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Welcome to the Jungle!

Die sozialen Netzwerke wissen es natürlich schon: Demnächst (im Juni) erscheint mein drittes Spiel in Folge bei Osprey Games: The Lost Expedition.

The Lost Expedition ist mein erstes kooperatives Spiel – Ich arbeite hart daran, alle Genres abzudecken ;-) – für 1-5 Spieler. Ja, es gibt einen Solomodus!

Begonnen hat alles mit David Granns fantastischen Buch Die versunkene Stadt Z: Hier beschreibt Grann die Expedition von Percy Pawcett auf der Suche nach El Dorado, einer versunkenen Stadt im Dschungel, die er nur Z nannte. Zusammen mit seinem Sohn Jack und einem Freund seines Sohnes machte er sich auf in den Brazilianischen Regenwald und ward nicht mehr gesehen. Da Fawcett recht berühmt war, war das damals eine der größten Geschichten und inspirierte sowohl weitere Expeditionen als auch zahlreiche Bücher. Dabei ist es nicht nur die Geschichte, die fesselt, sondern auch Granns Erzählweise, die zudem mit eigenen Erfahrungen gewürzt ist und am Ende sogar einen kleinen „Plottwist“ enthält. Für mich ein perfektes Non-Fiction-Buch!

Schon beim Lesen dachte ich über eine spielerische Umsetzung der Expedition nach. Natürlich sollte es ein kooperatives Spiel werden und ich fand es auch wichtig, dass eine kleine Geschichte beim Spielen entsteht – die offensichtliche Lösung (haha) waren Karten mit Ereignissen, wobei jede Karte ein besonderes Ereignis sein sollte. Und die meisten Dinge sollten negativ sein, denn die Expedition von Fawcett war ja gescheitert! Als Motor befragte ich meine „Schnipselsammlung“, eine loose Sammlung aus „Ein-Satz-Ideen“. Ein Schnipsel war „kooperatives Spiel mit 6-nimmt-Mechanismus“ und „Fawcett“ (Arbeitstitel) war geboren! Idee war damals ursprünglich, dass jeder Karten offen vor sich liegen hatte und dann jeder gleichzeitig eine aussucht und die dann nummerisch geordnet werden. Aber es stellte sich bald heraus, dass es zu nervig war, sich alle Icons aller Spieler mit ihren Implikationen durchzusehen, also wurde das so geändert, dass man die Karten einfach nacheinander spielt und dann ordnet.

Das Problem an der Idee: Ich musste mit den Karten anfangen, bevor ich wusste, ob das Spiel überhaupt funktioniert! Das versuche ich eigentlich zu vermeiden, weil man dann gerne Stunden in den Sand setzt – ich versuche eigentlich immer zumindest grob mit improvisiertem Material zu arbeiten. Aber das ging hier nicht. Zudem sollten die Karten – wenn ich sie schon mache – auch schon einigermaßen thematisch und ansprechend sein (letzteres bedeutete „Google Bildersuche“). Also an die Arbeit! Eine Frage war noch zu klären: Was für Icons soll es denn überhaupt geben?

Natürlich „Gesundheit“, denn wenn einer der drei Abenteurer tot ist, ist er tot und wenn alle tot sind hat man verloren. Das Spiel soll ja thematisch sein, da ergibt sich das (und manch anderes) von selbst.

Dann Munition, wobei mir klar war, dass es vor allem darum geht Munition abgeben zu müssen – im Dschungel gibt es nur wenige Munitionsquellen – und dass Munition Sachen erlauben soll, die ohne nicht möglich sind.

Nahrung war auch klar, denn im Buch wurde deutlich darauf hingewiesen, dass Nahrung ein Hauptproblem im Dschungel ist. Auch klar: Wenn Nahrung abgegeben werden muss und es ist keine da, verliert man Gesundheit.

Dann erlauben nur etwa ein Drittel aller Karten das voranschreiten Richtung Ziel. Überleben reicht nicht, man muss auch seine Expedition nach Hause bringen (im aktuellen Spiel erreicht man El Dorado, weil das eine größere Motivation darstellt, als nur „rein in den Dschungel, raus in den Dschungel“)

Dann soll es noch Wahlmöglichkeiten geben (Entweder/Oder) und das erlaubt auch das direkte Töten eines Expeditionsmitgliedes, wenn alle Alternativen nicht funktionieren. Außerdem gibt es noch die Möglichkeit freiwillig etwas abzugeben, um etwas zu erreichen.

Auch die Kartenreihe darf manipuliert werden, damit man schlechte Karten auch loswerden kann: So darf man Karten übersprüngen, umlegen (sorgte erst für einige Unklarheiten, ist jetzt aber klar), die letzte Karte ablegen oder eine neue hinlegen.

Im Laufe der Kartenerstellung merkte ich, dass das noch nicht ausreicht, um tatsächlich unterschiedliche Karten zu gestalten, also führte ich noch drei „Expertisen“ ein, die auf Karten aufgedruckt sind und die man abgeben kann, wenn man sie hat (man behält einfach die Karte, wenn man sie bekommt und legt sie ab, wenn man sie nutzt).

Dann begann das Testspielen und nach der größeren Änderung des Nacheinanders waren es vor allem Details, die sich änderten. Hauptproblem war aber dass es zu leicht wird, wenn man nicht alle Handkarten spielt – aber wenn man alle spielt, dann kann man die Reihe nicht manipulieren, da die Karten ja numerisch geordnet werden! Die Lösung sind zwei Runden: Erst spielt jeder reihum Karten und die werden numerisch eingeordnet, dann wird ausgewertet und dann spielt man den Rest nacheinander und die Karten werden in der gespielten Reihenfolge abgelegt. Dadurch ist die (kritische) Kartenreihenfolge manipulierbar.

In Essen 2015 traf ich mich zum Essen mit den Ospreyleuten und ich brachte Fawcett mit. Während des Gesprächs erzählte ich von meinem Kartenspiel und mein Gegenüber unterbrach mich gleich: „Moment, Du redest von Fawcett, stimmt’s? Ich lese gerade ein Buch über den! Das Spiel ist schon gekauft!“ War zwar nur ein Scherz, aber tatsächlich gefiel ihnen das Spielprinzip sehr.

So sehr, dass sie viel Entwicklungsarbeit leisteten: Die Ikonographie wurde verbessert, die Karten wurden angepasst, so dass es nicht zu viele ähnliche Karten gab und es wurden explizite Soloregeln entwickelt. Außerdem hatten sie die Idee einer Version, bei der man gegeneinander spielt: Zwei Expeditionen mit zwei unterschiedlichen Kartenreihen. Ich entwickelte mit denen zusammen die Details und auch diese Version macht Spaß (funktioniert aber am besten zu zweit, so dass wir es als reine Zweiervariante ins Regelheft geschrieben haben – man kann die aber auch mit mehreren spielen).

Für die Graphik fragte der Redakteur bei mir einmal an: „Was hälst du von Tim&Struppi-ähnlichen Karten?“ und ich antwortete „Finde ich klasse! Bin Tim&Struppi-Fan!“ Es stellte sich heraus, dass die Karten von Garen Ewing, der Autor der Regenbogenorchideencomics gestaltet werden sollten – und die sehen wirklich fantatstisch aus (und sind auch schön groß):

Bei der Kartengestaltung habe ich übrigens enorm recherchiert: Was für Ereignisse können denn auftreten oder sind aufgetreten? OK; das wird der Name (und das Bild) der Karte. Was könnte das passieren? Und dann habe ich die Icons entsprechend ausgewählt. Gelegentlich musste man aus spieltechnischen Gründen auch mal eine logische Wahl weglassen oder das eine oder andere überinterpretieren, aber im großen und ganzen sollte die „Geschichte im Kopf“ passieren. Wichtig ist auch, dass alles tatsächlich im Regenwald vorkommt. Und das gilt auch für Eingeborenen; da es ja praktisch um eine Invasion in deren Gebiet ging, war es mir wichtig, dass sie wenigstens richtig repräsentiert werden. Alle Stämme im Spiel werden beim Namen genannt. Alle Stämme kommen auch im richtigen Gebiet vor (die dank Nehberg bekannten Yanomami sind ganz woanders und deswegen auch im Spiel nicht vertreten) – Keine Wakatankisierung in diesem Spiel!

Zu beziehen ist das Spiel u.a. über Amazon. Das Spiel selbst ist bis auf die (spielerisch nicht relevanten) Kartennamen sprachneutral. Es wird spätestens in Essen auch eine deutsche Regel zum Download geben, die Regel im Spiel ist englisch.

Ist noch irgendwas? Höchstens noch, dass ich wirklich sehr, sehr stolz auf dieses Spiel bin :-)

ciao

peer

 

P.S.: Links zu Amazon sind ab jetzt Amazon Partnerlinks. Weil ich es (jetzt) kann.

Peer Sylvester
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9 Kommentare

  • Hey, Peer,
    ist schon gekauft. Hehe.
    Nee, ohne Scherz, ich habe vor Jahren ein Spiel mit einem ähnlichen Szenario gemacht, und ich bin überaus gespannt, was du aus dem Thema gemacht hast.
    Viele Grüße
    Till

  • Hey, Peer,
    ach bestimmt gefällt es. Du machst doch tolle Spiele.
    Bist du in Göttingen? Wenn du magst, bringe ich meine „Versunkene Stadt“ mit.
    Dann können wir über Dschungel-Expeditionen debattieren.
    Viele Grüße
    Till

  • Hallo, Peer!
    Ich habe mir Dein Spiel gerade gekauft!
    Gibt es zwischenzeitlich schon eine deutsche Regel?
    Würde mich freuen,
    Gruss,
    Lars

  • Mmh, also die DEutsche Regel wird im Moment gelayoutet, definitiv (soweit man sowas sagen solte) in Essen, vermutlich vorher schon auf BGG oder bei Osprey Games. Ich sag dann nochmal bescheid :-)

  • Fein, das ist schön….. freue mich schon sehr auf das Spiel!
    Ich gucke dann mal bei BGG vorbei, vorab gibt es die Regel sicher nirgends, oder?
    Das Layout wäre mir jetzt nicht so wichtig, Hauptsache ich verstehe die Regeln richtig. ;-)
    Danke für die schnelle Antwort,
    Lars

  • Hallo Peer,

    vielen Dank für dieses tolle Spiel. Wir haben bereits mehrere Coop-Partien gespielt und immer wieder Spass aber während des Head-to-Head Duells hat sich doch eine Frage aufgetan.

    Laut Regelwerk muss man sich für ein rotes Aktivierungskästchen entscheiden und aktivieren. Sollte in einem Kästchen eine weisse Munition abgebildet sein und man besitzt keine zum ausspielen, dann darf man dieses Kästchen nicht auswählen bzw aktivieren.

    Aber wie verhält es sich mit Nahrung? Darf ich mich für ein Kästchen mit weisser Nahrung entscheiden und aktivieren, obwohl ich keine Nahrung zum ausgeben habe aber muss dafür Gesundheit opfern?

    Hintergrund ist, dass mein Gegner mich bei Karten-Nr. 13 dazu bringen wollte, mich für das Opfern von zwei Gesundheitsmarkern zu entscheiden, weil ich weder Munition noch Nahrung besessen habe. Nach dem Motto: Du hast eh keine Alternative zum wählen, wenn Du zwei von drei Boxen nicht aktivieren kannst! Ich bin aber der Meinung, dass ich mich trotzdem für das Nahrungsfeld entscheiden kann, auch wenn ich keine zum ausgeben besitze und dafür einfach einmal Gesundheit abgebe. Wie ist Deine Meinung dazu?

    Vielen Dank im Voraus

    • Schön, dass es gefällt!
      Man darf die Nahrung auswählen, denn immer wenn man Nahrung abgeben muss, die man nicht hat, verliert man eine Gesundheit. Munition darf man nicht auswählen, denn man kann ja ohne Munni nicht schießen. Aber ohne Nahgrung kann man hungern (=seiner Gesundheit schaden).