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Jahresabschluss mit Sylvester

Jetzt ist schon wieder ein Jahr rum und alle sind ganz gespannt, welche Spiele ich dieses Jahr mit meinem Alternativpreis beglücke. Hier ist die Antwort:

Den Sylvester in Gold für das beste deutsche Spiel teilen sich

Wikinger von Michael Kiesling und Jenseits von Theben von Peter Prinz.

Der Sylvester in Silber geht an Notre Dame von Stefan Feld.

Der Sylvester in Bronze geht an Gangster von Thorsten Gimmler.

Der Sylvester in Gold für das beste ausländische Spiel geht an Race for the Galaxy von Tom Lehmann.

Der Sylvester in Silber geht an If wishes were fishes von Peter Sarrett und Michael Adams.

Der Sylvester in Bronze geht an Uptown von Kory Heath

Der Sylvester-Förderpreis für das beste nicht-kommerzielle oder unveröffentlichte Spiel geht an

Duck Soup von David Parlett (Der Klick führt zur Spielebeschreibung)

Zur mündlichen Urteilsbegründung:

Die wichtigste Frage zuerst: Warum eine Teilung des Hauptpreises? Nun in meinen Augen ergänzen sich die beiden Goldgewinner hervorragend:
Wikinger ist imho das beste Mechanismusspiel dieses Jahres, Jenseits von Theben das beste Themenspiel.
Wikinger hat einen eingängigen, einfachen und eleganten Mechanismus, der (in verschiedenen Varianten) Viel- und Familienspieler gleichermaßen anspricht und für Spannung und Interaktivität sorgt. Das Thema ist dabei Beiwerk und wer erwartet hat, in das spannende Leben der Wikinger einzutauchen wird enttäuscht.
Jenseits von Theben dagegen ist eine wirklich schöne Umsetzung des Themas (ebenfalls mit originellen Mechanismen). Wem das Thema jedoch egal ist, der wird über den hohen Glücksfaktor motzen.
Beide Spiele machen genau das, was sie wollen und das machen sie gut. Das ist für mich das wichtigste an einem Spiel; ein Spiel, dass versucht es allen Recht zu machen, ist meistens ein „nettes“ Spiel, aber kein Gutes.

Notre Dame wird den einen oder anderen regelmäßigen Leser hier überraschen, hab ich es in der Vergangenheit doch nicht gerade in den höchsten Tönen gelobt. Doch mit jeder Partie machte es mehr und mehr Spaß und mittlerweile spiele ich es sehr gerne. Es hat viele interessante Mechanismen und sehr viele Wege zum Ziel. Die Partien gleichen sich nicht und es spielt sich mit 3-5 Spielern gleich gut (Zu zweit fällt es etwas ab, ist aber durchaus spielbar). Ein schönes Spiel!

Gangster von Thorsten Gimmler wäre das perfekte zukünftige Spiel des Jahres, wenn das Thema nicht seine makaberen Seiten hätte (Gegnerische Gangster werden im Hafen versenkt) , die einer Nominierung im Weg stehen dürften. Im Kern zwar ein abstraktes Mehrheitenspiel, bietet es aber einige nette thematische Kniffe, die einerseits für Athmosphäre sorgen, andererseits den Spielwitz erhöhen. Die Combos aus den Spezialfähigkeiten sorgen für einen hohen Wiederspielreiz und addieren einen gehörigen Schuß Taktik. Die Graphiken von Robert Nippoldt besorgen das übrige (Ich will mehr Spiele mit dessen Graphik sehen! Vielleicht auch mal andere Thematiken?)

Race to the Galaxy hat mich vom ersten Moment an angesprochen. Und dabei bin ich gar kein so überragend großer Fan von San Juan (ich spiele es ganz gerne, halte aber die Begeisterungsstürme von damals für übertrieben). Die kleinen, aber feinen Unterschiede (gleichzeitiges Ausspiel, teilweise veschiedene Privilegien für dieselbe Rolle) sorgen zusammen mit der sehr gelungenen thematischen Einkleidung und der unglaublichen Variabilität der Karten für den Quantensprung im Spielspaß: Immer passiert etwas neues, immer sind die Entwicklungen thematisch schlüssig, immer muß man einen anderen Weg bestreiten aber nie fühlt man sich gespielt. Für mich das beste Spiel des Jahres (zumindest für die Zielgruppe Vielspieler).

If wishes were fishes hab ich aber häufiger auf den Spieltisch gebracht. Der Grund: Die Einstiegshürde ist niedriger und die Spieldauer kürzer. Auch hier stimmt die thematische Einkleidung, zudem sind die Mechanismen elegant und der Kernmechanismus ist auch neu. If wishes were fishes ist ein richtig gutes Familienspiel – eine „echte“ deutsche Auflage wäre ein heißer Tipp für das Spiel des Jahres – es erfüllt deren Kriterien nämlich perfekt.

Über Uptown habe ich bereits in der dazugehörigen Rezension geschrieben – es ist einfach ein schönes Legespiel und sowas mag ich. Weitere Worte erspar ich mir.

Duck Soup ist ein Stichspiel für 2 Personen, das tatsächlich funktioniert – und das sehr gut. Ich spiele selten zu zweit, aber wenn dann jetzt immer häufiger Duck Soup. Für ein Stichspiel ist es überraschend originell und dabei sehr elegant. Zudem ist es die ideale Mischung aus viel Taktik mit dem richtigen Schuß Glück.

Letzte Anmerkungen: Knapp verpasst haben den Titel Colosseum (Im Frühjahr hätte das Spiel den Preis wohl noch bekommen, in der Zwischenzeit hat die Begeisterung etwas nachgelassen, da sich die einzelnen Spielverläufe schon recht ähneln), Zooloretto (im Prinzip gleichauf mit Gangster, aber ich hatte schon eine Platzteilung. Für Gangster spricht das etwas schöner umgesetzte Thema), Glik (schönes abstraktes Zweier, aber vielleicht auf Dauer zu simpel, ich habs nicht geschafft die Mehrpersonenvariante zu testen), Qwirkle (Uptown ist eine Nasenspitze besser, auch wegen angemessenderem Grübelfaktor und Spieldauer) und R-Eco in der Neuauflage bei Z-Man-Games (eigentlich ja ein 2006er Spiel.)
Ich hab dieses Jahr fast alles Wichtige spielen können . Allerdings ist mir ausgerechnet Agricola durch die Lappen gegangen. Ich besorge es mir im nächsten Jahr – Tut mir Leid, Uwe! Aber der Deutsche Spielepreis ist dir ja schon sicher ;-)

Guten Rutsch!
Peer

Peer Sylvester
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8 Kommentare

  • Hallo Peer,
    wirklich verdiente Preisträger. Gratulation an die Gewinner!
    Aufgefallen ist mir, wie nah Du an dem zweiten großen Alternativpreis der Szene dran bist, dem Portner ;-)
    Ach ja, und wie gut, daß Du einen großen Bogen um dieses grottige und völlig unverständlich gehypte Säulen der Erde gemacht hast. Ich vermute, ich wäre vom Glauben abgefallen, wenn das Ding bei Dir auch noch aufgetaucht wäre…
    Viele Grüße
    Jürgen

  • Klingt nicht schlecht.
    Und wie Jürgen schon sagt: Dadurch, daß die „Säulen der Erde“ nicht vertreten sind, wirkt es gleich noch glaubwürdiger. Ganster hat es allerdings noch nicht geschafft, mich zu überzeugen.

  • Gangster hatte Peer schon im Herbst einmal sehr lobend erwähnt, daher hatte ich das auch schon auf der Liste vermutet. Ich habe es mir aufgrund seines damaligen Beitrags gekauft – bislang aber noch nicht spielen können…
    Viele Grüße, Jürgen

  • Hm, ich finde SdE nach wie vor ein schönes Spiel. Besonders jetzt mit der Erweiterung. Den Hype finde ich zwar auch nicht gerechtfertigt. Aber dadurch wird das Spiel ja nicht schlechter. Ich habs mir übrigens noch vor der Spielepreiseflut schenken lassen (nur um kurz zu betonen, dass ich viel cooler bin, als die ganzen Leute, die sich das Spiel erst zum Höhepunkt des Hypes besorgt haben ;-) ) und habs bisher nicht bereut.

    Natürlich ist es in Sachen Komplexität keine Konkurrenz zu Puerto Rico oder Caylus. Aber muss es das denn sein? Ist es deshalb gleich grottig? Es ist, was es ist. Nicht mehr. Aber auch in keinem Fall weniger. Und optisch sucht es einfach seines Gleichen. Jedenfalls hab ich noch keinen schöneren Spielplan gesehen. Und auch wenn ich mich damit vielleicht als ernstzunehmender Vielspieler disqualifiziere: Auch die Optik gehört für mich zur Qualität eines Spiels dazu. Ein hässliches Spiel könnte noch soll toll funktionieren, noch so innovativ sein. Ich würde es nicht freiwillig anfassen.

  • Hach, ich sehe schon, ich schreibe mal was längeres zu den Säulen. Hier nur ganz kurz: Mich stört schlicht und ergreifend, daß man im Grundspiel zu 99,5% gespielt wird. Jede Aktion ist komplett vorgegeben. Einzige Aufgabe des Spielers ist die Beachtung der unsäglichen Nebenbedingungen der einzelnen Karten.
    Die einzig schöne Komponente (neben der hervorragenden Grafik) ist für mich das Ziehen der Figuren aus dem Säckchen. Da kommt dann endlich Spannung auf. Dumm nur, daß genau das von den Liebhabern des Spiels nicht gemocht wird – zumindest in unseren Runden…

  • Gangster, Zooloretto und Colosseum sind ziemlich gleichauf. Ich hab mich für Gangster entschieden, weil es im Vergleich zu den anderen sonst sehr wenig Presse erhalten hat (außer den Portner). Mag daran liegen, dass das Grundsystem nicht das originellste ist. Aber es ist imho ziemlich schlüßig und das zählt.

    Bezüglich SdE: Ich bin da indifferent. Gerade weil das Spiel einen sehr an die Hand nimmt ist es als Brückenspiel geeignet – z.B. Für meine Eltern, die ohne mich niemals spielen, die aber auch mal was komplexeres ausprobieren möchten. Daher ist es ein gutes Brückenspiel, um Gelegenheitsspielern auch einmal einen Eindruck von Aufbauspielen zu geben, ohne die zu frustrieren.
    Allerdings wundert mich doch, dass es so beliebt bei Vielspielern gespielt wird. Denn hier ist das „an die Hand nehmen“ meines Erachtens eher ein Nachteil; Macht ein Spieler, der nicht gut, aber nicht völlig kopflos spielt vielleicht 10 Punkt, so macht ein guter Spieler vielleicht 11. Da stimmt das Verhältnis nicht, zumal 10% auch die übliche Schwankung durch Pech beim Ziehen oder anderen Faktoren als Grund haben können. Dadurch wird der Eindruck erweckt man wird etwas zu viel geführt und hat zu wenig echten Spielraum – der sich zudem auf eine bessere Buchhalterei (also Künstlermanagement) beschränkt. In einer reinen Vielspielerrunde würde ich daher immer andere Spiele vorziehen.
    Es kommt also auf die Runde an!

    ciao
    peer

    P.S. Venedig war schön, aber teuer (Internet: 1€ für 5 Minuten!), daher kommt meine Antwort etwas später…

  • Notre Dame und Race gefallen mir auch gut – im Gegensatz zu Dir hat mir Notre Dame schon in Essen 2006 beim Spielen des Prototypen sehr zugesagt, und meine Meinung dazu ist nicht schlechter geworden, wenngleich das Verlangen nach immer noch einer Partie nach inzwischen irgendwas zwischen 250 und 300 Spielen in der BSW etwas abgeklungen ist ;-)
    Race for the Galaxy ist für mich eine schöne San Juan-Variante mit komplett neuem Thema, das mir wegen eben dieses Themas auch sehr zusagt, obwohl ich ansonsten um derartige Remakes von vorneherein einen weiten Bogen mache.
    Als Thema-orientierter Vielspieler kann ich mich bei den anderen Preisträgern Deinem Lob nicht anschließen. Gangster krankt für mich an einem schweren, unheilbaren Fehler: In manchen Bezirken bekommt der zweitplatzierte mehr Punkte als der Erstplatzierte des Einflusses – spieltechnisch eine absolute Notwendigkeit, aber vom Thema durch nichts zu rechtfertigen – ein Widerspruch, der für meinen Geschmack das Spiel komplett disqualifiziert :-(
    Bei Wikinger stimme ich Deinem Schlusssatz zu: „Das Thema ist dabei Beiwerk und wer erwartet hat, in das spannende Leben der Wikinger einzutauchen wird enttäuscht.“ Für mich ein klarer Grund, dass meine erste Partie auch die einzige bleiben wird.
    Theben habe ich nur einmal gespielt, ist zu lange her, um dazu noch einen qualifizierten Kommentar abgeben zu können.
    Fishes und Uptown (beide mit bzw. bei Dir gespielt ;-) ) haben mich beide nicht sonderlich begeistern können.

    P.S.
    Säulen der Erde erreicht für meinen Geschmack keine preiswürdigen Höhen, aber es gefällt mir immerhin gut genug, dass ich mir auch die Erweiterung zugelegt habe.