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Strategische Überlegungen

„Hungerstrategie“, „Kranstrategie“, „Lokstrategie“, „Goldstrategie“… Im Forum und andereswo gibt es immer viel Diskussionsbedarf über die diversen Strategien. Welche ist besser? Wie kann man eine bestimmte Strategie schlagen? Ist eine bestimmte Strategie überhaupt schlagbar?

Wenn man ein komplexes Spiel entwickelt, stellt man sich ganz ähnliche Fragen: Welche Strategien kann es überhaupt grundsätzlich geben? Sollen Extremstrategien möglich sein oder sollte man den Spieler besser dazu zwingen, dass er alles irgendwie machen muss und lediglich Schwerpunkte setzen kann? Und natürlich auch hier: Gibt es eine unschlagbare Strategie? Denn das wäre fatal. Das Problem ist natürlich beim Testen zu unterscheiden: Hat der Spieler mit der Strategie gewonnen oder hat lediglich die Strategie gewonnen? Das zu unterscheiden ist nicht einfach und im Zweifelsfall nur mit einer genauen Spielanalyse möglich: Hat der Gegner Fehler gemacht? Hätte er mit einer anderen Herangehensweise gewinnen können? War der Spielverlauf vielleicht untypisch, die Zufallselemente dem Spieler wohl gesonnen? Da „normale Spieler“ diese Punkte in einer Retro-Analyse oft nicht genug berücksichtigen (können), heißt es schnell mal: „Die Xy-Strategie ist unschlagbar“. Nicht berücksichtigt werden dabei oft trickreiche Züge, die eine bestimmte Strategie aushebeln, aber viellicht nicht auf den ersten Blick sichtbar sind. Dominion ist ein schönes Beispiel: Die Goldstrategie scheint für Anfänger unschlagbar – dass der Trick hier ist, sich (beim Basisset) eher auf wenige Karten zu spezialisieren, als immer alles zu kaufen, was so möglich ist, wird gerne übersehen.

Ein zweiter Punkt ist die Vielzahl der möglichen Strategien. Generell könnte man sagen: Je mehr Strategien, desto besser. Doch so einfach ist es nicht. Die Vielzahl möglicher Strategien hängt nämlich auch von der Interaktion des Spieles ab. Um eine bestimmte Strategie fahren zu können, muss ich ja einigermaßen in Ruhe werkeln können. Ein Beispiel: Hat Schach irgendwelche Strategien? Man kann offensiv und defensiv spielen, aber darüber hinaus? Kaum, denn die Spielweise hängt stark davon ab, was der Mitspieler zulässt. Wie sieht es bei Skat aus? Poker? Backgammon? Auch bei neuen Klassikern wie Euphrat & Tigris täte ich mich schwer, gezielte Strategien zu beschreiben. Je weniger die Spielweise des einen von der Spielweise der  anderen (oder von Zufallsfaktoren wie Karten oder Würfeln) abhängt, desto mehr grundsätzliche Herangehensweisen kann es geben. Nicht umsonst stammen die oben genannten Beispiele aus Spielen mit eher indirekter Interaktion. Fällt ein Spiel in diese Kategorie, dann gilt, dass der Wiederspielreiz u.a. von der Anzahl der möglichen Strategien abhängt (wenn ich immer ungefähr dasselbe mache, habe ich schnell alles gesehen). Wenn nicht, bleibt die Frage, wie gut ich auf die interaktiven Elemente reagieren kann. Aber das lässt sich so allgemein kaum abhandeln…

ciao

peer

 

Peer Sylvester
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