spielbar.com

Gobale Intelligenz und andere Kurzgeschichten aus dem Reich der Spiele

Dieses Wochenende bin ich unterwegs, daher nur kurz ein paar Kommentare zu ein paar Spielerelevanten Meldungen.

Als erstes natürlich die Meldung, ein Großmufti in Saudi Arabien würde Schach verbieten. Ehrlich gesagt wundert mich es, dass das überhaupt eine Meldung ist. Saudi Arabien ist ein Land in der Menschenrechte nicht existieren, in der Hinrichtungen im Fernsehen gezeigt werden, in denen es für bereits kleinere Straftaten Prügel- und sogar die Todesstrafe drohen, in der Opposition und kritische Meinungsäußerung eben eine Straftat ist, in dem staatliche Zensur geübt wird, in dem Gleichberechtigung von Mann und Frau de facto (und de jure) nicht existiert. Ein Land dass sich weigert auch nur einen einzigen Flüchtling aufzunehmen und in dem vor kurzem ein DEutscher eine zweijährige Haftstrafe absitzen musste, weil er versehetlich die falsche öffentliche Toilettentür öffnete. Man sollte meinen es gibt genug Meldungen über das Land, die man bringen könnte. Mir zumindest ist es dann doch relativ egal, ob nun Schauch auch noch verboten ist oder nicht. Ich vermute die Meldung ist ein Zeichen dafür, dass sich ein hier in Deutschland aufgewachsener einfach nicht vorstellen kann, wie es in einem solchen Land zugeht (ich kann es zumindest nicht) und sich deshalb auf unwichtige Details konzentriert. Spiel Kim Jong Un Monopoly? Ist in Eritrea Tischtennis erlaubt? Das sind ehrlich gesag nicht die Fragen, die mich bewegen. Besonders ironisch: Schach ist aller Wahrscheinlichkeit gar nicht verboten, sondern wird vermutlich nur als kleineres Vergehen angesehen werden. Und dazu gehört auch Musik übrigens. Nur damit wir wissen, über was wir hier reden (Und noch eine Anmerkung: Leute die sich auf die Details der Details konzentrieren, machen sich darüber lustig/sind verwundert darüber, dass Schach als „Glücksspiel“ bezeichnet wird. Ich habe keine Ahnung, aber spekuliere mal wild: Das ist ein Übersetzungsproblem. M.W. wird Schach in Saudi-Arabien auch um Geld gespielt. Und darum geht es. Nur haben wir im Deutschen kein Wort für „Spiel dass man um Geld spiel“ außer „Glücksspiel“ und auch das englische „Gambling“ ist eher mit Glücksspiel kronotiert. Wie gesagt: Ohne es zu wissen, vermute ich hier den Grund.).

Nach diesem eher politischen Rant fällt es mir etwas schwer zum nächsten Thema überzugehen, aber so ist das halt:

Ein Go-Programm hat erstmals einen Großmeister besiegt. 2011 hatte ich bereits über die Fortschritte bei der KI im Go geschrieben und vorhergesagt, dass in 10 Jahren Großmeister im Go ebenso wenig Chancen gegen den Computer haben, wie es beim Schach bereits der Fall ist. Offenbar habe ich die Informatiker eher unter- als überschätzt. Jedenfalls basieren die neuen Go-Programme tatsächlich auf den Selbstlern-Prozess. Das Goprogramm spielt Millionen mal gegen sich selbst und gegen leicht modifizierte Versionen seiner selbst und merkt sich, was hinten rauskommt. Mit diesem Verfahren, einer Art statistischen Analyse, kann man wohl die meisten Spiele angehen. Allerdings ist sowas natürlich recht aufwendig und so werde ich wohl weiterhin mein El Grande-Programm am Computer besiegen…

Drittens weniger eine Meldung als ein Hinweis: Caltech bewarb ihre Veranstaltung One Entagled Evening (wo die Entdeckung der Quantumphysik gefeiert wird) mit einem Kurzfilm, in der Paul Rudd („Ant Man“) gegen Stephen Hawkins „Quantum Schach“ spielt. Keanu Reaves ist der Erzähler. Ja, die tauschen tatsächlich auf! Sehenswert! Und Quantum Schach gibt es tatsächlich.
Mehr wollte ich eigentlich nicht sagen ;-)

ciao
peer

Peer Sylvester
Letzte Artikel von Peer Sylvester (Alle anzeigen)

1 Kommentar

  • :| Besonders ironisch: Schach ist aller Wahrscheinlichkeit gar nicht verboten,
    :| sondern wird vermutlich nur als kleineres Vergehen angesehen werden.

    Vergehen sind auch gesetzlich verboten, sie werden nur nicht so hart bestraft wie Verbrechen (Mindeststrafe unter einem jahr gefängnis oder Geldstrafe). :)

    Die Problematik bei der Schach-Verbotsdiskussion ist vielschichtig; zum einen braucht es ein Verständnis der islamischen Rechtskultur (wobei sich Theorie und Wirklichkeit wie auch bei uns unterscheiden können); zum andern lässt sich die Frage, was man unter Schach und unter Glücksspiel versteht unterschiedlich beantworten:

    1. Es gibt – sogar in Saudi-Arabien – einen Unterschied zwischen gesetzlichen und religiösen Verboten. Der zitierte Großmufti interpretiert seiner Meinung nach bestehende religiöse Gesetze und fordert in manchen Fällen die Einführung staatlicher Gesetze. Diese Forderungen zeigen, dass auch in Saudi-Arabien religiöse Verbote nicht automatisch Gesetzeskraft haben. Es gibt ja auch eine Saudi Chess Association.

    2. Fatwas (‚Rechtsgutachten‘ bzw. verbindliche Äußerungen von religiösen Autoritäten) werden im Islam von religiösen Autoritäten erlassen. I.A. ist es Sache der Muslime zu entscheiden, welcher islamischen Autorität sie folgen wollen (im konkreten Fall kann das natürlich defacto ganz anders sein). Während einerseits ‚der Islam‘ Terror verbietet, enthalten manche Fatwas Aufforderungen dazu (Salman Rushdie). Und die haben in der Praxis stärkere Konsequenzen als bspw. Äußerungen des Papstes (welche für alle Katholiken in der Theorie verbindlich sind).

    3. Fatwas gründen sich auch auf Hadithen (überlieferte Regeln)

    4. Es gibt eine solche Regel, die das Schachspiel wörtlich verbietet. Sie stammt allerdings aus einer Zeit, als es beim Schach noch Würfel gab und zudem häufig um Geld gespielt wurde. Manche islamische Gelehrte sehen das Schachspiel trotz der Regeländerung weiterhin als verboten an, andere nicht.

    Siehe hierzu auch:

    http://www.shia-forum.de/index.php?/topic/67683-warum-ist-das-schachspiel-bei-einigen-erlaubt/

    Ähnliches gilt auch für das Kartenspielen:
    Bei manchen kommt es darauf an, ob Kartenspiel als Glückspiel betrachtet wird, bei anderen gilt es grundsätzlich als verboten.
    http://www.shia-forum.de/index.php?/topic/67691-ist-das-kartenspielen-erlaubt/

    5. Der Unterschied liegt auch in dem angenommenen Schaden, der durch das Spielen entstehen kann:

    a) Es lenkt vom Islam ab. Solche absoluten Spaßbremsen gibt es auch im Christentum (Zeugen Jehovas), aber auch ganz generell: Wenn man sich einer Sache verschreibt (einem Anliegen, einer Ideologie, einer Sportart, …) dann stört alles, was davon ablenkt.

    b) Glücksspiel um Geld bedroht Existenzen. Auch das gibt es bei uns. Es ist die Problematik, die wir mit Spielhallen haben. Lotto und Roulette sind als überwachtes Ventil erlaubt.

    c) Glücksspiel ohne Geldeinsatz mag den Charakter verderben oder aber auch im positiven Sinn schulen.

    d) Gleiches gilt fürs Rausschmeißen und andere ‚aggressive Handlungen‘.

    Ich denke, dass es sich um mehr oder weniger gut nachvollziehbare Gründe handelt oder zumindest ihr Sinn und Zweck diskutierenswert ist, wenngleich daraus resultierende absolute Verbote nicht meinem Menschenbild entsprechen – solange nicht Unefahrenheit und Schutzlosigkeit ausgenutzt wird, um Menschen zu übervorteilen.