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Spieler vs. Autor

Gerade habe ich eine witzige Diskussion beim Computer-RPG-Addict gelesen. Es ging um das Spiel Moria, bei dem der Entwickler nicht wollte, dass es gelöst werden kann; Immer wenn seine Testspieler es irgendwie schafften, allen Wiedrigkeiten zum Trotz den Endgegner ausfinding zu machen und den zu besiegen, wurde das Spiel schwieriger gemacht. Zumindest die getestete Version wird damit vermutlich „ungewinnbar“ gewesen sein.

Solchen Denkweisen bin ich als alter Rollenspieler natürlich auch schon begegnet – insbesondere auf Cons treffe ich immer wieder auf Spieler die offensichtlich gewohnt sind, dass Spielleiter und Spieler Feinde sind (vielleicht trifft man diese Denke auch eher auf Cons, weil die entsprechenden Leute keine festen Runden haben?). Ich habe das nie verstanden, denn der Spielleiter (oder der Programmierer) kann ja immer einfachst alle umbringen. Oder um mal aus der SWAR1 zu zitieren: „Ihr seid in einem Raum. Irgendetwas explodiert. Ihr seid alle tot. Gib mir mal die Chips.“

Aber ich will jetzt gar nicht die Feinheiten dieser Philosophie diskutieren. Im Brettspielbereich stellt sich diese Frage sowieso nicht.

Oder?

Bei kooperativen Spielen ist die Frage nach dem Schwierigkeitsgrad tatsächlich wichtig. Setzt man den zu hoch an, werden die Spieler frustriert und fragen sich vielleicht, wie sie das Spiel überhaupt schaffen sollen. Ein Beispiel wäre Say Goodbye to the villains, dass man vermutlich studieren muss, um eine Chance zu haben. Am anderen Ende des Extrems liegt Star Trek Expeditions, bei dem die leichte Version als Einstieg empfohlen wurde. Die ist aber so kinderleicht, dass das Spiel in dieser Fassung kaum Spaß macht und sich damit auch nicht gerade für weitere Partien empfiehlt (dabei ist das Spiel durchaus gut). Die richtige Skalierung macht hier viel aus; nicvht umsonst bietet ein gutes kooperatives Spiel mehrere Schwierigkeitsgrade, so dass es sich jede Gruppe so schwer machen will, wie sie möchte.

Und dann gibt es noch Hanabi, bei dem man doch eher selten verliert und bei dem es primär um die Punkte geht. Das hat bei mir die Frage aufgeworfen: Vielleicht kann man doch ein Spiel machen, bei dem man nicht wirklich gewinnen kann, bei dem die Gruppe aber eine Punktzahl erreicht, so dass eine „Highscoreliste“ geführt werden kann. Könnte das funktionieren? Immerhin funktionieren die alten Spielhallenspiele auch so. Andererseits ist mir kein Spiel bekannt, dass einen solchen Mechanismus benutzt. Größtes Problem dürfte sein, die Spieler zu motivieren einen verlorenen Kampf zu führen – wer spielt schon gerne, wenn er weiß, dass er nicht gewinnen kann? Die Motivation kann nur über die Geschichte oder Zwischenherausforderungen kommen – so eine Art : „Wie viele Level schaffen wir heute?“

Könnte das funktionieren?

ciao

peer

Peer Sylvester
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5 Kommentare

  • Bei Hanabi ist es ja eindeutig möglich, die volle Punktzahl zu erreichen. Das ist ein großer Unterschied gegenüber „nicht gewinnen können“. Die Frage ist ja, was man als „gewinnen“ bezeichnet. Je nach thematischer Grundlage können auch aussichtslose Kämpfe im Sinne von „Sieg erringen“ innerhalb des Spielsystems eben so definiert werden, dass beide Seiten das SPIEL gewinnen können. Das ist nicht nur bei kooperatven Spielen so, sondern auch bei vielen Szenarien im Wargame-Bereich oder Schnittstellen zum „Eurogame“ wie „2 de Mayo“ oder „Stronghold“. Bei „2 de Mayo“ wird die Eroberung Madrids durch Napoleonische Truppen in einem kurzen 2-Personen-Spiel thematisert. Historisch korrekt haben die Einwohner Madrids keine wirkliche Chance, die Französischen Soldaten zu „besiegen“, aber wenn der Spieler der Franzosen nicht den gleichen vernichtenden Sieg wie in der Historie hinbekommt (u.a. mit der Vernichtung ALLER spanischen Einheiten), gewinnt automatisch der Spieler der Madrilenos! Bei „Stronghold“ geht es dagegen vornehmlich um die Ruhmespunkte – das Spiel endet fast immer mit der Eroberung der Burg.

    Ich finde solche alternativen Szenarien ausgesprochen spannend, weil es schlicht unsere Welt besser repräsentiert. Nicht einfach „Der Erste“ sein, sondern differenzierte Siegbedingungen erfüllen – against all odds.

    Ein kooperatives Spiel, dass den Sieg gegen das Spielsystem ausschließt, wird vermutlich „Pandemic: Legacy“ sein. Zwischen 12 und 24 Partien werden gespielt – ob danach die Welt wirklich virenfrei ist, wage ich zu bezweifeln, schließlich heißt es im Untertitel „Season 1“. Wie Asterix gegen die Römer geht es nicht um den endgültigen Sieg, sondern die Eindämmung, den Widerstand gegen eine Übermacht.

    Und ganz ehrlich: Ich habe noch niemanden kennengelernt, der eine Partie des „Spiel des Jahres“ 1985 gewonnen hätte – nach meiner Erinnerung muss man dazu den Fall ebenso schnell lösen wie Sherlock Holmes. Aber darin bestand nicht der Spielspaß. ;-)

  • Du hast recht, es hängt natürlich viel auch von der Definition von „nicht gewinnen“ ab – deine Beispiele sind da schon sehr treffend (Material World war da ein interessantes Beispiel, weil die Siegbedingung im Prinip von der Mächtigkeit des Reiches abhing).

    Ich dachte mehr so an: Es kommen immer weitere Herausforderungen auf den Spieler zu, es wird also immer schwerer, ohne dass das Spiel irgendwann geschafft wäre. Die Herausforderung ist dann natürlich, dass das nicht langweilig wird (weil immer dasselbe passiert) und das die Spieldauer nicht ausufert – das Legacysystem ist da vermutlich tatsächlich eine schöne Möglichkeit.

    Bei Sherlock Holmes war es IIRC zumindest in der Urausgabe nicht nötig Sherlock Holmes zu schlagen – ich glaube der war eher so der „kürzestmögliche Weg“ und es ging prinzipiell um das Lösen des Falles und um das Beantworten der Zusatzfragen.

  • Also, so etwas gibt es doch schon: Die Solitär-Varianten der Rosenbergs (Agricola, Le Havre, Ora & Labora, usw…) – da geht es nur um Punkte-Maximierung. Wirklich „Gewinnen“ kann man nicht…

  • Also Punkte erringen wie bei Hannibal konnte man schon über 10 Jahre vorher bei Herr der Ringe von Knizia bei Kosmos. Geschafft haben wir das vielleicht in einer von 8 Partien, aber es gab halt eine Zahl bis wie weit man gekommen ist und ein Zettel lag auch in der Schachtel um das festzuhalten.

    Ansonsten hat Tom recht, dass alle Solovarianten bei den Rosenberg-Spielen eine Art Rangliste haben. Und die kann man alle auch kooperativ zusammenspielen mit nur einem Spieler im Spiel. :)