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Brettspiele und Medien

Der Spiegel berichtete letzte Woche unter der Überschrift „Spielen macht Klug“ über Computerspiele. So mancher hob den Am und rief: „Was ist mit Brettspielen? Wir machen auch klug! Wir machen auch Spaß! Berichtet über uns! Warum berichtet niemand über uns?“.

Wer sich berichtstechnisch benachteiligt fühlt, vernachlässigt zwei Punkte:
Zum einen hat die Videospielwelt auf den Artikel nicht unbedingt mit uneingeschränktem Beifall reagiert. Eher im Gegenteil: Kritisiert wurde, dass alte Klischees neu verpackt worden (statt „Böser Killerspiele“ gibt es jetzt auch (!) nette Spiele) und dass die angebliche Trendwende und die angeblichen Erkenntnisse über Computerspielen so neu nicht sind (z.B. hier oder pointentiert auch hier) – eher die Wahrnehmung der Redakteure. Bei den Brettspielen gibt es aber nicht nur keine Trendwende, sondern auch die Vorurteile (von denen es eigentlich nur eines gibt: „Brettspiele sind was für Kinder“) wurden in der Vergangenheit niemals so deutlich kommuniziert, dass man jetzt davon abkommen müsste. Brettspiele wurden und waren nicht berichtenswert.

Und damit sind wir bei bei Punkt zwei: Es fehlt irgendwo der Grund über Brettspiele zu berichten. Es gibt den gelegentlichen Arbeitsbericht eines Spieleautoren  oder die „Welche Spiele kann man zu Weihnachten verkaufen“-Features im Dezember, aber sonst herrscht Ebbe. Aber wieso auch? Über was genau sollte ein Magazin wie der Spiegel berichten? Das Spiele Spaß machen? Das gilt (für die jeweilige Zielgruppe) auch für angeln, Motorradfahren oder Faustball (immersind wir da mehrfacher Weltmeister!), ohne dass über diese Hobbys regelmäßig berichtet werden würde (oder dass neues Equipment Testberichte in Tageszeitungen bekäme). Sehen wir es auch der Sicht der Redaktionen: Es gibt zu viele potentielle Hobbys, als dass man über die alle berichten könnte. Also muss eine Auswahl her. Und da ist das Kriterium ganz einfach Masse. Die Anzahl derjenigen, die sich für Computerspiele (oder Bücher oder Filme oder CDs) interessieren liegt einige Größenordnungen über der von Spieleinteressierten. Daher ist die Vorzugsbehandlung der virtuellen Spiele zumindest nachvollziehbar.

Computerspiele werden zunehmens auch vom Kulturaspekt her beleuchtet (Die Zeit berichtet regelmäßig über Indy-Spiele und beleuchtet oft auch die künstlerische Seite). Das von dieser Warte heraus nicht auch über Brettspiele berichtet wird, ist allerdings auch nicht die Schuld der Medien oder einen „fehlenden Lobby“, sondern schlicht die Schuld der Brettspielszene – der Autoren, der Verlage und der Spieler. Mal ehrlich: Was ist an der Majorität der Brettspiele berichtenswert? Wir spielen Spiele mit austauschbaren Themen, die in vielen Fällen extra so ausgewählt wurden, dass sie das Spielerlebnis möglichst wenig  beeinflussen. Wann hat mich zum letzten Mal ein Brettspiel zum Weinen gebracht? Zum Nachdenken angeregt? Ich kann mich nicht erinnern. Das ist auch OK. Brettspiele sollen in erster Linie unterhalten, Leute zusammenbringen und den Spielern Spaß machen. Und das tun sie. Das ist aber wenig berichtenswert (siehe auch: Andere Hobbys). Damit sich die Medien mit Brettspielen auseinandersetzen, müssen diese auch mehr Angriffsfläche bieten. Sie müssen aus ihrer „Comfort-zone“ herausbrechen, wie es im englischen heißt. Beispiel: Volko Ruhnkes COIN-Serie über asymmetrische Kämpfe aktueller Konflikte ist sicherlich nicht das, was die Mehrheit der Vielspieler spielen möchte (zu lang und zu kompliziert für die meisten Runden), aber die Washington Post beschäftigt sich damit. Weil sie es kann –  Weil es etwas zum Beschäftigen gibt. Aber: Wollen wir das überhaupt? Sind wir nicht sehr zufrieden, mit „unseren“ Spielen? Wollen wir Spiele, die uns statt reinem Spaß vielleicht unbequeme Fragen bescheren, die uns unangenehm sind? Die Vielspielerspiele vielleicht wieder mehr in Richtung Nische und weniger in Richtung Mainstream bewegen? Wenn nicht, sollten wir uns nicht über mangelnde Aufmerksamkeit beschweren.

ciao

peer

P.S. Ich sage NICHT, dass Brettspiele kein Kulturgut darstellen. Aber sie stehen imho eher auf der Stufe eines Tatortes, als auf der von Breaking Bad

Peer Sylvester
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31 Kommentare

  • Lieber Peer, zumindest der Tatort–Vergleich hinkt insofern, als dass Tatort-Rezensionen jede Woche in den Medien zu finden sind. Wenn wir da hinkommen, wären wir sehr weit gekommen.

  • Das aber liegt eher an der Verbreitung des Tatorts. Immerhin wurde auch über eine angebliche Regeländerung bei Monopoly berichtet – oder über Schach.
    Was ich meine ist: Entweder müssen Brettspiele so verbreitetr sein wie der Tatort oder so „kulturell wertvoll“, um die mangelnde Verbreitung ausgleichen zu können.

  • Sehr schön erkannt und begründet. Es gibt allerdings noch eine dritte Kategorie von Spielen, die recht häufig in den Medien auftauchen: „Azubis/Kinder haben ein Spiel mit regionalem Bezug entworfen“, meist leider schlimme Roll-and-Move- und Frage-Spiele, was nicht gerade hilft, Spiele als etwas Interessantes darzustellen.

    Brettspiel-Artikel in Medien zu platzieren, ist tatsächlich unglaublich schwierig. Man benötigt immer einen Anknüpfungspunkt, der nichts mit der Szene an sich zu tun hat. Ist leider so, und geht anderen Hobbys auch nicht anders.

    Es sieht so aus, als würden Zeitungen eigentlich nur dann regelmäßig über Spiele berichten, wenn einer der Redakteure selbst Spieler ist und so alle paar Wochen etwas Platz für sein Hobby zur Verfügung gestellt bekommt.

  • Hallo Peer,

    >> Und damit sind wir bei Punkt zwei: Es fehlt irgendwo der Grund über Brettspiele zu berichten.

    Ist das so?
    Neben 40 Spieleempfehlungen in Familienmagazinen wurden von mir (ehrenamtlich) knapp 50 Artikel über Brettspiel-Aktionen in der Tageszeitung, Wochenblätter und Monatsmagazinen nur im letzten Jahr veröffentlicht.

    Pressemappe der Aiblinger Zockerbande:
    https://www.facebook.com/media/set/?set=a.371345866271834.85142.225097240896698&type=1&l=25046a8487

    Und habe nicht den Eindruck, dass es die Redaktionen leid sind, über meine Aktionen zu berichten. Der Punkt ist, dass man Betroffenheit bewirkt. Wer an dem Empfänger vorbeisendet, soll es nicht wundern, auf kein Gehör zu stoßen.

    Wenn sich die Spielkultur-Artikel also nicht allein um das Objekt Brettspiel dreht, sondern das aufgreift, was den Leser persönlich bewegt, kann auch einem Spiegel sicher eine Veröffentlichung öfters untergejubelt werden. Es reicht ja, wenn das Brettspiel im Kontext steht – um wahrgenommen zu werden. (z.B. Manager lernen mit Brettspielen Strategie zu entwickeln)

    Liebe Grüße
    Nils

  • Hallo Nils, schöne Aktionen von euch und eurer Gruppe. Hier ist der Anknüpfungspunkt wohl „Neues aus der Region“, ist ja völlig legitim. Jetzt müsste man das Ganze nur noch irgendwie nationaler aufziehen und es SPON regelmäßig unterjubeln;-)

  • Ja sehr schön! Und warum klappt es? Weil es aus der Szene heraus kommt :-)
    Was mich eigentlich zu diesem (natürlich etwas provokanten) Artikel bewogen hat, war die Passivität, dieses „Warum berichten DIE nicht über UNS?“

  • Hallo Peer, ja schon, es kommt aus der Szene heraus, die Erklärung ist aber etwas zu einfach, da es in der Szene ja doch eine ganze Reihe an freien und recht gut ausgebildeten Journalisten gibt, die ständig Ideen an Redaktionen herantragen, ohne allerdings überragend viel zu erreichen.
    Sieht man sich die Tric Trac Kommentare an, findet man mindestens fünf Journalisten (die regelmäßig über anderes berichten, also ihr Handwerk durchaus beherrschen), die alle anmerken, dass sie bei den Redaktionen mit ihren Ideen viel zu häufig auf Granit beißen.
    Wie gesagt, du hast das ja schon beschrieben, evtl. muss man sich eingestehen, dass das eigene Hobby für Außenstehende vielleicht doch nicht so interessant ist, wie man immer denkt ;-)
    Artikel zumindest regional unterzubringen, ist auf jeden Fall schon einmal viel besser, als nichts übers Hobby zu lesen!

  • >> Hier ist der Anknüpfungspunkt wohl “Neues aus der Region”, ist ja völlig legitim.

    Jein :c)

    Es ist auch immer ein aktueller Bezug, um Interesse zu wecken.
    Januar – Fernweh für warme Gefilde
    Juli – Urlaubsaufbruch
    Oktober – Erntedank

    Das Thema ist auf der Veranstaltung völlig belanglos und uninteressant. Aber es ist der Aufhänger, dass der Artikel veröffentlicht wird.

    Aber auch auf Regionalität lasst sich setzen.

    Der Artikel über alea-Redakteur Stefan Brück im Freizeitmagazin himmeblau kam nur zustande, weil es einen regionalen Bezug hat. (andere Themenvorschläge kamen nicht zum Zug)
    http://www.himmeblau.de/alea-iacta-est.html
    (Nicht aus meiner Feder – habe es nur auf den Weg gebracht und einen Fragenkatalog für den Interviewer erstellt.)

    Ich hätte gerne zu meinen Autorengast-Aktionen die vorliegenden Interviews veröffentlicht. Es ist mir bisher immer verwehrt geblieben, weil selbst München nicht ausreichend regional ist (und mein Themenschwerpunkt der Aktion dem Leser sonst wo vorbei geht).
    Dem komme ich aber nun hoffentlich im Mai bei, wenn sich die Aktion um das Aiblinger Autorenpaar Stine & Kis dreht.
    http://stine-kis.over-blog.de/

  • Ja, da hast du recht – Journalist allein reicht nicht. Lokalität ist ein Faktor. Für große überspannende Zeitungen muss es aber mehr sein. Immerhin wird mittlerweile (kurz) über das SdJ berichtet (obwohl wir da in Konkurrenz zum Baum des Jahres oder Vogel des Jahres oder Kalenderblatt des Jahres oder so stehen). Selbst zur Spiel wird eher lokal berichtet (aber auch das ist normal – Hier in Berlin lese ich nix über die Hanseboot – es gibt zu viele Messen…).
    Ich glaube aber, dass eine gute Spielerische Verabeitung z.B. des RAF-Terrorismuses oder (vielleicht Eurogame-passender) des Aufbaus Ost durchaus Chancen hat, auch von größeren Publikationen aufgegriffen zu werden. Das sind Themen, über die man auch berichten kann.

  • >> Jetzt müsste man das Ganze nur noch irgendwie nationaler aufziehen und es SPON regelmäßig unterjubeln ;-)

    Sehe ich nicht als meine Aufgabe. Mir geht es um die Popularität meiner Brettspielgruppe – da macht es nur Sinn, regional aktiv zu werden.

    Inhalte gäbe es schon:

    – Aktionen wie Stadt-Land-Spiel
    – überregional agierende Verein wie Ali Baba
    – Deutsches Spielemuseum Nürnberg

    Aber damit sollen sich Journalisten ihr Brot verdienen. ;-)

    Peer mag ich noch in sofern Recht geben, dass ich es vermeide über das Spiel / die Partie zu schreiben. Für Unbeteiligte sicher uninteressant zu lesen.

    Selbst in einer Spieleempfehlung schreibe ich möglichst wenig über das Spiel. Was der zugestandenen Zeichenanzahl geschuldet ist und nur das Wichtigste zulässt – die Empfindungen während der Partie nachvollziehbar zu machen.

    Liebe Grüße
    Nils

  • at Nils Kruse
    Ich mag diesen Betroffenheitsjournalismus nicht, es entmündigt die Leser. Ein Thema, wo der Leser nicht sofort merkt, dass es ihn selbst betrifft, muss deswegen ein unwichtiges Thema sein. Bei einer Buchrezension geht es ja auch nicht um das Leben der Leser.
    Was eignet sich für eine Spielrezension? Etwas, was sehr populär ist. Etwas, was die bekannten Muster im Spiel infrage stellt. Etwas, was sich philosophisch mit der Welt auseinandersetzt.

  • >> Ich mag diesen Betroffenheitsjournalismus nicht, es entmündigt die Leser.

    Und ich dachte, etwas zu lesen beruht auf Freiwilligkeit. Ich vermute mal, das Du keine Tageszeitung abonniert hast. :-)

    Wer regional etwas in den Nachrichten melden möchte, muss den Leser in seiner Betroffenheit ansprechen – ansonsten bleibt die Mitteilung unveröffentlicht. Welche Informationen beigebuttert werden, macht vielleicht den folgenden Appetit aus. Das betrifft Ankündigungen und Berichte von Aktionen.

    Was Spieleempfehlungen angeht, musst Du erst Mal jemanden finden und überzeugen, welche zu veröffentlichen. Und mit den Dir zur Verfügung gestellten Ressourcen zu recht kommen.

    In meinem Fall sind es regionale Anzeigenblätter (Welche Medien finanzieren sich nicht darüber?) Auflagen zwischen 10.000 und 70.000
    Jeder redaktioneller Bereich verursacht Kosten und steht nicht als Werbefläche zur Verfügung. (Nebenbei soll der redaktioneller Bereich auch noch für weitere Anzeigefläche reizen).
    Mir werden 800 bis 600 Zeichen zur Verfügung gestellt, um ein Spiel vorzustellen. Und ich schreibe am Liebsten darüber, was den Leser in der Partie erwartet, die eintretenden Empfindungen.

    >>Was eignet sich für eine Spielrezension? Etwas, was sehr populär ist. Etwas, was die bekannten Muster im Spiel infrage stellt. Etwas, was sich philosophisch mit der Welt auseinandersetzt.

    Was ist daran gut, Vergleiche aufzustellen?
    Wenn ich spiele, ist es meine Auszeit – das Konträre dieser Welt mal einen Moment zu vergessen.

    Wo bewährt sich Dein Konzept?

    Reden wir noch vom Ausgangsthema, in Bezahl-Medien Artikel zum Thema Spielkultur zu veröffentlichen?

    Liebe Grüße
    Nils

  • Ohne ein paar Artikel würde die Anzeigenzeitung sofort in den Müll wandern. Bringen solche Anzeigenzeitungen etwas? Hat meiner Beobachtung nach kaum Auswirkungen auf den Verkauf von Sachen, wenn es denn nirgends sofort ersichtlich zu kaufen gibt.
    Manche haben da ja schon Erfahrungen. Kann man ja mal schildern? Ich glaube nicht, dass solche Artikel sonderlich viel bringen, schmeichelt vielleicht das Ego.

    Ich lese mitunter drei Tageszeitungen, die meisten überregional. Da gibt es einen Kulturteil, da werden Sachen besprochen. Da müssen dann auch Spiele rein und nach den gängigen Kategorien für andere Werke.
    Und ich möchte nicht, dass die Sachen nur deswegen besprochen werden, weil XY aus der Reaktion kommt.
    Ich mag es nicht, wenn die Reporter mir zu sehr nach dem Munde schreiben. Ich will auch überrascht werden. Und ich möchte kein Spiel vorgestellt bekommen, weil der aus meiner Region kommt, denn das sagt nichts über die Qualität aus.

  • >>Ich lese mitunter drei Tageszeitungen, die meisten überregional. Da gibt es einen Kulturteil, da werden Sachen besprochen. Da müssen dann auch Spiele rein und nach den gängigen Kategorien für andere Werke.

    Nun bist Du beim Thema und reihst Dich genau beim Aufhänger von Peers Post ein – beim Bemäkeln, dass an interessanter Stelle der Medien zu wenig über das Kulturgut Gesellschaftsspiel veröffentlicht wird.

    Nur nutzt Dir Dein Bemäkeln der Verhältnisse HIER gar nichts. Wende Dir an die verantwortlichen Redakteure Deiner Zeitungen und weise denen Dein Begehr auf. Die wissen nichts von Deinem Bedürfnis und fordern gar nicht bis selten Journalisten auf, Spiele zu besprechen. Im Gegenteil – gestandene Journalisten wie Udo Bartsch beklagen sich über die Ablehnung der Redakteure, das von Dir gewünschte zu veröffentlichen und dass sich die Nachfrage nur noch auf kurze Spieleempfehlungen beschränkt. (zuspieler-tv)

    Das beruht aber auf das vermeintlich bekannte Leserverhalten und -bedürfnis.

    Es zu ändern, liegt an Dir.

    Liebe Grüße
    Nils

  • Ich sehe das wie Nils. Wieso „müssen“ da Spiele rein? Für mich bestimmt nicht. Ich lese über Spiele lieber in Fachzeitschriften ;-) Ich würde mich aber natürlich freuen, wenn über Brettspiele berichtet wird. Wenn es denn sinnvoll geschieht.
    In einem Lokalblatt gelten durchaus andere Regeln – und das ist nicht negativ gemeint. Im Gegenteil, da ist Raum und Platz für „kleine Geschichten“, z.B. über den lokalen Segelclub (ich spreche da aus Erfahrung) oder eben über Brettspiele. Mich mag das nicht interessieren – aber ich bin da nicht die Zielgruppe. Da geht es ja (auch) so um „Was in unserer Nachbarschaft so gecshieht“ :-)

  • Warum nicht? Warum soll es neben Bücher, Filme, Computerspiele, Serien, Mode, Musik nicht auch Berichterstattung über Brettspiele geben oder will man Spiele nicht mehr als Kulturgut etablieren? Natürlich wird es so ewtas nur geben, wen es ein wichtiges Spiel ist, für alles andere gibt es Fachblätter. Früher gab es eine wöchentliche Spielvorstellung, heute nicht mehr, es scheint auch am Redakteur zu liegen.

  • >> Früher gab es eine wöchentliche Spielvorstellung, heute nicht mehr, es scheint auch am Redakteur zu liegen.

    Klar liegt es am Redakteur. Der macht seinen Job und bedient die Nachfrage.

    Von dem was von uns HIER bemäkelt wird, kann er doch nichts wissen – oder? ;-)

    Liebe Grüße
    Nils

  • @ Derdrei: Genau darum geht es ja im Artikel. Der Platz ist begrenzt. Natürlich könnte er über Brettspiele berichten. Oder über Fallschirmspringen. Möbeldesign. Eiscremeherstellung (mein neues Hobbys übrigens). Messerkunde. Schützenvereine (Gibt eine Menge Schützen in Deutschland). usw. usf. Warum ausgerechnet Brettspiele?
    Die sind ja schon aus einmal dabeigewesen und sind jetzt raus, weil sich eben nicht genügend Leute dafür interessieren.. Sorum kann man nämlich auch argumentieren. In den 70er Jahren wurde mehr Brettspiele berichtet, aber weniger über Computerspiele. Weil es noch keine gab. Computerspiele nehmen eben jetzt den Platz der Brettspiele ein. Da gilt „One in, one out“ – wenn Brettspiele reinkommen sollen, muss etwas anderes dafür weichen (so wie die Brettspiele für die Computerspiele weichen mussten). So einfach ist das. Es ist ja nicht so, dass in allen deutschen Zeitungsredakteuren plötzlich Brettspiel-Hasser eingesetzt wurden, während es vor 20 Jahren noch Brettspielliebhaber waren ;-)

  • Fallschirmspringen, Messerkunde und Schützenvereine haben doch nichts mit Kultur zu tun, das ist Freizeitbeschäftigungen.

    Computerspiele haben den Platz nicht ersetzt, die Spielvorstellung fiel einfach weg, vielleicht zu kleinteilig. Und das war Anfang der Tausender, gar nicht so lange her, nur ein Jahrzehnt.
    Ich erwarte eine gewisse Offenheit und Abwechslung in den Kulturseiten.
    Und wenn man Spiele als Kulturgut sieht, sprich als Ausdruck künstlerischer Betätigung, gehören sie wie Theater, Literatur, Film, Comic, Computerspiele, Design, Architektur, Musik (Klassik und Pop), Kunst gleichberechtigt in die Kulturseiten, nicht nur in Vermischtes.

  • 1.) Sind die Seiten kaum „einfach weggefallen“,die Zeitungen sind ja nicht dünner geworden.
    2.) Glaube ich, dass „früher“ wieder einmal überschätzt wird. Ich habe von Mitte der Neunziger bis 2003ish die Zeit gelesen und da gabs vielleicht ein- zweimal einen Artikel über Brettspiele. Meine Eltern lesen seit Zerfall des römischen Reiches das Hamburger Abendblatt. Da war definitrv niemals eine Spielebesprechung drin. Im Spiegel habe ich da auch nie eine regelmäßigere Kolumne entdeckt. Über wieviele „große“ eitungen reden wir denn? 2? 4? Und wie oft haben die wirklich über Spiele geredet? 1x im Monat?
    3.) Schön, dass DU meinst, der Kulturteil sollte gleichmäßig verteilt sein, aber ich denke der Grund warum häufiger über Kinofilme berichtet wird, als über Bildhauerei ist dass die meisten Leute sich eher für Kinofilme interessieren dürften. Siehe auch:Artikel. Die Zeitung richtet sich nach dem, was sie für Leserwünsche hält. Und da zählt die Masse der Leser, nicht Gerechtigkeit zwischen den Medien. Hinzu kommt ja: Eine eitung ist ein Nachrichtenmedium. Eine Nachricht muss es also schon geben. „Ein neues Brettspiel über Städtebau im Mittelalter“ ist kaum eine Nachricht. Kulturell müssen wir mehr anerkannt werden, ja. Aber dazu sollten wir kulutrell eben auch etwas mehr bieten als „Is doch lustig…“

  • Es war eine Kolumne, keine ganze Seite. Und es sind sehr wohl Seiten weggefallen, Sprichwort: Zeitungskrise.
    Ich weiß nicht, ob man das Publikum fehleinschätzt, wenn man vermutet, es interessiere sich nicht für Kunst oder etwas Neues. Ich hätte gern immer einen Überblick, eine breite, kluge Einordnung von Trends, neuen Ideen und Stilrichtungen, nicht nur die Privatvorlieben der Redakteure.
    Für die Kinospalte gibt es extra wöchentlich eine Beilage, in der alle Kinofilme vorgestellt werden, ein Film kommt dann in den Kulturteil.
    Natürlich wird dann nicht über jedes Brettspiel mit dem Thema Städtebau im Mittelalter geschrieben, vielleicht über neue Tendenzen und kreative Ideen. .

  • Hallo,

    >> Es war eine Kolumne,

    Unsere Tageszeitung bringt einmal jährlich Spieleempfehlungen – im November im Wirtschaftsteil. Eins meiner Freizeitmagazine sieht meine Tipps auch nur als Kaufempfehlung unter der Rubrik Bummeln und hatte große Probleme überhaupt etwas regelmäßig zum Thema Gesellschaftsspiel zu veröffentlichen.

    Spielerezensionen im Kulturteil zu veröffentlichen – ich glaub´ davon sind wir noch ganz weit entfernt. Das müsste erst mal in Köpfe der verantwortliche Redakteure gepflanzt werden – bevor dort die entsprechende Saat aufgeht.

    Aber ich kann über Spielkultur schreiben und Artikel veröffentlichen. Eine Veranstaltung wie
    – das Freundschaftsländerspiel Austria-Baiern, das Catan Almmatch,
    – die Bürger-Wahl des Aiblinger Spiel des Jahres (unter den Nominierten)
    – die Testspielgruppe im Kindergarten

    Darüber wird gerne berichtet. Es ist des Volkes Kultur. Damit kann ein Redakteur und auch der Leser etwas anfangen. Und – vielleicht war diese Berichterstattung meine Basis, dass ich über die regionalen Magazine Spielempfehlungen aussprechen darf. Wenn ich weiter träume – führt das irgendwann mal zu Rezensionen in der Tageszeitung – wenn es zum Leserwunsch wird.
    Nur – DEIN Redakteur muss von DIR diesem Wunsch erfahren. Mir als Schreiber wird er nicht vertrauen, vermutet bei mir einfach Eigennutz mit dem Anliegen. Also – wenn es DIR wichtig erscheint…

    Liebe Grüße
    Nils

  • Spielerezensionen im Kulturteil zu veröffentlichen – dazu muss sich zunächst die Einstellung der Autoren und Verlage ändern: Dass es sich bei Spielen um künstlerische Werke handelt und nicht in erster Linie um Spielwaren, dessen ‚künstlerischer Wert‘ sich vor allem an der Marktfähigkeit festmacht.

    Die unselige Definition des Begriffes ‚Autorenspiel‘, besagt ja immernoch, dass ein Spiel dann ein ‚Autorenspiel‘ sei, wenn es Kriterien erfüllt, die auf eine hohe Marktfähigkeit ausgerichtet sind. Die Heinis (u.a. engagierte ‚Profi‘-Spieleautoren), die diesen Wikipedia-Eintrag verbrochen haben, degradieren Autoren zu Waren-Lieferanten – und zwar anders als die FG Spiel ohne distanzierende Hochkommata sondern INHALTLICH.

    (Siehe auch die vor sechs Jahren geführte Diskussion ‚Ware oder Werk‘: http://www.spielbox.de/phorum4/read.php4?f=1&i=185797&t=185793& )

    Solange eine solche Meinung bei – auch organisierten – Spieleautoren vorherrschend ist, wüßte ich nicht, wie man Journalisten davon überzeugen kann, dass analoge Spiele in den Kulturteil gehören. Und vor allem: Warum sollte man das tun? Damit sich Spiele besser verkaufen? Damit es lukrativere Waren werden?

    Wie werden denn Bücher, Fernsehsendungen, Theateraufführungen im Kulturteil dargestellt? Klar gibt es auch Rezensionen, die als Kaufempfehlung dienen. Aber eben auch darüberhianusgehende inhaltliche Auseinandersetzungen mit dem Werk. Dieser Aspekt aber fehlt schon unter Spieleautoren, findet sich selbst in Fachmagazinen eher selten.

    Denn darum geht es bei Spielen nicht, sondern um die nächsten Hits, die in einem Jahr schon veraltet sind, um Verkaufszahlen. Daher sind Spielemeldungen gegenwärtig im Wirtschaftssteil ganz gut aufgehoben …

  • Danke für die Link-Ergänzung: Mein Lieblingskriterium für ‚Autorenspiel‘ ist nach wie vor: „Spielfiguren und andere Kleinmaterialien sind oft aus Holz statt aus Plastik.“

    Aber auch das Kriterium „Autorenspiele sind gewaltfrei und ohne Krieg oder Kampf als zentrales Element.“ zeigt, dass die verkrampften Versuche von Verlagen und Autoren, das Image von Spielen zu fördern eher ein Thema für den Kulturteil sind als die Spiele selbst. Wer Journalisten zu Marketing-Agenten einer Branche machen will, hat eine ganz andere Kultur im Sinn.

  • Mir ist da noch was altes wieder eingefallen: http://www.spielbox.de/phorum4/read.php4?f=3&i=8124&t=8102&
    Interessant, dass gleich (von einem Spieleautoren, wie man aus einigen weiteren Post mit dem gleichen Nick entnehmen konnte) gesagt wurde: „Generell habe ich Probleme mit dem Begriff künstlerisch, auch im Berreich Comic, Literatur und Film. Ich stelle mir darunter etwas abgehobenes vor, was krampfhaft etwas Besseres sein will.“
    Kunst Nein, aber Kultur ja? Für mich ein Wiederspruch.
    (Gut, nun spricht „Familie Tschiep“ sicherlich nicht für alle Spieleautoren, aber dieses Abblocken ist ein Beispiel für das, was Günter angesprochen hat.
    (Um was es bei der verlinkten Diskussion eigentlich ging, habe ich erst nach dem Schreiben obiger Zeilen gelesen. Das sollte also keine Meta-Aussage werden oder sowas ;-)

  • Hallo Günther,

    >> Solange eine solche Meinung bei – auch organisierten – Spieleautoren vorherrschend ist, wüßte ich nicht, wie man Journalisten davon überzeugen kann, dass analoge Spiele in den Kulturteil gehören. Und vor allem:

    Warum sollte man das tun?
    _________________________

    Mit meinen Spieleempfehlungen möchte ich eigentlich nur sekundär eine Verkaufsförderung unterstützen. Primär geht es mir um die Aktivierung der Spiellust. Beantwortet es Deine Frage nach der Motivation?

    Mir reicht die technische Warenbeschreibung Mindestalter, Spieleranzahl, Dauer und Cover. Der Autor ist in meinen Vorgaben immer fett formatiert, eine Verlagsangabe gibt es nicht. Ebenso keine Beschreibung der Ausstattung oder der Mechanik.

    Was ich versuche wiederzugeben, ist die Beschreibung des Flows. Was das Spiel mit dem Teilnehmer macht, in welche Welt es entführt. (Gelingt bei abstrakten Titel nur bedingt.)

    Bin ich dann Deiner Meinung damit auf dem richtigen Weg, einen kulturellen Beitrag zu leisten? ;-)

    Dann darf der von mir aus auch im Wirtschaftsteil der Zeitung oder des Magazins stehen. Hauptsache ist, der Artikel wird gelesen.

    Liebe Grüße
    Nils

  • Hallo Nils, meinen Beitrag habe ich mit ’solange eine solche Meinung vorherrscht‘ (siehe Autorenspieldefinition) eingeleitet. Denn ich bin auch dafür, dass Spiele im Bewusstsein der Leser als Kultur und als urheberrechtlich relevante Werke wahrgenommen werden.

    Spielempfehlungen sollten wie Buchempfehlungen in einen Kulturteil gehören, aber letztere sind eingebettet in eine Auseinandersetzung mit Inhalten, mit dem Medium Buch. Erstere nicht. Daher handelt es sich um Produktempfehlungen, die prinzipiell nichts anderes darstellen als die Vorstellung eines neuen Autos. Das findet man auch nicht im Kulturteil.

    Ich bin dafür, dass Spiele Platz finden im Kulturteil; aber dafür müssen Autoren und Verlage erstmal ihr – in der Autorenspiel-Definition ebenso deutlich wie unglücklich formuliertes – Verhältnis zum Spiel ändern, bevor sie dies von Journalisten erwarten können.

    ‚Egal wo es steht, Hauptsache es wird gelesen‘, ist dagegen eine befremdliche Haltung. Aus der Sicht eines für ein Produkt Werbenden sicherlich richtig, ansonsten aber grenzt die Haltung schon fast an Spammerei. Es kommt mir schon auf die richtige Einbettung an.

  • Ein Wunsch von einer Person reicht nicht aus, da passiert gar nichts, ohne Ahnung vom Spiel kann kein Redakteur dort gute Rezensionen schreiben.
    Ich finde immer noch, man soll den Leser nicht so sehr nach dem Munde reden. Man sollte über einen Künstler nicht reden, nur weil XY einen Fanclub für ihn gegründet hat oder es im Kindergarten gesungen wird.
    Ein gutes Werk ist ein Grund an sich, sich damit zu beschäftigen.

    Künstlerisch ist für mich nicht Synonym für Kunst, Kunst kann nichts Künstlerisches haben, Künstlerisches muss nicht zwingend Kunst sein.