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Verlagsvorstellung: Blast City Games

Wer hier regelmäßig liest, der kennt meine Vorliebe für ungewöhnliche Spiele. Der weiß auch, dass ich immer dafür plädiere, dass Spiele ihren Fokus erweitern müssen, wenn sie als Kunstform (und/oder als Kulturgut) ernst genommen werden wollen. Nun gibt es einen Autoren, der diese Idee umsetzt wie vermutlich kein Zweiter: Nate Hayden bringt seid einiger Zeit in seinem Eigenverlag Spiele heraus, die was Thema und Fokus betrifft ihresgleichen suchen. Beispiel gefällig? In After Pablo geht es um die Drogenkriege nach Pablo Escobars Tod. In The Mushroom Eaters essen die Spieler hallizinogene Drogen und versuchen so Spiritualität zu erreichen (im Spiel versteht sich. Ja, das war das Spielziel!), San Quentin Kings wurde schon als „Puerto Rico im Gefängnis“ beschrieben. In Psycho Raiders werden die Spieler von Psychopathen niedergemetztelt (bzw. versuchen das zu verhindern, wobei sich das Spiel wohl Mühe gibt, die Verzweiflung der Spieler gut umzusetzen). Und in Cave Evil spielen alle böse Nekromanten – und weil alle böse sind, spielen alle  mit schwarz. Leider habe ich die Spiele allesamt noch nicht gespielt (das wird sich ändern). Dafür aber mich mit ihrem Macher unterhalten!

(Kleine Anmerkung: Die Spiele sind diesseits des Atlantiks schwer zu bekommen. Einzige mir bekannte Quelle für das aktuelle Spiel, Mushroom Eaters, ist Boardgameguru in England, mit dem ich in der Vergangenheit sehr gute Erfahrungen gemacht habe. Für den Wechselkurs Pfund-Euro, kann der Gute allerdings nichts. )

Bitte stelle Dich kurz vor!
Hallo, Ich bin Nate und lebe in Denver, Colorado. Ich bin 2004 irgendwie in das Spiele erfinden hineingestolpert. Früher habe ich in Los Angeles im Bereich „Spezielle Make-Up-Effekte“ gearbeitet, aber in den 90er Jahren ist diese Branche fast komplett in den Computer-Bereich aufgegangen. Es war komisch mitanzusehen, wie eine ganze Industrie durch neue Technologie praktisch obsolet wurde. Es gibt diese Branche immer noch, aber auf sehr viel kleinerer Ebene. Diese neue Richtung gefiel mir nicht sonderlich und so bin ich 2000 zurück nach Colorad0 gezogen.
2004, kurz vor Weihnachten, suchte ich nach einem Geschenk für einen Freund und betrat einen Brettspielladen. Diese ganzen Spiele auf einen Haufen zu sehen, änderte mein Leben; Von diesem Tag an verstand ich Brettspiele als fantastisches Medium!
Brettspiele sprechen mich auf viel tieferer Ebene an als Rollenspiele oder Sammelkartenspiele. Es gibt eine soziale Komponente, die ganz besonders ist. Ich könnte unendlich viele Aspekte aufzählen, die Brettspiele besonders machen…
Mir macht es Spaß, Spiele zu basteln und richtig herzustellen. Ich mache nur kleine Stückzahlen, so dass das finanzielle Risiko, sollte ein Spiel floppen (was passieren kann) gering bleibt.
 
Deine Spiele haben doch sehr ungewöhnliche Themen – Wie kommst du auf die?
 Ich glaube nicht, dass die so ungewöhnlich sind. Sie sind es vielleicht im Brettspielbereich, aber in anderen Kontexten und Medien sind die durchaus einigermaßen üblich. Ich glaube Brettspielen hat ein unglaubliches erzählerisches, aufklärerisches und philosophisches Potential und ich versuche die Grenzen der Mediums auszuloten, um zu sehen, wie viel ich dort herausholen kann. Die meisten meiner Spiele sind vermutlich nur Experimente, genau das zu erreichen. Ich denke, die meisten meiner Spiele entstehen, weil ich eine Herausforderung darin sehe, sie zu machen. Ich sollte damit vielleicht lieber aufhören, denn ich bin nicht sicher, ob der Markt sich wirklich für Experimente und Herausforderungen interessiert, aber es macht einfach so viel Spaß!
Was hast Du für die Zukunft geplant?
Ich bin mir da selbst nie so 100% sicher, aber vermutlich sind als nächstes Fortsetzungen zu Cave Evil dran. Cave Evil habe ich mit einigen Freunden zusammen entwickelt und wir haben weitere Welten für das Spiel entdeckt. Sie erweitern nicht so sehr das Spielprinzip, als die Spielwelt. Ich bin ziemlich sicher, dass die als nächstes drankommen, aber man kann nie sicher sein, bis etwas tatsächlich gedruckt wird…
 
Du meinst, Du wärst nicht sicher, ob es einen Markt für Deine Spiele gibt – Hast Du mal über Crwodfundung nachgedacht?
 Interessanterweise war  zu unseren Anfangszeiten ein einfaches Preordersystem üblich, z.B. bei GMT, MMP oder Valley Games. Ich mochte das Prinzip. Wir haben für einige unserer Spiele mit Vorbestellungen gearbeitet und gute Erfahrungen gemacht. Was das übliche Crowdfundiung betrifft: Sie sind mit Sicherheit faszinierend zu beobachten und sie haben die Branche stark verändert. Das Spiele die 100,000$ – Marke auf Kickstarter sprengen ist großartig!
Als Kleinverlag hatten wir ein paar Mal die Wahl, ob wir Kickstarter oder das alte Preordersystem verwenden und haben uns für letzteres entschieden. In beiden Fällen ging es um so viel Geld, dass eine gescheiterte Kampagne viel Zeit verschwendet hätte. Eine Kickstarterkampagne ist eine gewichtige Sache und es kann Monate dauern, die anständig vorzubereiten. In beiden Fällen hatten wir nicht genug Material für Stretchgoals und Kampagnen laufen ohne die oft nicht gut. Ich denke, es wäre in beiden Fällen zu riskant gewesen, Monate auf eine Kampagne hinzuarbeiten, die dann womöglich  ihr Ziel verfehlt. Die Vorbestellungen für Mushroom Eaters gaben uns den Spielraum, unser Ziel zu verfehlen: Hätten wir das Ziel verfehlt, hätten wir zumindest genug Geld gehabt, um die Vorbestellungen zu bedienen.
Vielen Dank für das Interview!

Peer Sylvester
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