spielbar.com

Wie uncool ist der WDR?

Normalerweise versuche ich ja Postings über Themen zu vermeiden, mit denen sich inhaltlich bereits das Spielboxforum beschäftigt hat. Aber zu dem Beitrag „Sind Brettspiele uncool“ des WDR gibt es so viel zu schreiben, da kann ich nicht stillhalten. Immerhin rollen sich bei dem Beitrag bei mir die Fußnägel sowohl als Lehrer als auch als Brettspieler auf.

Das fängt gleich beim Einspieler an: Was ist denn mit Halma oder Mühle? Werden die noch gespielt? Urrgh! Genauso könnte man fragen: Was ist denn mit den Comedian Harmonists? Werden die noch gehört? Oder Fritz Langs Metropolis – Wird der von unseren Kiddies noch gesehen?  Leitet man daraus ab, dass die Kinder von heute nicht mehr ins Kino gehen oder keine Musik mehr hören? Wohl kaum. Und doch vergleichen die Redakteure Halma (erfunden 1883), Mensch-ärgere-Dich-nicht (1910) und Mühle (Römerzeit) mit modernsten Computerspielen. Vor die Wahl zwischen „Pong“, „Pacman“ und dem Brettspiel „Schlag den Raab“ gestellt, hätte der Beitrag sicherlich die gegenteilige Aussage. Oh und die Kinder kennen die Regeln von Halma nicht! Skandal! Als nächstes erzählen die mir, die wissen nicht, wie man mit einem Tonbandgerät umgeht!

Aber es geht noch weiter: Mit bester Jugendsprache (= das was die Redakteure dafür halten) wird erklärt, Computerspiele wären halt viel hipper, aber vor allem macht es da mehr Bumm und natürlich schwingt da auch mit „Die sind schön gewalttätig, nicht so wie die prüden Brettspiele!“ Auch diese Aussage entspricht schön dem Klischee der Jugend von heute. Stimmen tut es dadurch zwar nicht, aber das interessiert den Redakteuren natürlich nicht. Immerhin schafft es der Beitrag so sowohl Computer- als auch Brettspiele in schlechtestmögliche Licht zu setzen. Das hätte selbst RTL 2 nicht besser hinbekommen können (außer, dass sich die Kinder da noch geprügelt hätten).

Wie sieht den die Wahrheit aus? Nun, die ist natürlich etwas komplexer, als die Redakteure des WDR wahrhaben wollen und deren Darstellung hätte ein Mindestmaß an Recherche vorrausgesetzt. Fangen wir mal mit den Verkaufszahlen an. Bei Brettspielen sind die (gerade im Kinderspielbereich) in der letzten Dekade fast kontinuierlich gestiegen. Selbst die Finanzkrise konnte das Wachstum hier nicht bremsen (eher im Gegenteil). Das sollte schon einen Hinweis darauf geben, dass es außer Halma mittlerweile noch ein paar mehr Spiele gibt. Erst 2011 gingen die Zahlen wieder runter. Die Gründe sind ungeklärt, es könnte auch schlicht sein, dass sich 2010 mit „Schlag den Raab“ ein Brettspiel außergewöhnlich gut verkauft hat und ein solcher Kracher dieses Jahr gefehlt hat. Damit sind die Zahlen wieder aufs Vorjahr abgesunken. Auch die Eurokrise könnte ihre Finger im Spiel (haha!) gehabt haben.

Was den Vergleich zu Computerspielen betrifft. Letztere haben sich schon seit über 20 Jahren besser verkauft als Brettspiele, eigentlich seit dem C64.Und da hat man Pixelgraphiken noch in zweistelligen Zahlen angegeben, an der realistischen Darstellung und den coolen Effekten lag es also kaum.

Dabei ist es eh fraglich ob der Vergleich Computer- und Brettspiele überhaupt sinnvoll ist. Denn für Brettspiele brauche ich Mitspieler, Computerspiele spiele ich alleine (und stehen daher eher in Konkurrenz zu Filmen oder Büchern, will man unbedingt unterschiedliche Medien miteinander vergleichen).  Das dürfte auch der Hauptgrund für ihren Erfolg sein. Ich muss niemanden finden, der mit mir spielt und was im Teenageralter wichtig ist: Ich muss nicht mit meinen Eltern spielen. Meine Eltern müssen auch nicht mit mir spielen, sondern können mir ein Videospiel in die Hand drücken. Moderne Computerspiele bieten mir außerdem eine Community, die niemals schläft. Ich kann also Freundschaften pflegen, ohne aus dem Haus zu gehen. Wie praktisch. In Gruppen (z.B. bei einer Klassenreise) sind gemeinsame Spiele immer noch beliebt. Meine Schüler fragen mich jedenfalls regelmäßig nach neuen Spielen, die wir auf Klassenfahrten oder vor den Ferien spielen können. Und sie fragen auch, wo es die zu kaufen gibt. Mühle habe ich denen aber auch noch nie angeboten. Gerade der Bereich „Spielverhalten der Kinder/Jugendlichen) ist äußerst komplex, denn da hängt Elternhaus, Erziehung, Bildungsstand etc. mit drin – gerade letzteres ein von Springermedien dominiertes Thema, dass zu komplex und groß ist, als dass ich mich hier damit auseinandersetzen möchte. Aber alles in allem kann ich zusammenfassend sagen, dass die Jugend von heute nicht halb so „schlimm“ ist, wies gerne dargestellt wird.

Der einzige Kern Wahrheit des Beitrages ist der mit den Regeln. Hier liegt tatsächlich der zweite große Pluspunkt, den Computerspiele den Brettspielen voraus haben. Computerspiele kann ich mit der Methode „Learning by Doing“ lernen, Brettspiele nicht. Das ist auch ein Grund, warum mehr Elektronik dazukommt. Bei Hybriden wie Tiptoi & Co leitet der Chip das Spiel und ich muss die Regeln mir nicht erarbeiten. Tiptoi hätte auch gut im Vergleich abgeschnitten (zugegeben: Alle modernen Spiele hätten im Vergleich zu den Klassikern gut abgeschnitten), das hätte dann aber nicht so gut zu den „Special Effects“ gepasst, die von den Redakteuren betont wurden. Ich bezweifle zudem ernsthaft, die Redakteure haben davon überhaupt mal gehört. Macht aber nichts, ist ja nur von Ravensburger und einer der erfolgreichsten Neuerungen im Spielebereich der letzten Jahre!

Die Nürnberger Spielemesse ist die größte Messe der Welt. Hier hätte man wunderschön zeigen können, wie digitales und analoges Spielen neben- und miteinander wirken. Man hätte Eltern zeigen können, was es für tolles Spielzeug gibt, dass Kindern wie Erwachsenen Spaß macht. Will man unbedingt eine sozialkritische Note, hätte man Eltern animieren dazu können, sich intensiver mit den Nachwunsch zu beschäftigen und das Spielzeug gleich mitliefern können. Man hätte über die Deutsche Brettspielszene berichten können, die führend in der Welt ist. All das hätte man machen können. Aber der WDR zeigt lieber falsche Klischees, die Vorurteile pflegen und dafür  sorgen, dass nach dem Beitrag garantiert niemand Außenstehendes ein Brettspiel anfassen will.

ciao

peer

P.S. Wie mir gerade aufgefallen ist, sind alle drei Klassiker aus dem Schmidt Spiele Programm übernommen – gerade die haben ja aber mit der Easy Play Reihe und Spielen wie „Dog“ schöne Familienspiele im Programm. Und mit Drei Magier Spiele m.W. einen sehr kompetenten Kinderspielverlag als Vertriebspartner.

Peer Sylvester
Letzte Artikel von Peer Sylvester (Alle anzeigen)

30 Kommentare

  • Es gibt noch andere Spiele als Halma und Mensch-ärgere-dich-nicht. Tatsächlich? Aber das kapieren unsere Zuschauer nicht, die kennen nur MÄDN, Halma und allerhöchstens Monopoly.
    Unsere Zuschauer kennen ja auch nicht mehr Comics als Asterix,Micky Maus, Spider-Man, Superman und Batman. Wir wollen unsere Zuschauer nicht mit neumodischen Kram überfordern.

  • Sehr schön gekontert! *Danke*

    Dennoch möchte ich noch 2 Punkte anmerken:
    – Computerspiele sind seit vielen Jahren nicht mehr nur für einen Spieler allein. Man denke an „World of Warcraft“, „Counterstrike“, die vielen Browser- und Social Games oder die Online-Netzwerke der Konsolen. Da läuft fast nix mehr ohne Multiplayer.
    – Der neueste Trend „Brettspiele am Tablet“ sollte nicht vergessen werden. Auf dem iPad gibt es mittlerweile so viele tolle Umsetzungen (Ticket to Ride, Carcassonne, Euphrat & Tigris usw.). Inklusive Tutorial mit dem das Spiel erklärt wird = Regellesen war gestern! Und auch hier: Multiplayer-Community ganz weit vorn – mit Leuten rund um die Welt (und die Uhr) spielen… TOP!!!

    Das wäre mal einen tollen Beitrag wert gewesen, aber „schlechte“ Nachrichten verkaufen sich offenbar besser!? Ich sag‘ nur *pfui* WDR… :(

  • Ich glaube ja, der WDR-Beitrag war ziemlich ironisch gemeint, deswegen die vermeintlich coole Sprache. Dafür haben sich die Redakteure halt auch echte Ausnahme-Kids herbeizitiert. Ich glaube, die Jugend von heute ist nicht so.

    Tatsächlich fand ich den Vergleich auch schräg. Ausgerechnet Mädn und Halma. Wozu haben wir Jahr um Jahr immer mehr Neuheiten bei Autoren- und Familienspielen, wenn die große Masse noch immer den alten Mist von Anno Dunnemal spielt?

    Jedenfalls ein gutes Statement, Peer, danke.

  • Ich war auch nicht sicher, ob der ironisch gemeint war, jedenfalls schienen die Anmoderatoren auch nicht richtig zu wissen, was sie davon halten sollten. Für Ironie wars aber zu unsubtil ;-)

    Ich habe schon selbst an Fernsehbeiträgen über Spiele mitgewirkt (u.a. für TV Berlin oder Deutsche Welle) und man kann durchaus gehaltvolles zeigen, ohne den Zuschauer zu überfordern.

  • Ach so Community: Ja, auch das geht Multiplayer, aber wie gesagt: Da muss niemand kommen, das ist wie chatten und geht bequem von zu Hause aus. Daher ein Vorteil (für Jigendliche). Brettspielumsetzungen spielen ja in erster Linie die Fans der Brettspiele.

  • Sehr schön gekontert, Peer. Solche Beiträge bin ich mir sonst nur vom Schweizer Fernsehen gewöhnt. Der WDR scheint da nachzuziehen… Wenn man aus den vielen Möglichkeiten, die Nürnberg bietet, so etwas auswählt, ist das schon sehr fraglich. Schade!

  • Ist alles ok, was Peer schreibt, nur hat er eine Moeglichkeit uebersehen, man kann wunderbar echte Brettspiele auf dem Computer mit echten Gegnern/Partnern, also nicht gegen den Computer, sondern zur gleichen Zeit irgendwo in der Welt auch am PC sitzende Menschen, spielen, z.B in der Brettspielwelt.

  • Die Möglichkeit habe ich nicht übersehen – aber die wird doch wohl eher von Leuten genutzt, die bereits viele Brettspiele spielen. Weniger von Jugendlichen…

  • Werde ich hier als sehr konservativ eingestuft, wenn mir die Fehler in der Rechtschreibung arg ins Auge springen?

  • Wow, jetzt nich im ernst oder? O_o
    Mal abgesehen davon, dass der Vergleich blödsinnig ist, haben die guten Leute bei WDR anscheinend entweder nicht mitbekommen, dass auch die Brettspiele sich mit der Zeit verändert haben oder sie leben noch im 13ten Jahrhundert vor Christus (Mühle? Wirklich?). Mir gehts jetzt nicht mal mehr um digitale Umsetzungen der Klassiker, sondern um einen breiten Markt neuer, moderner Brettspiele. Es ist ja nich so, als ob sich in den Regalen seit den 20ger Jahren nichts mehr verändert hat -.-
    Ich spiele Videogames seit ich sieben bin, ähnliches gilt für meinen Freundeskreis, allerdings treffen wir uns dennoch regelmäßig, um paar neue Brett- oder Kartenspiele zu testen (sie sind auch um Welten günstiger als neue Videogames, is n teueres Hobby XD). Klar, wenn es ständig immer nur dieselben Spiele wären, hätte man nach ner Weile absolut kein Bock mehr auf die, aber pardon… das gilt auch für Videospiele.

  • Ich bin knapp 30 und spiele beides leidenschaftlich gerne. Abend kann ich schnell mal die Konsole anschmeißen und einen Arcade-Game spielen oder mit Guitar Hero und Rock Band den Rockstar mimen. Weiterhin treffen sich 5 Leute aus dem Studium regelmäßig zu Brettspielwochenenden, wo von Freitag bis Sonntag alles gespielt wird, was Spaß macht: Smallworld, Magister Navis, Junta, etc. Wie man sieht, schließt sich da nichts aus. Wie es allerdings mit der „Jugend“ aussieht, kann ich wegen mangelndem Anschauungsmaterial schlecht sagen.

  • @Theo: Wird in deiner Welt auch nicht „Kriese“ sondern „Krise“ geschrieben?? ^^ Dann bin ich ja nicht der Einzige.

    Habe den Beitrag im WDR gesehen und fand den auch etwas sehr merkwürdig. Ich bin ja auch eher der WoW Suchti (in meinem gesetzten Alter von über 30), aber mir hat es momentan Monopoly auf meinem IPhone angetan. Ich kann mit meiner Frau über WiFi spielen und da der 3. Mann fehlt, laden wir ein paar KI Spieler dazu. Da muss man nichts groß aufbauen, den Tisch freiräumen und Geld zählen. Die neueren Monopoly Varianten mit den Chipkarten finden wir eh total uninteressant.

    Ansonsten stimme ich teilweise diesem Blogeintrag zu.. Halma und Mühle mit aktuellen Computerspielen zu vergleichen würde mir irgendwie nie einfallen. Phase 10 oder Wizard können auch ziemlich fesselnd sein. ;)

  • Die „Jugend“ spielt, und zwar schon im Kindergarten.
    Ich habe jetzt schon zwei Elternabende im Kindergarten mit Spielvorstellungen erlebt, immer mit den Kommentaren der Erziehern: „Und das spielen die Kinder besonders gern…“.
    Von Ubongo bis tatsächlich Mädn ist alles dabei.
    Die Teen bei uns im Haus kommen oft zu uns, um sich Spiele auszuleihen, da wir eine große Sammlung haben. Zu Weihnachten hat sich der Große Dominion gewünscht – und ein Computerspiel.
    Auch wir haben eine Konsole. Die Kerle veranstalten Ballerspiel-Abende, wenn die Frauen im Kino sind. Wir haben aber auch regelmäßige Brettspielabende.
    Wir sind so uncool, daß mein Informatikermann von den Teens gefragt wird, ob er in ihrer Band mitspielt.
    Der entsprechende verantwortliche Redakteur des Beitrags hätte lieber einen Pubertierenden an den Schreibtisch setzen sollen. Aber nein – es wäre vermutlich was Gutes dabei rausgekommen!

  • Wenn ich der wdr wäre, wär mir der Beitrag peinlich, wenn ich der Blogger wäre, die eklig vielen Rechtschreibfehler. Fast wie Spiegelonline hier.

  • Gerraldo, da hast du leider etwas falsch verstanden. Es geht dem Autor darum, das man zuhause keine 4 Leute braucht um diese Spiele zu spielen. Man kann sich einfach an seinen Computer setzen und alleine loslegen (weil die anderen mit denen man spielt auch irgendwo alleine sitzen und spielen). Schon klar, das die meisten dieser Spiele Multiplayer-Spiele sind (Zitat:“Moderne Computerspiele bieten mir außerdem eine Community, die niemals schläft. Ich kann also Freundschaften pflegen, ohne aus dem Haus zu gehen“) nur ich muß meinen Eltern und Geschistern nicht mehr „auf den Geist“ gehen, nur weil ich mal wieder was spielen will und sonst keiner da ist.

  • Wow, ich werde mit Spiegel Online verglichen ;-)
    OK, ich habe ein paar Fehler beseitigt. Ich schreibe halt eher so runter, insbesondere wenn mir was am Herzen liegt ;-)
    @Homek, Gerraldo: Genau so ists gemeint.

  • Mein Eindruck ist auch: Gemeinsames Spielen ist durchaus „in“, sowohl von Brett- als auch von Computerspielen. Aber: Auch die Klassiker sind nicht unbeliebt, ich arbeite in der Nachmittagsbetreuung an einer Grundschule, in meiner Gruppe sind derzeit neben Spielen mit elektrischer Unterstützung (Looping Louie, Wer war’s?), und Quartetten (mit Harry-Potter oder Star-Wars-Charakteren) auch immer wieder Klassiker wie Monopoly und Cluedo, aber auch Mühle, Schach, Leiterspiel, Halma u.ä. gefragt, und das liegt nicht am Mangel an Alternativen. Bei älteren Kindern und Jugendlichen wird sich das Gewicht sicher verschieben, aber tot und per se uncool sind auch die Klassiker noch lange nicht.

  • Warum sich Computerspiele besser verkaufen als Brettspiele?

    Einmal von dem „Kann man auch alleine spielen“-Aspekt abgesehen: Selbst wenn es ein Computer-Multiplayertitel ist, brauchen in der Regel alle 4 Spieler, die dieses Spiel miteinander spielen wollen, jeweils eine Version des Spiels. 4 Spieler = 4 verkaufte Spiele.

    Wenn 4 Spieler gemeinsam ein Brettspiel spielen wollen, braucht nur einer das Spiel zu besitzen. 4 Spieler = 1 verkauftes Spiel.

    Ist natürlich ein wenig ne Milchmädchenrechnung, aber allein der Unterschied im Verkaufspotential eines Titels sollte dadurch bereits klar werden.

  • In unserem Spieleverein zeigt sich sehr schön, dass da keine Konkurrenz ist. 5 Leute für eine 3h Runde Descent kriegt man eben tendenziell nur Samstags abends zusammen, egal ob die Mitspieler 16 oder 26 sind. Computerspiele kann man auch unter der Woche spielen wenn die Kumpels nicht können weil sie Sport oder Gitarrenstunde haben. Und ab und zu machen wir im Vereinsraum auch eine LAN Party. Was zählt ist der Inhalt, nicht das Medium. Aber Journalisten (ist das inzwischen nicht eher ein Schimpfwort) sind ja nicht mehr an der richtigen Darstellung von Sachverhalten interessiert, sondern am Erzeugen des größtmöglichen öffentlichen Interesses (so kurzfrisitig und oberflächlich das auch sein mag).

  • Es stört mich wenn gerade von den Medien immer solche künstlichen Gegensätze aufgebaut werden. Film gegen Fernsehen, Radio gegen CD, oder halt hier Brett- gegen Computerspiel. Dabei wird immer bewusst oder aus Unwissenheit ignoriert das diese scheinbar unterschiedlichen Welten immer mehr zusammenwachsen. Dass der Computerchip mittlerweile auch in so manchem modernen Brettspiel steckt wird verschweigen. Aber auch dass die Möglichkeit besteht klassische Brettspiele wie Schach oder Backgammon online mit Mitspielern aus aller Welt zu spielen. Nein, die Welt muss trotz Farbfernsehen immer schön schwarz/weiß gemalt werden.

  • Mein Vater erzählte mir von diesem Beitrag und ich fand den Inhalt (den er mir erzählte) schon vor einigen Tagen merkwürdig.
    Denn Halma kann ich als viel spielender Mensch auch nicht (übrigens genauso wenig wie Skat oder Doppelkopf) und Mensch-ärgere-dich-nicht finde ich seit fünf-sechs Jahre nur noch langweilig, da es nur und einzig auf die Würfelei ankommt. Da ist mir Risiko lieber. Er erzählte mir auch von einem Faktor, den Jugendliche heute wohl angeben würden, warum sie keine Brettspiele spielen: „Es dauert zu lang.“ Ja, wenn man immer nur Monopoly spielt ist das sicherlich der Fall. Zudem kann man nicht, wie am PC einfach mal weggehen und was anderes machen. Und man ist auf seine Mitspieler angewiesen (anders als etwa bei WoW, dass man auch mal alleine spielen kann, auch wenn man dann nicht die dicken Erfolge einfährt).

    Aber allein der Vergleich passt mir schon nicht. Ja, ich spiele Computerspiele und ja, ich spiele Brettspiele. Wie pass ich denn da in das Schema vom WDR?

  • die rund zwanzig kinder, mit denen ich regelmäßig zu tun habe spielen gerne folgende spiele:

    looping louie, lotti karotti, da ist der wurm drin, du lügst, monopoly, schach, abalone und gelegentlich zwei bis drei andere aus der auswahl von rund 15 spielen, die ihnen zur verfügung stehen.

    und das sind keine genormten professorenkinder, sondern menschen mit herausforderndem verhalten und vielen schwierigkeiten in ihren sozialen systemen.

    .~.

  • Nur um mal mit dem Klischee „Brettspiele sind brav und bieder und gar nicht gewalttätig und daher wollen die Kinder sie nicht spielen“ aufzuräumen: Es gibt da auch so nette Spiele wie z.B. „Zombies“, die ganz sicher „härter“ sind als viele Computerspiele^^ Das spielen sogar eingefleischte Nicht-Brett-sondern-nur-Computerspieler. Und wer ständig vor World of Warcraft hängt, wird sicherlich auch an „Munchkin“ seine Freude haben. Man muss nur viele verschiedene Spiele ausprobieren, dann findet jeder sein Lieblingsspiel. Das ist wie bei Musik und Film. Man kann 40 Jahre lang kein Fan von klassischer Musik sein, dann hört man zufällig ein bestimmtes Stück und findet es genial.

    Nicht jeder ist eben ein Fan von den Klassikern oder auch vom üblichen Mainstream. Spielemuffel muss man öfter mal mit Nischenspielen aus fremden Ländern versorgen. Irgendwann trifft man den Geschmack^^

    D.

  • Hallo,

    ich wüsste wie Norbert Blüm auch gerne, wo man Verkaufszahlen der letzten Jahre für Brettspielen herbekommt… Lese immer wieder, dass der deutsche Brettspielmarkt gut dasteht, Quellen hab ich aber noch keine gefunden…

  • Was bitte ist an Halma und Co. auszusetzen? Dieser Kommentar ist zwar im Kern überzeugend, übersieht aber selbst, dass die Herangehensweise an die Spiele in dem Fernsehbeitrag völlig falsch ist. Natürlich macht es keinen Spaß, vor die Kamera gesetzt und sich selbst überlassen zu werden. Und dann auch noch belehrt zu werden, man spiele es falsch. Wenn die Kinder mit zwei Würfeln spielen wollen – warum nicht?
    Und wenn jemand das Spiel vernünftig erklärt und den Spaß am Spiel vermitteln kann, sind auch die „klassischen“ Brettspiele großartig, auch für 12jährige! Sonst hätten die Spiele sich ja auch nicht so lang halten können… Es kann dann zwar ein „modernes“ Spiel erstmal attraktiver wirken, muss aber nicht zwangsläufig interessanter sein.

  • Zu den „Special Effects“… ich stimme voll zu, dass diese nur schwer als Grund herangezogen werden können, zumindest wenn man nicht die Einstellung vertritt, dass alle Menschen ausser mir selbst (der Redakteur) oberflächlich und stumpfsinnig sind. An den „Special Effects“ sieht man sich schnell satt. Das unterstelle ich im Spiele-, wie auch im sonstigen Medienbereich. Ein Spiel/Film/etc. muss vor allem Inhalt aufweisen, um längere Aufmerksamkeit zu fesseln – entweder das oder zumindest eine besondere Herausforderung. Darum geht es den Menschen doch meist: Die Herausforderung, sei es beim Spiel, beim Sport, selbst bei Filmen und Büchern. Ein Film/Buch ist dann spannend, solange man eben nicht weiss, was passiert, selbst eine Erwartung bildet und wissen will, ob sich diese erfüllt, oder eben nicht. Wenn man von „Special Effects“ spricht, würde ich das doch eher auf die billigen Methoden der Systemmedien-Schaffenden anwenden: Meist pure Augenwischerei, Betäubung des Geistes, hypnotische Berieselung, mentaler Sondermüll. Ich weiss schon, warum ich vor Jahren Fernsehen & Co. abgeschafft habe und habe es nie auch nur eine Sekunde bereut.