut in ihrem Spielsystem auskennen, dass sie kein Gefühl dafür hatten, wo ein Neuling Probleme Verszändnischwierigkeiten entwickeln kann, ja eine Reihe von Informationen werden sogar vorrausgesetzt. Selbst der grundsätzliche Ablauf erschloss sich mir aus dem Regelheft nur bedingt- dass die Storylines erst einmal unabhängig von der Entdeckung laufen, war mir nicht klar; warum es sinn macht, einfach mal loszufliegen habe ich mir aus dem Genre abgeleitet, nicht aus den Spielregeln. Erst die (durchaus guten) Playthrough/Regelvideos des Verlages haben das Spiel für mich spielbar gemacht. Hier muss nachgebessert werden! Wobei sich ein Tutorial geradezu anbietet: Ein Schnellstart mit fixer Crew, fixen Storylines, und fixem Anfang, bis zum ersten Kampf im ersten Dungeon sollte ausreichen (Am besten mit einer Entscheidung im Storyteil, die ja sogar frei sein darf). Die einzelnen Elemente können so eingeführt wreden, ohne dass man durch „Hier gibt es viele Optionen für erfahrene Spieler!“ erschlagen wird – Ein Spiel wie Space Kraken möchte man ja möglichst schnell beginnen. Das war ja auch die Stärke der Roguelikes: Man wird die erste Partie nicht weit kommen, aber man lernt alles was man braucht, um es in Zukunft besser zu machen. Und das ist durchaus motivierend.

Nur damit nicht der Eindruck entsteht, das Buch bestünde aus Tabellen… Die Bilder sind wirklich gelungen!

Peer Sylvester
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