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Zwei Feinde – ein Gedanke

Die meisten Konflikte bestehen zwischen genau zwei Fraktionen: Die Dänen gegen die Engländer. Die Aufständischen gegen die Regierung. Der Saboteur gegen die Firma. Das Manhattan-Projekt gegen den Rest der Welt.Wer ein historisches Setting machen will, sollte sich auf Zweipersonenspiele spezialisieren.

Aber das will man ja gar nicht immer. Was also tun? Es bieten sich mehrere Lösungsmöglichkeiten an:

1.) Einfach mehrere Gegner. Die einfachste Variante: Statt König Alfred gegen König Otto, spielen auch noch König Quintus und König Domenikus eine Rolle. Ist zwar unhistorisch, aber ein paar Adelige, die vielleicht hätten was reißen können, werden sich schon finden. Problem: Nicht immer machbar. Und wenn es um den Gemeinsamen Feind geht (z.B. die Wikinger oder die Nazis), so passt es nicht, wenn dieser gemeinsame Feind, einfach ein weiterer Spieler ist.

2.) Einer gegen Alle: Eine Kombination, die immer wieder reizvoll ist. Möglich ist hier sogar die Variante, dass die Spieler sich untereinander bekriegen, ein Spieler (der Gegner) eben aber als „Obermotz“ andere Regeln und Siegbedingungen hat. Diese Variante (ob mit oder ohne Teamfaktor) ist wohl die realistischste, aber sie hat zwei potentielle Nachteile: Zum einen ist sie regeltechnisch aufweniger, da ja zwei Regelsätze hermüssen. Zum anderen ist die Spielbalance deutlich schwieriger, insbesondere wenn die Spieler sich auch untereinander bekriegen. Auch ist nicht immer gewährleistet, dass der Feind genug zu tun hat.

3.) Gegen das (Schweine-)system: Natürlich kann das Spiel auch das „System“ übernehmen, was insbesondere dann sinnvoll ist, wenn der Gegner übermächtig ist oder nur eine passive Rolle innehat. Wenn die Spieler in Bletchley Park Codes der Nazis entschlüsseln, hätte der Nazispieler vermutlich wenig zu tun. Bleibt die Frage ob es ein kooperatives Spiel sein soll oder nicht. Bei vielen Spielen gilt es die gestellte Aufgabe möglichst gut zu lösen – bei Säulen der Erde und Krieg und Frieden werden gemeinsam Kirchen aufgestellt, beim neuen Manhattan Projekt die Atombombe – der eigentliche Konflikt bietet nur das Setting für ein „normales“ Aufbau (oder wasauchimmer)- spiel. Das ist immer eine reizvolle Option, insbesondere wenn man Standardthemen vermeiden will, es besteht aber die Gefahr, dass das Setting zu sehr in den Hintergrund tritt, was gelegentlich schade wäre. Und manchmal ist es schlicht unlogisch – Welcher Aufständische lehnt sich besonders effektiv gegen seine Besatzer auf?

4.) Rollenwechsel: Kaum genutzt, weil spieltechnisch schwer in den Griff zu kriegen, ist die Möglichkeit, dass man Rundenweise wählt, für welche Seite man agiert. Da ist es schon schwierig die Siegbedingungen festzuklopfen. Ich sehe da zwei Möglichkeiten: Entweder man punktet in jedem seiner Züge (so wie bei Lieber bairisch sterben IIRC) oder es gibt alternative Siegbedingungen, je nachdem wer gewinnt (im Prinzip wie bei König von Siam oder noch deutlicher beim neuen Pax). Beides hat seine Nachteile: Punktet man jede Runde, wevhselt aber ständig die Rollen, so ist es schwierig langfristigere Strategien zu erlauben – das Spiel tendiert von Zug zu Zug zu leben. Auch muss man aufpassen, dass nicht der gewinnt, dem ein Anfänger am meisten Vorlagen geliefert hat. Beides sind Kleinigkeiten, aber ein Spiel mit einem derartigen Mechanismus benötigt eine Menge Regeln und fällt schnell in die Kategorie „Komplexes Spiel“, da hätte es  ein „Optimaler Zug finden“-Spiel schwer eine Daseiensberechtigung zu finden. Die Alternativen Siegbedingung hat eine andere Schwierigkeit: Einmal muss auch hier die Balance stimmen, vor allem aber muss man aufpassen, dass es nicht zu sehr auf der Kippe steht. Wenn der letzte Zug des letzten Spielers entscheidet ob Siegbedingung A oder B gilt und wenn diese Siegbedingungen konträr zueinander stehen, wird das Spiel unberechenbar und schnell frustig. Steht umgekehrt zu früh fest, was passiert, kommt der Aspekt nicht zum tragen. Hier den richtigen Mittelweg zu finden, ist arbeitsaufwendig.

Soweit meine kleinen Ausführungen zum Thema. Natürlich sind auch Misch- und Mittelwege möglich. Und natürlich erhebt diese Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit – also her mit den Kommentaren!

Nächstes Wochenende bin ich auf Klassenreise, vermutlich komme ich da nicht zum posten.

ciao

peer

 

Peer Sylvester
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