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Fusionsmasse bewegt sich

Ach, so viele Ideen für Blogeinträge! Manchmal weiß man nicht was man sich aus den Fingern saugen soll und manch anderes Mal könnte man drei Einträge verfassen! Aber ich kann den Elefanten nicht ignorieren und schreibe mal ein paar Gedanken über die Fusion von Heidelberger und Asmodee. Natürlich weiß ich auch nicht mehr als in der offiziellen Mitteilung steht und Ahnung habe ich auch keine – Ja, es lohnt sich immer die Spielbar zu lesen, um informiert zu bleiben – aber dennoch kann man ja spekulieren…

Zunächst einmal: Überraschend ist die Fusion nicht. „Damals“ als Fantasy Flight Games in Asmodee aufging, hieß es noch, dass die lokalen Partner (Heidelberger wurde explizit genannt) für die Lokalisierungen verantwortlich bleiben, weil die sich ja damit auskennen. Edge und Heidelberger sind nun beide auch bei Asmodee „angekommen“ – das war zu erwarten, macht es die Verwaltung doch deutlich leichter für Asmodee und das dürfte auch ein großer Grund für die Fusion gewesen sein. Ich denke auch nicht, dass Harald Bilz´Tod die Fusion erst ermöglicht hat, wie mancherorts spekuliert wird. Dagegen spricht die zeitgleiche Übernahme von Edge, die ebenfalls FFG-Spiele lokalisiert haben.

Interessanter ist die Frage nach dem Vertrieb, denn die Pressemitteilung  spricht nur von Spielen, die unter dem Logo des Bären erscheinen und FFG-Lokalisationen. Das ist nicht so trivial wie es klingt, denn Heidelberger hat den Vertrieb von vielen weiteren Nicht-Heidelberger-Spielen übernommen, u.a. von Alea. Es sind mehrere Szenarien denkbar:

  • Der Vertrieb ist/wurde vom Verlag abgekoppelt und läuft unabhängig von Asmodee weiter.
  • Der Vertrieb wurde ebenfalls von Asmodee übernommen, was in dem Sinne ungewöhnlich wäre, als dass Asmodee dann direkte Konkurrenz vertreibt
  • Der Vertrieb wird eingestellt und fällt an die entsprechenden Verlage zurück. Für Alea wäre das ärgerlich, aber keine große Sache, für kleinere Verlage eine mittlere Katastrophe. Ich kenne mich allerdings zu wenig in den Rechtsfragen aus, um beurteilen zu können, ob das nicht tatsächlich der Normalfall wäre oder ob die Verlage nicht zumindest einen neuen Vertrag unterschreiben können/dürfen oder ob die alten Verträge einfach übernommen werden können, wenn der Verlag fusioniert (Um eben den Fall zu vermeiden, dass man vom größten Konkurrenten vertrieben wird). Vielleicht schreibe ich aber auch Blödsinn (Bist du nicht froh, dass du Spielbar liest?)

Darüber hinaus erwarte ich erst einmal keine ganz großen Veränderungen: Asmodee hat sich zumindest bislang aus den Spieleentwicklungen herausgehalten. Die Verlag haben weiterhin das gemacht, was sie auch schon vorher gemacht haben, aber dank „Kernkonzern“ waren Lokalisierungen und Pressearbeit und Vertrieb in einer Hand. Das kann für einen Verlag schon recht vorteilhaft sein, nicht umsonst schließen sich ja oft auch mehrere kleinere Verlage zusammen, um Spiele in verschiedenen Sprachen herauszubringen. Die Spieleszene ist mittlerweile sehr  international und wer einigermaßen professionell mitspielen will, braucht eine ausländische Präsenz und die kostet. Hier liegt ganz klar der Vorteil einer Zusammenarbeit mit Asmodee. So sehr kritisch man Übernahmen und bilden von Monopolen und Marktführern auch gegenübersteht – Es gibt durchaus auch gute Gründe für diese Entwicklung und Vorteile für die beteiligten Verträge und damit übers Eck auch für die Spieler. Kritisch sind eher zwei Dinge: Die Preisentwicklung und die Möglichkeit eines Verkaufs von Asmodee. Beides hängt mit dem Geschäftsmodell des Mutterkonzernes zusammen; Der hat Asmodee aufgebaut, um Gewinn zu machen (es ist natürlich möglich, dass die Konzernschefs auch gerne Brettspiele spielen und deswegen nicht die ganz großen Gewinnmargen erreichen wollen, wie mit ihgren Hotelketten –  aber Gewinn muss dennoch sein. Altruhisten sind Konzerne eher selten) Die ganze Einkaufstour war eine Investition, deren Ausgaben auch wieder reinkommen müssen. Das macht sich bereits in der Preisgestaltung bemerkbar: In Essen war Zug um Zug Weltreise für 79€ zu haben. Wenn ich mich richtig erinnere, kostete FFGs Villen des Wahnsinns über 100€. Solche Preise sind erst ab einer gewissen Marktgröße sinnvoll realisierbar (Heisst: Dass die Spiele sich trotz Preisschild noch verkaufen). Hat Asmodee mit den Preissteigerungen Erfolg, werden Brettspiele teurer. Richtig ausweichen kann man Asmodee ja nicht.

Die andere Gefahr ist, dass Asmodee so attraktiv wird, dass die Marke mit allem drum und dran mit großem Gewinn verkauft werden kann. Denn ob ein Käufer Asmodees die beteiligten Verlage/Marken auch so unangetastet lässt ist zweifelhaft. Im Moment kämen eigentlich nur zwei Verlage für eine solche Übernahme in Frage: Hasbro und Mattel. Das Hasbro zugreift kann ich mir nicht denken. Dazu ist das Sortiment von Asmodee zu sehr auf Vielspieler ausgerichtet, ein Mark, den Hasbro eher stiefmütterlich behandelt. Hasbros Konzept waren bislang in erster Klassiker, die in verschiedenen Versionen auf den Markt kommen und Lizenzprodukte (auch Wizards of the Coast, die „Spielermarke“ arbeitet in erster Linie mit Lizenzen). Natürlich könnte man argumentieren, dass sich das Sortiment gerade auf diese Weise ergänzt, aber ich denke, dass wenn Hasbro größere Ambitionen auf dem Brettspielmarkt hätte, da bereits ganz anders herangegangen wäre. Ich sehe auch nicht, dass die Vertriebsstrukturen Asmodees für Hasbro so interessant wären, dass die deshalb Asmodee kaufen und die Marken dann abwickeln oder so.

Mattel dagegen wäre keine so große Überraschung. Mattel versucht in letzter Zeit immer wieder in den Brettspielmarkt einzudringen, bislang trotz Kinderspiel des Jahres mit eher mäßigem Erfolg. Auch wenn Mattel bislang auf „In-House“-Entwicklungen setzt, kann ich mir gut vorstellen, dass die Übernahme eines gemachten Tisches ein veritabler Weg für Mattel wäre, hier Marktsegmente zu bekommen – gerade auch weil die Asmodee-Produkte keine direkte Konkurrenz zu Hasbro darstellen. Ob Mattel dann alles so lassen würde wie es ist, steht in den Sternen. Und das ist alles so spekulativ, dass es müßig ist, darüber zu spekulieren.

Ich wage auch keine größeren Prognosen darüber, ob und wen Asmodee noch übernehmen könnte. Bislang hat sich Asmodee ja auf Französische und Amerikanische Verlage konzentriert (Heidelberger ja wohl eher wegen der Fantasy-Flight-Lokalisationen) und daher vermute ich, dass Deutsche Verlage erst einmal nicht auf dem Einkaufszettel stehen. Wenn ich raten müsste, wer noch übernommen wird, würde ich Iello und Rio Grande Games tippen. Aber das ist Bauchgefühl.

Wie eigentlich das meiste hier, aber Elefanten wollen bedient werden :-)

ciao

peer

 

Peer Sylvester
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2 Kommentare

  • Also Wizards of the Coast hat nur noch zwei Produkte: D&D und Magic. Beides sind eigene Produkte die nur nach außen lizensiert werden. Da wird also nicht nur nicht in erster Linie sondern in dem Sinne gar nicht mit Lizenzen gearbeitet. Es war mal anders, aber derzeit ist es so.

    Das Hasbro oder Mattel das kauft glaube ich schon deswegen nicht, weil das ja als die großen Wettbewerber ausgemacht wurden, auf deren Stufe man stehen will. Natürlich kann ich mich dennoch täuschen. Aber da gibt es noch einen dritten in der Größe der hier nicht erwähnt wurde: Spinmaster. Die haben mit Brettspielen bisher gar nichts zu tun, aber es würde ihr Portofolio sinnvoll erweitern und ihnen helfen Hasbro und Mattel zu überrunden.

    Was man aber den derzeitigen Eigentümern zu Gute halten sollte, ist die langfristige Planung. Sie sind noch gar nicht an dem Punkt das sie verkaufen. Sie sind noch am Aufbauen.

  • Ja, ich hatte die Start Trek spiele (wie Expeditions) im Kopf, aber die sind ja anscheinend nicht mehr im Programm… Und D&D ist ja auch keine Lizenz mehr… Danke für die Richtigstellung!