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Lesen wie andere spielen

Bücher über Brettspiele habe ich in der Vergangenheit schon ab und an besprochen. Romane über Brettspiele gibt es aber sehr wenig. Und über moderne Brettspiele schon gleich zweimal nicht. Als Ausnahme mag Roberto Bolanos Das dritte Reich gelten, dass ich aber (noch) nicht gelesen habe (es steht auf meiner Amazon Wunschliste, wer mir also was Gutes tun möchte ;-) ). Auch habe ich von einem Krimi gehört, der auf der Gen-Con spielen soll, weiß aber weder Titel noch Autor (und es ist m.W.  ein reines E-Book) Brettspiele eignen sich wohl nur begrenzt als Handlung für Bücher.

Bei Rollenspielen ist das ein bisschen anders. Da es bei RPGs ja per Defintion um Handlung geht, können die auch eher als Grundlage für einen Roman dienen. Nicht umsonst gibt es ellenlange Regalmeter mit Battletech, Schwarze Auge oder Shadowrun-Romanen.

Vier Bücher möchte ich im folgenden vorstellen, die noch einen Schritt weiter gehen: Sie befassen sich mit dem Rollenspielen an sich:

Joel Rosenberg: Die Welt des Meisters
: Wer meint bei dem Titel denkt, beim Buch handelt es sich um eine Fortsetzung zu Shades of Grey, der liegt völlig falsch. Vielmehr geht es um eine Rollenspielrunde, die nichtsahnend beim Spielen plötzlich in die Spielwelt versetzt wird – der Spielleiter hat ein Ritual ausgeführt, dass es ihm ermöglicht, andere in die Fantasywelt zu versetzen. Und mehr noch: Die Spieler, sind nicht mehr sie selbst, sondern ihre Charaktere! Ja, diese Prämisse muss man schlucken, dann funktioniert das Buch. Es ist ein Gedankenexperiment: Wie würden sich Rollenspieler verhalten, wenn sie wirklich betroffen wären? Damit ist es eigentlich Pflichtlektüre für alle Rollenspieler. Viele kleine Details sorgen für Unterhaltung – etwa dass nicht alle Charaktere lesen können (obwohl sie ja „eigentlich“ wissen wie das gehen müsste) oder wenn der Zwerg nicht weiß, wie er zum Berserker wird (Im Spiel muss man einmal würfeln und verdoppelt dann Stärke und Angriff und halbiert Verteidigung. Aber wie mache ich das in Wirklichkeit?). Die Story selbst ist nichts großartiges, steht der eigentlichen Idee auch nicht im Wege. Sicherlich keine große Literatur, aber nette Unterhaltung, gut für die U-Bahn zur Arbeit. Übrigens ist dies der erste Band einer Reihe, aber ab Band 2 wird die Prämisse (fast) vollständig fallen gelassen – die anderen Bände sind normale Sword&Fantasy und da auch bestenfalls Durchschnitt. Ich habe die Reihe nicht beendet. Der erste Band ist aber wie gesagt eigentlich Pflichtlektüre für Rollenspieler.

Die anderen Bücher sind in englischer Sprache:

Jonny Nexus: Game Night: Hier spielen einige Götter ein Rollenspielabenteuer und die Götter sind mindestens so chaotisch und übellaunig wie menschliche Rollenspieler. Der dramaturgische Kniff ist hier , dass sich Metakapitel über die Götter mit den Handkungen „vor Ort“ also in der Rollenspielwelt abwechseln. Und die sind echt witzig, denn plötzlich nehmen die Spieler ihre Handlungen zurück oder diskutieren Regelfragen aus und all das hat unmittelbar Auswirkungen. So stirbt ein Haustier…und lebt wieder…und stirbt…und lebt wieder… und wechselt die Farbe…und stirbt… während diverse Regelfragen und Tränke ausgetestet werden. Dieser Teil ist echt gut, quasi die Comedy-Variante vom Rosenberg-Buch. Zudem ist das Abenteuer hinreichend bescheuert und die Spieler klischeehaft genug, so dass man sich echt wiederfindet. Dafür übertreibt es Nexus mit der Göttergeschichte, bei der er sichtlich versucht an Terry Pratchett heranzureichen, was ihm aber nicht gelingt. Der andere Teil macht dieses Manko aus meiner Sicht aber wieder wett.

Order of the Stick: Lustige Rollenspielanekdoten werden seit Jahren im Webcomic Order of the stick erzählt. Das schöne an Webcomics ist ja, dass sich jeder selbst ein Bild machen kann. Ich persönlich finde die nett, mehr aber auch nicht. Zu viele Pointen werden mir zu sehr ausgewalzt und zu viele Gags sind eben die Witzchen, die man sich selbst gegenseitig am Spieltisch erzählt. Das Hauptproblem ist aber: Es gibt …

Knights of the dinner table: Und das ist für mich das deutlich witzigere Rollenspielcomic. Dabei muss man aber aufpassen: Die „Bundle of Trouble“-Heftchen sind eben „normale“ Comics mit (zu) langen Geschichten, z.T. über mehrere Ausgaben hinaus. Absolut Empfehlenswert aber die verlinkten Tales of the Vault. Die Comics gehen immer über eine Seite und die Länge ist perfekt für die Pointe. Hier geht es um die Spieler am Tisch (nicht um die Abenteuer wie bei Order of the stick) und die Klischeespieler sind perfekt getroffen – jeder Rollenspieler kennt sie (zumindest wenn er mal auf einem Con war). Und wie bei Loriot sind die Geschichten ein klein bisschen daneben, so dass man sich zwar wiederfindet, aber die Situation natürlich absolut übertrieben ist (Der Heldenverschleiß ist enorm). Ich habe mir für diesen Eintrag die Comics noch mal durchgesehen und konnte mich kaum stoppen. Ganz große Empfehlung!

 

Viel Spaß beim Lesen!

ciao

peer

Peer Sylvester
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6 Kommentare

  • Der GenCon-Krimi ist eine Trilogie vom bekannten Rollenspieldesigner Matt Forbeck und trägt den Titel Dangerous Games: How To Play, Dangerous Games: How to Cheat und Dangerous Games: How to Win. Und die gibt es meines Wissens auch als Hardcover, da sie per Kickstarter finanziert wurden (http://www.kickstarter.com/projects/forbeck/12-for-12-30-dangerous-games-novels?ref=live)

    Die Welt des Meisters ist tatsächlich sehr lesenswert und gehörte zum Klassiker-Stamm in den 80ern neben der Drachenlanze. Als erster Band der Hüter der Flamme hat er hohe Erwartungen gesteckt, die dann nicht folgten. Band 2 und 3 sind noch lesenswert, ab Band 4 ist es nur noch lächerlich und langweilig. Nach Band 6 hat sich auch der Verlag geweigert es weiter zu veröffentlichen, so das dieser Zyklus nie abgeschlossen wurde.

  • Danke für den Hinweis. Im Moment scheint es aber nur das ebook zu geben (zumindest hierzulande). Ich bewundere dich, dass du die Hüter der Flamme- Bücher so weit gelesen hast. Ich fand Band 2 schon so durchschnittlich, dass mich der Rest nicht wirklich reizte.
    Die Toskana-Verschwörung ist ein krimi mit einem Spieleautoren als Ermittler. Obs tatsächlich im Roman ne Rolle spielt, weiß ich nicht ;-) Ich bin nicht so der Krimifan…

  • Zur Toskana-Verschwörung gab es in der Fairplay 93 eine Besprechung von Peter. Untertitel: „Das Leben ist zu kurz für dieses Buch“ – Fazit: „Alternativtipps: Lesen Sie lieber „Casino Royal“. Gespielt wird da zwar nicht viel, die Agentenstory ist dafür aber erträglich. „Hilflos“ von Dick Francis im Umfeld von Pferdewetten passt auch ganz gut zu Spielen.“

  • Es gibt noch den Krimi „Gegen jede Regel“ von Sebastian Stammsen der das Thema Diplomacy ziemlich in den Mittelpunkt stellt! Das Buch erschien bei grafit, ich habe es aber als kindle-Version gelesen.

    Sebastian spielt/spielte Diplomacy als play-by-mail Spiel bei ludomaniac (daher kenne ich ihn) und hat über dieses „Milieu“ seinen Erstlings-Krimi geschireben. Mittlerweile folgten sogar weitere Fälle seines Ermittlers.

  • Es geb da mal vom Pieper Verlag ein Buch, wo eine Gruppe Rollenspieler in Köln gegen die Dimensionsreisenden Alessandro Graf von Cagliostro und den Erlenkönig (der von Trekies für Spock gehalten wird und Atomkraftwerke in Bäume verwandelt) Sowie… Heinzelmänchen vom Köllner Dom. Sehr wirres buch.