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Verlagsvorstellung Vainglorious Games

Ich stelle ja regelmäßig Kleinverlage vor, aber Vainglorious Games ist besonders klein. Gut, es ist nicht der erste Ein-Mann-Betrieb, den ich hier vorstelle, aber vermutlich der erste, dessen Spiele man nicht über die Webseite bestellen kann. Wem die Spiele interessieren (und meine Ersteindrücke von Hibernia findet man im Anschluss) muss einen amerikanischen Versender bemühen – oder hoffen, dass sich ein deutscher Vertrieb findet…

Bitte Stelle Dich und Deinen Verlag unseren Lesern vor!

Ich bin Dr. Eric Vogel, ein Psychologe an einer californischen Klinik und Professor für Psychologie an der John F Kennedy Universität. Ich habe in meiner Jugend viele Brettspiele gespielt und habe dieses Hobby vor etwa sieben Jahren wiederentdeckt. Mein erstes Spiel war ein Psychotherapiespiel mit dem Titel Land of Psymon, das bei einer Firma für psychologische Tests namens WPS erschien. Das Spiel bringt Kindern grundlegende Fähigkeiten für kognitive Verhaltensspsychologie bei. Vainglorious Games ist wirklich nur der Deckmantel, unter dem ich meine Spiele veröffentlichte, daher das „Vain“ [= „Eingebildet, eitel“ Abm. d Ü] im Titel. Ich habe zwei kleine, selbstgestaltete Spiele herausgebracht. Ich versuche die professionell und mit kleinem Gewinn zu vermarkten, aber meine Hauptmotovation ist der Spaß an der Freude.

Bitte erzähle uns etwas über deine Spiele!

Meine beiden Veröffentlichungen heißen Cambria und Hibernia. Beide sind kurze Spiele mit viel Taktik und Strategie, mehr als normal für einen Absacker. Cambria dauert etwa 20 Minuten, Hibernia 40. Beide gehören zu den Eurogames, haben aber viele direkte, aggressive Interaktionen, mehr als normal in dem Genre. Beide haben ein keltisches Thema.

Cambria ist ein Mehrheitenspiel, das ein wenig an Samurai erinnert, China oder Kahuna. Hibernia ist ein leichtes Prügelspiel und ähnelt keinen Spiel, dass ich kennen würde – die Punktwertung ist sehr ungewöhnlich und heben das Spiel von anderen ab.

Was hast Du für die Zukunft geplant?

Ich bin mir nicht sicher, was ich für die Zukunft geplant habe… Jedes Mal, wenn ich ein Spiel mache, schwöre ich mir: Das machts du nie wieder! Man muss sehr viel basteln und verbringt viel Zeit in der Post. Ich habe andere Spiele, aber die würden größere und damit teurere Ausgaben benötigen. Ich glaube nur wenige Leute würden viel Geld für ein Spiel ausgeben, dass nicht professionell aussieht oder von einem etablierten Verlag stammt. Ich kann das durchaus verstehen. Spiele von Kleinverlagen können Topp oder Flop sein (Nicht das große Verlage niemals schlechte Spiele machen würden…) Ich habe eine Menge bei der Veröffentlichung von Cambria gelernt und so ist Hibernia sehr viel schöner geworden. Es wäre schön wenn sich ein Verlag eines der Spiele annehmen würde… Was weitere Veröffentlichungen von Vainglorious betrifft: Ich bin mir nicht sicher. Wenn ich eine neue Spieleidee habe, die sich gut und einfach in einer kleinen Auflage umsetzen lässt, würde ich wohl ein weiteres Spiel machen.

Wie kam es zu der Entscheidung, Deine Spiele selbst herauszubringen? Bist Du zufrieden mit dem Ergebnis?

Ich hatte eine unschöne Erfahrung mit einem Verlag, der Cambria lange Zeit unter Cerschluß hielt und es dann doch nicht veröffentlicht hat. Ich habe eine Menge Arbeit in die Entwicklung gesteckt und ich wollte nicht, dass die umsonst war. Ich wollte auch nicht mehr Geld in die Veröffentlichung von Cambria stecken, als ich mir leisten könnte, zu verlieren und daher wollte ich nicht zu viele Spiele produzieren. Ich hätte sicherlich billiger produzieren können, wenn ich eine Auflage von mindestens 2000 Stück gemacht hätte, aber das hätte eine Investitution von um die 20.000$ bedeutet. Und ich hätte mich mit Lagerhaltung u.ä. herumschlagen müssen. Für solche Projekte brauche ich eine größere Wohnung… Ich würde das für die Zukunft nicht ausschließen, aber nur wenn ich mit einem Vertrieb arbeite. Bedenkt man die geringe Auflage, kann ich zufrieden sein: Die Bewertungen auf Boardgamegeek und die meisten Rezensionen sind durchaus positiv.

Hast Du irgendwelche Ratschläge für andere Autoren, die ihre Spiele selbst veröffentlichen wollen?

Wie gesagt: Meine Philosophie ist es, nicht zu viel Geld auszugeben und mir keine größeren Probleme aufzuhalsen. Ich kenne Fälle wo jemand viel Geld in ein eigenes Spiel gesteckt hat, dass dann ziemlich geflopt ist. Da möchte wohl keiner landen. Versucht das Spiel mit möglichst vielen Gruppen testzuspielen und versucht das Originalmaterial zu verwenden. Außerdem empfehle ich mit Vertretern von Brettspielläden zu reden, was die von Kleinverlagen erwarten. Die Leute von Endgame in Oakland oder Boards & Bits in Seattle haben mit wertvolle Tipps gegeben!

Vielen Dank für das Interview!

Das erste was einem auffällt: Die Schachtel ist überraschend klein – Etwa die Länge und Breite der alten langen Kosmos-Schachteln (Tyros, Gnadenlos etc.), aber etwas flacher. Entsprechend klein ist das Spielbrett. Aber alles sieht sehr ordentlich aus, der Schachtel sieht man aber schon an, dass sie ihr Leben nicht als Spieleschachtel begann. Doch alles in allem kann man materialmäßig nicht meckern – Holzsteine, schöner, übersichtlicher Plan, alles recht ordentlich, wenn auch nicht spektakulär (Wenn die Sätze sehr lang sind, liegt das daran dass ich gerade Infinite Jest lese und David Foster Wallaces Art zu schreiben auf mich abfährt, ich hoffe der Leser verzieht es mir, ich werde versuchen mich zurückzuhalten).

Gespielt habe ich eine Partie zu dritt und wir waren in 30 Minuten fertig, was für ein Prügelspiel ungemein schnell ist. Zu viert dürfte es etwas länger dauern. Es ist in der Tat ein recht ungewöhnliches Spiel – insbesondere die Wertung ist originell: Jedes Feld der Punkteleiste hat eine bestimmte Farbe. Am Ende seines Zuges darf der Spieler vorrücken, wenn er eine Provinz in derselben Farbe wie das Zielfeld vorweisen kann. Er rückt soweit vor wie es geht (= wie viele Farben er vorweisen kann), wenn eine Farbe aber erneut gefragt ist muss auch eine weitere Provinz derselben Farbe vorgezeigt werden. Das ist absolut neu und hat den Effekt, dass man sich gut überlegt, welche Provinzen man in der laufenden Runde erobern muss. Und das hat den angenehmen Nebeneffekt, dass „Bash the leader“-Effekte oder persönliche Rachefeldzüge absolut keinen Sinn machen. Gelungene Idee für ein Prügelspiel! Der Zugmechanismus ist einfach: Man bestimmt Provinz und setzt für jede eigene Nachbarprovinz eine Einheit aus seinem Vorrat ein. Kämpfe sind einfach und zufallslos: Für jede gegnerische Einheit geht eine eigene Einheit drauf. Freund und Feindeinheiten werden in einen allgemeinen Vorrat gelegt. Um die später wieder für eigene Feldzüge benutzen zu können muss auf eine Aktion verzichtet werden. Zwei Aktionen stehen zur Verfügung, eine freie und eine in einer Provinz in einer durch Würfelwurf bestimmten Farbe.

Insgesamt hat mir Hibernia gut gefallen. Es spielt sich flott und erfrischend. Vom Gefühl her deutlich eher taktischer Euro als Prügelspiel. Allerdings ist es etwas determiniert: Durch den Würfelwurf und die Punkteleiste ist der Entscheidungsrahmen nicht allzu groß angelegt (wobei man durchaus auch mal aufs Vorrankommen verzichtet, um strategisch wichtige Provinzen einzunehmen). Großer Pluspunkt ist die kurze Spieldauer, die es als ideales Wartespiel charakterisiert. Mir hat es jedenfalls genug gefallen, um jetzt versuchen Cambria noch irgendwo irgendwie zu bekommen…

ciao

peer

Peer Sylvester
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2 Kommentare

  • Danke für dieses Interview, Peer!

    Ich bin auch auf den Herrn Vogel gestoßen und interessiere mich für seine Spiele. Bis jetzt habe ich es geschafft, Hibernia zu bekommen und finde es toll.
    Hast du schon Erfahrungen mit seinen anderen beiden Spielen gesammelt oder
    eine Möglichkeit gefunden, wie man an diese herankommt?

    Gruß

  • Cambria hat mir ein Bekannter aus den USA mitgebracht – ist wohl auch die einzige Möglichkeit das zu beziehen. Ich habs allerdings noch nicht spielen können. Ich sag bescheid, wenn ichs kenne ;-)
    Sein Kartenspiel ist gerade erst erschienen, er wollte es mir aber besorgen.
    Im Moment muss man aber in den USA (bei Bouldergames.com) betellen oder hoffen, dass sich ein europäischer Verlag den Spielen annimmt, was bei Hibernia der Fall sein wird (Korok di Nil plant eine Veröffentlichung auf französisch)