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Dominion frisst seine Kinder!

Wirklich neue Brettspielgenres sind ja nicht so häufig, aber seit letztes Jahr gibt es ein Neues: Das Deckbauspiel. Mittlerweile kommen ja doch immer wieder mal neue Vertreter dieser Sparte raus, wobei sich die Frage immer ergibt: Bringt´s wirklich was Neues?

Als El Grande damals in den Neunzigern herauskam, löste es einen Boom der Mehrheitenspiele aus. Es kamen gleich ganze Wellen von Mehrheitenspiele auf den Markt, die eines gemeinsam haben: Mit Ausnahme von eben jenen El Grande sind (fast) alle mittlerweile wieder vergessen. Woran liegt das? Sicherlich kann man Spielen wie Doge, San Marco oder Big Shot nicht vorwerfen, wirklich schlechte Spiele zu sein. Das Hauptproblem ist ein anderes: All diese Spiele unterscheiden sich nur durch einen einzigen Kniff signifikant vom „Urspiel“ (El Grande war sicherlich nicht das erste Mehrheitenspiel, aber ich nenne es mal so). Bei San Marco ist es der Aufteilmechanismus, bei Big Shot das Auspatten bei Gleichständen, bei Doge die Wertung. Das Grundprinzip blieb jeweils unberührt. Das reicht aber nicht, um auf Dauer im Gedächtnis zu bleiben – dort bleiben nur Originale.

Eine ähnliche Gefahr sehe ich bei vielen Dominion-Nachfolgern. Dominion wird sicherlich noch einige Jahrhundert lang erweitert werden, insofern wird ein Spiel, dass sich in erster Linie durch andere Karten absetzt, früher oder später obsolet. Ein Beispiel wäre Arctic Avengers, dass vor allem auf größere Interaktion gesetzt hat und das durch Dominion- Intrige quasi verdrängt wurde. Spiele mit mehr Thema oder anderer Zielgruppe wie Thunderstone mögen sich noch längere Zeit halten. Wer aber wirklich Permanentes erzeugen möchte, sollte den Deckbau-Mechanismus lieber in ein gänzlich anderes Spiel einbauen. Dominion 2.0 ist do überflüssig wie ein Monopoly-Clon. Ein Deckbau-Wargame (Card driven!) oder ein Deckbau-Stichspiel oder ein Deckbau-Mehrheiten-Aufbau-Spiel ist sicherlich schwieriger zu entwickeln, dürfte dafür aber auch die nächsten 10 Erweiterungen von Dominion überstehen…

ciao

peer

Peer Sylvester
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6 Kommentare

  • wobei: Die Mutter aller Deckbau – Spiele ist wohl Magic the Gathering. Vaccarino selbst bezieht sich ja bei Dominion ebenfalls auf Magic, benutzt sogar ähnliche Bezeichnungen (z.B. Properity). Damals in den 90ern entstanden aus dem Magic- Boom heraus sehr viele Sammelkartenspiele (eins der kuriosesten: Monthy Python), die ja allesamt per se Deckbauspiele sind und von denen viele den Weg in die Grabbelkisten der Spielehändler fanden.

    Auch das jetzt neu erscheinende Catan Kartenspiel ist in seiner Turniervariante ein Deckbauspiel, das aber durch eigene Mechanismen überlebt. Insofern finde ich Deckbau als Element eigentlich spannend und kreativ, wenn es sinnvoll mit andern Elementen kombiniert wird.

    Interessant übrigens: Magics Grundidee ist es unter anderem, das klassische Rollenspiel in komprimierte Form zu bringen. Dominions Grundidee ist eine Art komprimiertes Magic….was mag also wohl jetzt (Komprimiertes) kommen….

  • Richtig, aber bei Magic baut man das Deck ja vorher (ganz vorher oder per Drafting), während bei den hier angesprochenen Spielen das Deckbau ja integraler Bestandteil des Spielens ist…
    :-)

  • Manchmal, sicherlich sehr selten, eröffnet so ein Klon auch eine neue Welt. Spiele entwickeln sich doch sehr evolutionär weiter.

    Kann es sein, dass Troja von Alex Randolph das erste Mehrheitenspiel war?

  • Forum Romanum von Wolfgang Kramer (1988) ist die aufs wesentliche reduzierte Urform der Mehrheitenspiele.

  • Ich würde mal auf „Captain Future“ aus dem Jahr 1980 von Wolfgang Kramer tippen, bei welchem vielleicht erstmals auch „Mehrheiten“ entscheidend sind.