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Die nette Messe

Das Wort der Messe ist „nett“. Selten war ich so enttäuscht von so vielen Spielen, selten habe ich so viele Spiele gespielt, die ich als „nett, aber mehr auch nicht“ beschreiben würde. Und selten habe ich so viele Leute getriffen, die mir da im Wesentlichen zustimmen. Es ist nicht so, dass die Spiele wirklich schlecht wären, vielmehr stellte sich bei mir nie so richtig das Gefühl iin: „Wow! Das ist mal ein richtig gutes Spiel!“ – Einzige Ausnahmen vielleicht das ausverkaufte Master merchant und Turmbauer von Kosmos. Beides eher Absackerspiele. The City gefiel auch, war mir aber persönlich zu kurz (nur die ersten 2 -3 Runden scheinen entscheidend zu sein, dann baut jeder das beste was er hat und das Spiel ist schon wieder zu Ende). Bizzaro (hieß das so) von Jiras Games war auch schön abgefahren, aber da fehlte mir die Spielrunde. Aber davon ab: Ob Neferious, Vanuatu oder Drum Roll: Alles nette Ideen, mehr aber auch nicht. Der eine mags, der andere findet es OK, richtig schlecht findets wohl niemand, aber richtig gut auch nicht. Bei der Masse an Spielen eine Riesenenttäuschung. „Nett“ reicht auf Dauer bei dem Output einfach nicht, da steht der nächste Abverkauf schon bevor.

Apropos Abverkauf: Das Heidelberger seine Lager räumt ist ja bekannt. Auch dass Spiele in Folgejahren immer billiger werden. Aber wenn jetzt Queen alles rauswirft was im Vorjahr neu erschienen ist, wirds abstrus. Ja, man hat schon immer ein Jahr gewartet. Aber jetzt ists nur noch „Sink or Swim“. Discover India kam im Dezember raus, war nirgendwo erhältlich und kostet jetzt 10€. Mal bei Amazon sehen obs dabei bleibt. Unter diesen Umständen ist eine Veröffentlichung bei Queen nicht mehr wirklich attraktiv als Autor. Aber das nur nebenbei.

Fast schon Twittermäßige Kurzeindrücke:

Neferious: Gute Idee, aber der Autor kann Mechanismen besser als Story. Funktioniert, aber wenn der Todesstrahl keine Funktion hat außer Siegpunkte zu generieren ist was falsch. Da fehlt das Haudrauf-Element oder zumindest irgendwie das Gefühl mal was böses zu tun, so als Böser Wissenschaftler.

Lets Take a hike: Push-Your-Luck game mit netter Graphik. Man füllt seinen Rucksack und geht irgendwann los, dann werden Karten vom Stapel gezogen. Ist es eine Karte, die man dabei hat: Kein problem. Sonst muss man abwerfen. Entweder hört man auf und bekommt eine Karte oder man hört als letztes auf und bekommt den Rest des Stapels. Also ähnlich wie Diamant. Hat mich aber weniger gefesselt.

Vanuatu: Mangelspiel mit einem neuen Workerplacement-Kniff: Nicht nur muss man seine Aktionen „reservieren“, man muss auch die Mehrheit an Scheiben da haben, um sie auszuführen. Am Ende gibt es Siegpunkte nach einer komplizierten Formel. Meinung: Ich bin simpel gestrickt: Wenn ich eine Aktion durchführen will, dann möchte ich sie durchführen. Ich möchte sie nicht später irgendwann vielleicht duchführen. Und wenn ich es nicht kann, schaffe ich den Rest auch nicht und muss diese (und mit Pech noch länger) Runde zusehen. Nicht mein Fall.

Jagdfieber: Gemeine Vereinfachung: „Hols der Geier“ mit etwas mehr Thema.

Masterplan: Von Chilli hatte ich mehr erwartet als eine Gobang-Variante mit fummeliger Wertung (Häuser können an einer Seite oder an einer Ecke stehen).

Crosswise: Nettes Legespiel. Aber mit Sondersteinen, die für den einen das Salz und den anderen (z.B. ich) die Fliege in der Suppe sind, da sie für absolute Unberechenbarkeit sorgen. Mein persönliches Lowlight.

The City: Wirklich nettes Handmanagementspiel. „Race for the Galaxy Light“ als Beschreibung irritiert aber mehr – gemein ist eigentlich nur, dass man Karten mit Handkarten bezahlt. Ansonsten: Siehe oben.

Turmbauer: Das bessere „Die Aufsteiger“: Schneller, einfacher, klarer mit hohem Aufforderungscharackter. Aber „nur“ ein Absacker.

F3: Interessante Mischung aus Poker und Drafting-Spiel. Etwas viele Regelunklarheiten und für die Punkteberechnung muss man Mathematik studiert haben (hab ich ja zum Glück) aber seine 5 Euro ist es allemal wert.

Master Merchant: Zeit das Seiji Kanai hierzulande bekannter wird, hat er doch ein unglaublich gutes Händchen für einfache aber trickreiche Spiele. Master Merchant ist vielleicht sein Meisterwerk: Eine Art Deckbau mit nur 40 Karten, viel Gemeinheit und einem genialen Kniff: Hand muss abgespielt werden, alles abgespielte bleibt offen liegen und wird dann auf einmal auf die Hand genommen. ICH WILLS HABEN! Wo bleibt der deutsche Verlag, ders sich sichert?

Drum Roll: Schönes Thema, Sehr schöne Graphik. Der Autor hat dann alles was modernes Spieldesign ausmacht (wie Versteigerungen, Aufträge und Worker Placement) oben rübergekippt und gehofft, dass ein gutes Spiel hängen bleibt.

Frigiti: Quasi ein Lexikonspiel, bei dem es keine richtige Antwort gibt. Ganz lustig. Aber ich hatte mir mehr lustig gewünscht ;-) Kommentar eines Mitspielers: „Eigentlich braucht man sich nur im Vorfeld lustige Definitionen auszudenken und kann die dann runterschreiben. Zum ausgewürfelten Wort müssen die eh nicht passen.“ Schade! Mochte die Idee, aber im selben Umfeld kommt es leider nicht an  The big Idea ran.  (Da kam auch gerade ne Neuauflage)

Mein Erlebnis aus einer anderen Welt war die Erklärung von Eragra The First Step von AF Games. Interessante Karten, interessantes Konzept (man spielt ein Fantatasykartenspiel, bei dem man Kristalle sammelt und irgendwann schwenkt man in die zweite Spielphase ein, die ein komplett anderes Spiel ist), aber die Erklärung war mit das konfuseste, was ich in Essen jemals gehört habe.  Immer schön durcheinander die verschiedenen Spiele erklärt, dann immer mal hier noch ein Detail zu einem Detail und da noch etwas mehr… Sehr, sehr merkwürdig. Kennt es jemand? Und kann noch jemand was zu „Forbidden Planet“ sagen? Das hab ich nicht mehr geschafft.

ciao

peer

P.S.: Reich der Spiele und Tric Trac sehen die Messe aus anderen Gründen kritisch. Dazu später von mir mehr.

 

 

 

Peer Sylvester
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2 Kommentare

  • „Nett“ passt wirklich, einen Überflieger habe ich auch nicht gefunden. Aber mal sehen, ob unter „Salty Ocean“, „String Railway: Transport“, „Der Hobbit“ o. ä. nicht doch ein paar Perlen sind, die man häufiger spielen wird (s. a. Website/Link für mehr Details).

    Persönlich habe mich übrigens sehr über „Casus Belli“ (die Antike-Variante/Erweiterung) gefreut!