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Lesen! Teil 2

Nach einer kleinen Pause hier die Fortsetzung meiner kleinen Buchschau.

Ich mag Sekundärliteratur über Spiele. Allerdings scheine ich da relativ alleine zu stehen-  zumindest im deutschsprachige Bereich findet man kaum entsprechende Bücher. Daher wird ein Gutteil der kommenden Bücher nur für den Teil der Leserschaft geeignet sein, der bereit ist, ein Buch auf englisch zu lesen…

Beginnen möchte ich mit dem Vorzeigebuch der deutschen Spieleszene: Das Spiele-Buch von Erwin Glonegger. Auf dem ersten Blick fällt die wirklich gelungene Gestaltung durch Johann Rüttinger auf: Jede Seite ist mit Fotos von Exponaten alter Würfel, Spielsteine etc. verziert Jedes Kapitel wird mit einer passenden Graphik eingeleitet. Dadurch wird allein das Durchblättern zum Spaß! Und der Inhalt? Das Buch bietet einen guten Überblick über die Spielegeschichte. Eigentlich alle historisch wichtigen Spiele werden kurz vorgestellt und historisch eingeordnet. Damit ist Das Spielebuch ein sehr brauchbares Nachschlagwerk. Allerdings empfinde ich die Balance zwischen Spielbeschreibung und Historie nicht immer als glücklich: Teilweise sind die „Spielregeln“ zu lang für eine Übersicht und zu kurz, um das Spiel danach spielen zu können. Vielleicht hätte man zwei Bücher daraus machen können (eines mit den „alten“ Spielen, eines mit den aus den letzten 20 Jahren), bei der dann mehr Information pro Spiel möglich gewesen wäre. Doch letztlich ein empfehlenswertes Buch, keine Frage!
Um die Geschichte eines einzigen Spiel geht es in dem Buch Im Zeichen des Sechsecks von Peter Gustav Bartschat (ja, der Bär aus dem Forum). Das Buch ist die unterhaltsame, locker geschriebene Geschichte hinter Die Siedler von Catan. Der Werdegang des Autoren Klaus Teuber wird ebenso nachgezeichnet, wie die Entwicklung des Spieles selbst und die Entstehung der Meisterschaften, Nachfolger etc. Der Schreibstil ist dabei angemessen locker zu lesen und der Inhalt interessant genug um zu unterhalten. Allerdings merkt man das gegen Ende ein bisschen die Substanz fehlt: Hier noch eine Indormation, da noch ein paar lose Enden, es darf ja nichts vergessen werden! Damit fällt der Unterhaltungswert endwärts etwas ab. Insgesamt sicherlich kein „Must Have“, aber durchaus gelungene Unterhaltung, gerade auch für alle die wissen wollen, wie es hinter den Kulissen der Spieleszene so zugeht. Und apropos: Auch das Buch Die Siedler von Catan von Rebecca Gablé ist lesenswert, wenn man denn „historische“ Romane mag. Eine schöne Story insgesamt, die auch für Nicht-Catanisten interessant ist. Der Insider versteht ein paar Gags (z.B. warum Schafe so ein wichtiges Handelsgut sind, warum die Räuber in der Wüste wohnen und wie es zu den unterschiedlichen Siedlungen kam). Ich mag die echten historischen Bücher von Gablé und ebenso auch dieses.
Absolute Pflichtlektüre für historisch interessierte Spieler ist David Parletts A history of Card Games (leider nur auf englisch erhältlich). Nicht nur wird die Entstehung der eigentlich aller wichtigeren (und einiger unwichtigeren) traditioneller Kartenspiele nachgezeichnet, das Buch ist auch in einem recht unterhaltendem Ton geschrieben, voller hintergründiger Bemerkungen. Auch sonst fällt eine Menge interessantes ab: Das fängt schon mit seiner sehr brauchbaren Einteilung der Kartenspiele in 4 Kategorien an (Stichspiele sind noch eimal feiner unterteilt) und hört mit einer Betrachtung was ein Kartenspiel überhaupt ausmacht lange nicht auf. Es gibt wirklich nichts, was ausgelassen wurde (abgesehen davon, dass er sich auf westliche Kartenspiele beschränkt), sogar die Regeln einiger der wichtigeren Spiele sind abgedruckt. Wer des englischen mächtig ist, sollte sich dieses Buch zulegen (Leider habe ich den Nachfolger A history of Board Games noch nirgendwo gefunden). Interessant sein Ausblick darauf, was die Zukunft der Kartenspiele bieten mag. Zwar hat sich Piatniks Deck, bei denen die Rückseiten die Farbe anzeigen wohl nicht durchsetzen können, aber der Trend hin zu genauen Ansagen, wie viele Stiche gemacht werden müssen, ist durchaus möglich.

Sehr unterhaltsame Lektüre ist Word Freak von Stefan Fatsis (ebenfalls auf englisch).  Der Autor ist eigentlich Sportreporter, der ein Buch über die „professionellen“ Scrabble-Spieler schreiben wollte: Über die amerikanischen Scrabble-Meisterschaften, die Weltmeisterschaften, die Weltranglistenspieler. Beim Schreiben hat ihn das Spiel dann in den Bann gezogen und er wurde selbst zum Turnierspieler und der Leser erlebt die Höhen und Tiefen seines Werdegangs quasi hautnah mit. Das erzeugt sogar eine Menge Spannung und man fiebert mit: Wird er es schaffen, sein Ziel -die Qualifikation zur amerikansichen Meisterschaft – zu schaffen? Auch abseits der Hauptstory findet man viele Informationen über die Geschichte hinter dem Spiel, der Turnierszene, der Rangliste und der Weltklassespieler. Auch tolle Spielzüge sind zu finden und ich muss sagen, das Buch hat mich motiviert, mich mal wieder mit diesem Klassiker zu befassen! Das Buch hat übrigens die Dokumentation Word Wars inspiriert, die für einen Oscar nominiert war. (Und interessantes Fakt bezüglich der China-Diskussion: Scrabble-Bretter und -Steine werden ausschließlich in China hergestellt).
The Game Makers von Phil Orbanes hab ich hier bereits erwähnt: Der Insider Orbanes beschreibt da sehr ausführlich die Geschichte von Parker Brothers – von den Anfängen mit Banking bis zur Übernahme durch Hasbro. Das ist ein überraschend interessanter Streifzug durch die Spielegeschichte und man mag kaum glauben, was für Spiele alles durch Parkers Hände gegangen sind! Der Stil ist mir manchmal ein bisschen zu trocken und wer sich speziell für Monopoly interessiert, dem sei eher Orbaes anderes Buch Monopoly – the worlds most famous game and how it got it that way empfohlen, aber mit dieser Einschränkung ist es durchaus sehr empfehlenswert!
Zugutzerletzt mag man mir verzeihen, wenn ich noch eine kleine Lanze für mein eigenes Buch So spielt die Welt breche: Mir ist es nicht gelungen, irgendein anderes Buch zu finden, dass einen vergleichbares Gebiet abdeckt (Mag daran liegen, dass ich der einzige bin, der sich für die Thematik interessiert ;-) ) Zudem findet sich in jedem Kapitel noch ein Spiel aus dem Land, dessen Spieleszene gerade vorgestellt wurde. Also, Kaufen! :-)
ciao
peer

Peer Sylvester
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4 Kommentare

  • Parletts „Oxford History of Board Games“ gibt`s immer wieder bei abebooks (internationales Antiquariat), allerdings teuer und aus USA (oh-oh Versandkosten):

    http://www.abebooks.de/servlet/SearchResults?an=parlett&sortby=3&tn=%22board+games%22&x=0&y=0

    Das Glonnegger-Buch finde ich auch phantastisch, man muss, finde ich, auch die Zeit bedenken, zu der es erstmals erschienen ist. Viele Spiele kamen dann später bei weiteren Auflagen hinzu – da hätte man dann das erste Buch „auseinanderreißen“ müssen, um die von dir vorgeschlagenen zwei draus zu machen …

    Ich lese übrigens gerade „Rules of Play – Game Design Fundamentals“ von Salen/Zimmerman (Bibliothk sei Dank!) – leider gibt es so etwas (bis auf den sehr kurzen Werneck und die Sammlungen von Spieleautorentreffen, die auch sehr wenig umfassend sind) null auf Deutsch.

    Ein Buch, dass die verschiedensten Aspekte beleuchtet, was Spiele ausmacht und genau durchleuchtet, wie sie beim Spieleentwickeln berücksichtigt werden können. Inklusive PC-Spiele, was aber den zutreffenden Analysen keinen Abbruch tut.

    Highly recommended!

  • […] vorzuweisen hat. Die Macher von Word Wars haben sich sichtlich von Stefan Fatsis genialem Buch Word Freak inspirieren lassen. Es geht um 4 professionelle Scabblespieler (Sherman, Edley, Graham, Hill […]