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Große Schatten werfen ihre Schatten auf mich (oder so)

Letzte Woche hat Jürgen offiziell die Vorfreude auf die Spielemesse eröffnet. Er war weder der einzige noch der erste: In der Spielbox gibt es ein erstes Interview, online auch schon die ersten Beschreibungen und auf Reich der Spiele erste Interviews.

Ich bin noch nicht begeisterungsfähig.

Das mag man unter der Abgestumpftheit verbuchen, die einen (vielleicht) befällt, wenn man sein Leben lang neue Spiele kennenlernt. Oder der Resignation, die einen (vielleicht) befällt, wenn man weiß, dass man noch nicht einmal die größten Hits von vor zwei Jahren ausprobieren konnte, geschweige denn die vom letzten Jahr.

Es ist aber auch ein Problem der Presseleute.

„Ein Wettlauf mit der Lava beginnt. Es gilt, so viele Artefakte wie möglich zu finden und ins rettende Boot zu bringen. Wer dabei seine eigenen Wege klug plant und das nötige Quäntchen Glück hat, wird den Vulkanausbruch als strahlender Retter überstehen!“ – Ist das Atlantis oder Pompeji oder eine Neuheit?

„Jeder übernimmt eine Werft und baut Schiffe in verschiedenen Größen, um damit Waren zu transportieren und an den Mann zu bringen. Beim Bau müssen Masten und Segel der Schiffe präzise aufeinander abgestimmt werden. Gewinnen wird, wer die größten Schiffe baut und die wertvollsten Waren verschifft.“  schrieb ein Verlag über ein Spiel im Jahre 2003. Oder ist das doch eine Neuheit? Hab ich vergessen.

Mir ist klar, dass ich unmögliches verlange; Eine Pressebeschreibung soll kurz sein, sonst wird sie nicht gedruckt, geschweige denn gelesen. Und natürlich wollen die Spieler wissen, um was es geht.

Nun ist es aber so, dass jeder Redakteur, dem ich einen Proto andrehen will, fragt: „Was ist das Merkmal, dass dieses Spiel von allen anderen abhebt?“ Diese Frage würde ich auch gerne bei den Neuheiten beantwortet sehen.

Das ist natürlich nicht einfach; Nicht jedes Spiel hat ein klares Merkmal, zum Teil liegt der Teufel im Detail oder die Genialität liegt in der Einfachheit. Allerdings habe ich den Eindruck, dass oft der Eindruck erzeugt werden soll, das Spiel ist ein typisches Eurogame, statt einem besonderen. Beispiel Kashgar: Theoretisch ein exotisches Setting. Zumindest die Vorabgraphik sieht aber aus wie jedes andere Mittelalterspiel auch. Das Spiel hätte auch Kopenhagen heißen können. Oder Köln. Oder Kaltenkirchen. Oder… Wer schon immer glaubte, dass die Namen für Eurogames von dieser Liste stammen, sieht sich bestätigt. Warum nicht das Ungewöhnliche hervorheben? Das Exotische? Das Besondere? Sind Deutsche Spielekäufer konservativ?

Es ist ja nicht so, dass es keine Gegenbeispiele gäbe: Rialto versucht es mit besonderer Graphik (wenn schon das Setting altbekannt ist), ähnliches gilt für den Verlag Drei Hasen in der Abendsonne. Aber das sind eher die Ausnahmen der Regel – in Deutschland zumindest. In Italien versucht man es mit neueren Themen und Graphiken (Steam Park z.B.), in Frankreich ist man graphisch eh schon weiter und in Japan minimalisiert man das Spieldesign. Wenn mich ein Spiel aufweckt, dann doch eher weil ich denke „Man, sowas klingt ja mal originell!“

Aber gut, bis zur Messe ist es noch etwas hin. Ich werde schon noch begeistert werden.

ciao

peer

 

Peer Sylvester
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1 Kommentar

  • Vielleicht sind Graphiker konservativ, weil sie sich am Bestehenden orientieren. Natürlich ist es richtig, dass ein Spiel sich von anderen Spielen unterscheiden sollte, am besten plakativ, genauso richtig halte ich es, dass die Graphik diese Besonderheit hervorheben sollte.