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Doch nicht so smart

Golem Arcana wird nicht weitergeführt. Golem wer? Wird mancher fragen und die Antwort ist: Ein Tabletop mit Appeinbindung. Statt langem Studieren von Listen oder gar memorisieren selbigen, hilft eine App alles Werte der Minauturen im Blick zu behalten.

Smart Play wird auch eingestellt. Das ist die Verbindung von Smart Phone mit Brettspiel von Ravensburger und zumindest hierzulande eine Meile bekannter, nicht zuletzte dank einer Neuauflage von King Arthur. Im Netz unkte man bereits, dass die Verbindung von App und Brettspiel vielleicht doch nicht so das Grüne sei. Mal sehen. Zunächst etwas Geschichte:

Die erste große Welle der Verknüpfung „Elektronik und Spiel“ war Ende der 70er/Anfang der 80er mit Spielen wie Atlantis-der Schwarze Turm, Heiße Spur, Senso/Simon und Galaxis. Spielerisch hatten die Spiele nicht so wahnnsing viel zu bieten und wurden bald von den gerade aufkommenden Videospielen überholt.

Ende der 80er kamen dann ein paar Spiele mit Videokassetten heraus, doch keines konnte sich so richtig durchsetzen – ähnlich wie sich bei den DVD-Spielen eigentlich nur Scene it zumindest kurzzeitig einigermaßen am Markt behaupten konnte. Offenbar wollen die meisten Menschen gar nicht auf den Fernseher schauen, wenn sie Brettspiele spielen.

Ravensburger versuchte es dann mit King Arthur, Die Insel und Wer Wars, drei Spielen, die ein Mikrochip einsetzten. Letzteres war als Kinderspiel recht erfolgreich, die anderen eher nicht, jedenfalls kamen keine weitere Erwachsenenspiele in der Reihe mehr heraus.

Die Probleme warum diese Spiele auf lange Sicht scheiterten sind vielfältig, gelten aber auch für die obengenannten. Als  Hauptgründe sehe ich:

Hohe Entwicklungs-, Produktions- und Laufende Kosten.: Elektronische Spiele sind in Produktion und Wartung deutlich aufwendiger als analoge Spiele. Selbst DVDs oder Videokassetten benötigten Schauspieler oder zumindest schicke Graphiken. Auch technisch muss alles auf dem laufenden Stand gehalten werden – schließlich wird ein Spiel mit digitalen Elementen zwangsläufig mit rein digitalen Spielen verglichen. Und das ist nicht gerade billig und diese Kosten müssen wieder reinkommen. Dazu muss ein Spiel schon recht erfolgreich am Markt sein und das auch über einen längeren Zeitraum. Das ist im engen Brettspielmarkt aber keine leichte Aufgabe – Leute kaufen immer noch Spiele, keine Konzepte. Die Smart Play – Spiele werden sich nicht schlecht verkauft haben, aber eben auch (nicht zuletzt wegen des Preises) nicht gut genug, um die höheren Kosten im Vergleich zum restlichen Sortiment zu rechtfertigen. Bei Golem Arcana sprechen die Entwickler ganz offen, dass die kontinuirliche Pflege der entscheidene Faktor ist. Golem Arcana ist letztlich auch noch ein Nischenprodukt: Tabletopspiele haben es (mit Ausnahme des Lizenzproduktes X-Wing) schwer jenseits der Games-Workshop-Kernzielgruppe größere Käuferschichten zu erfassen – Selbst der Marktführer ist mit seinem Mittelerde-Einstigesspiel gescheitert, aber auch Diskwars, Vortex oder das Plastikminiaturen-Tabletop Fantasy Warriors wurden vorzeitig eingestellt.

App und Spiel nicht aus einem Guß :  Bei vielen der genannten Spielen fragt man sich „Warum ein Brettspiel“? Vieles würde nämlich als reines Video- oder Computerspiel besser funktionieren. Bestes Beispiel aus der Smart Play – Reihe ist Yes or KNow: Das Spiel selbst ist nicht viel anders als das Playstation-Spiel Buzz it oder das alte PC-Quiz You dont know Jack. Nur dass der ganze Aufbau mit dem Smartphonehalter umständlicher ist und dass es dadurch gerne mal zu Erkennungsfehlern kommt. Ähnliches galt -wie erwähnt – für die Elektronikspiele Anfang der 80, die dann durch Videospiele mehr oder minder obsolet wurden. Umgekehrt musste sich so manches DVD-Spiel die  Frage gefallen lassen, welchen spielerischen Mehrwert die DVD jetzt genau brachte. Oft hätte ein Kartenstapel genau denselben Zweck erfüllt. Das Scene It sich einigermaßen am Markt behaupten konnte, lag eben durch den Mehrwert der Filmszenen, die anders nicht ins Spiel integriert werden konnten.

Spieler wollen beim Spielen nicht auf den Bildschirm gucken: Die Stärke der Brettspiele gegenüber Videospielen, die man zusammen an der Playstation spielt ist, dass man nicht über ein zwischengeschaltetes Medium miteinander kommunuzieren muss. Weniger gestelzt ausgedrückt: Man sieht sich beim Spielen dirket an, was tatsächlich persönlicher ist. Man hat mehr das Gefühl etwas zusammen zu machen. Und wenn man das will, dann möchte man eben nicht, dass alle zum Fernseher oder auf ihr Smartphone gucken. Das klingt komisch, ist aber der Grund warum viele Spiele in der Vergangenheit gescheitert sind – gerade die DVD-Fraktion. Die konkreten Beispiele Smart Play und Golem Arcana betrifft das aber nicht.

Oder doch? Zumindest bei Yes Or KNOw wurde fast jegliche Kommunikation am Tisch durch den Erzähler unterbunden. Das ist auch ein Problem, dass mich bei dem einen oder anderen Tip-Toi-Spiel stört. Man muss aufpassen, was der Erzähler von einem will und kann sich nicht auf das konzentrieren, auf das es beim Brettspielen ankommt: Die Mitspieler.

Ich glaube nicht, dass sich App und Brettspiel ausschließen. Es müssen nur einige Fehler vermieden werden: Insbesondere muss die App und das Spiel organisch entstehen; will sagen: Bei der Entwicklung des Spieles stellt sich heraus: Eine App erhöht den Spielspaß. So geschehen z.B. bei den Alchimisten, wo die App integraler Bestandteil des Spieles ist. Hier wurde nicht versucht, künstlich ein Hybdrid zu erzeugen. Das Spiel – und damit die Mitspieler – steht im Vordergrund. Ähnliches lässt sich über Photo Party oder über Bycatch sagen: Es sind waschechte, normale Spiele, für die man eben ein Smartphone benötigt und keinen Würfel. Und solche Appspiele wird es auch in Zukunft geben. Es gibt genügend Aufgaben, die eine App übernehmen kann, ohne zu stören.

ciao

peer

P.S. Ich wünsche Amigo viel Glück mit World of Yoho. Aber ich bin skeptisch, da es sich eben a) wieder um ein Tabletop handelt und ich b) von hier aus nicht sehe, warum man das Spiel nicht komplett virtuell spielt.

Peer Sylvester
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1 Kommentar

  • Es gibt da auch noch eine pädagogische Komponente bei Kinder-/Familienspielen: Die Käufer (v.a. Mütter, einige Väter) kaufen ja bewusst ein Brettspiel und kein Computerspiel, da wollen sie dann vermutlich auch komplett auf digitale Elemente verzichten.